Fermi-Flüssigkeits-Theorie

Die Fermi-Flüssigkeits-Theorie oder auch Fermi-Landau-Flüssigkeits-Theorie (nach Enrico Fermi und Lew Landau) ist eine Theorie für wechselwirkende translationsinvariante fermionische Vielteilchensysteme niedriger Temperatur oder hoher Teilchendichte, sogenannte Fermi-Flüssigkeiten.

Ursprünglich von Lew Landau im Jahr 1956 für die Beschreibung von flüssigem 3He entwickelt, erwies sich die Theorie auch auf Leitungselektronen in Metallen und Nukleonen im Atomkern anwendbar. Nukleonen und Elektronen sind wie 3He-Atome Fermionen. Für solche Teilchen gilt das Pauli-Prinzip, wonach jeder Quantenzustand maximal zwei solche Teilchen aufnehmen kann, eines mit Spin nach oben und eines mit Spin nach unten. Die Fermi-Flüssigkeits-Theorie ist anwendbar auf „entartete“ Fermionen-Systeme. Entartung bedeutet, dass ein Großteil der Fermionen die unteren Energieniveaus bis zu einer gewissen „Fermienergie“ aufgefüllt hat. Dies ist der Fall bei hoher Teilchendichte bzw. niedriger Temperatur.

Eine zentrale Aussage der Theorie ist, dass sich eine Fermiflüssigkeit bei nicht zu hoher Anregungsenergie (viel kleiner als die Fermienergie) qualitativ wie dasselbe System ohne eine Wechselwirkung zwischen den Teilchen verhält, nämlich wie ein Fermigas. Das heißt, die Ein-Teilchen-Anregungen in der Nähe der Fermienergie verhalten sich wie nicht wechselwirkende (fermionische) Teilchen und Löcher, haben aber eine andere Masse, ein anderes magnetisches Moment und eine endliche (wenn auch lange) Lebensdauer. Landau nannte diese Anregungszustände „Quasiteilchen“.

Die Masse und das magnetische Moment von Quasiteilchen lassen sich nur experimentell bestimmen, die Fermi-Flüssigkeits-Theorie ist daher phänomenologischer Natur. Wenn die Parameter bekannt sind lassen sich dann aber viele andere Größen berechnen.

Die vielleicht wichtigste Anwendung findet das Konzept der Fermi-Flüssigkeit in der Theorie der Metalle. Im Fall der Metalle hatte bereits die Sommerfeld-Theorie basierend auf dem quantenmechanischen Konzept eines Fermi-Sees für die Leitungselektronen qualitativ zufriedenstellende Ergebnisse geliefert. Es wurde dabei aber die große Coulomb-Wechselwirkung zwischen den Leitungselektronen vernachlässigt, und es war unklar, weshalb dies zulässig sein sollte. Die Fermi-Flüssigkeits-Theorie erklärt u. a., weshalb die Sommerfeld-Theorie bis auf numerische Faktoren richtige Ergebnisse geliefert hat.

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