Ezzolied
Das Ezzolied steht am Beginn der frühmittelhochdeutschen Literatur. Mit ihm setzt nach etwa 100 Jahren, aus denen uns nur lateinische Texte erhalten sind, die Überlieferung deutschsprachiger Dichtung wieder ein. Als volkssprachliche „Cantilena de miraculis Christi“, also als „Lied über die Wunder Christi“ enthält es eine konzentrierte Wiedergabe der christlichen Heilsgeschichte in Reimform und wurde wahrscheinlich in der Straßburger Fassung (Straßburger Hymnus) auf einer Pilgerreise des Bischofs Gunther von Bamberg nach Jerusalem in den Jahren 1064/65 gesungen.
Es ist in zwei Fassungen, der Straßburger und der Vorauer, überliefert, wobei die längere Vorauer Fassung in einer vorangestellten Eingangsstrophe den Geistlichen Ezzo als Dichter sowie den Komponisten Wille (möglicherweise der spätere Abt des Klosters Michelsberg, 1082–1085) und den Auftraggeber Bischof Gunther von Bamberg nennt. Die von 1057 bis 1065 belegte Amtszeit des Letzteren und vor allem die oben genannte Pilgerreise 1064/65 lassen darauf schließen, dass das „Ezzolied“ um 1060 in Bamberg entstanden ist.