Galante Poesie

Unter dem Dachbegriff galante Poesie wird in der modernen Literaturwissenschaft in erster Linie ein Teil der deutschsprachigen Gedichtproduktion des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts zusammengefasst, der sich vor allem durch eine besondere Freizügigkeit und erotische Doppeldeutigkeiten auszeichnet. Seltener werden auch Nachahmungsdichtungen des 19. und 20. Jahrhunderts unter den Begriff gebracht. Die heutige Etikettierung geht (anders etwa als das Sprechen von „Barocklyrik“) durchaus auf Urteilsstrukturen des 17. und 18. Jahrhunderts zurück. Die Kriterien haben sich dabei jedoch zum Teil erheblich verschoben. Der Blick auf erotische Inhalte wurde in der Literaturwissenschaft verstärkt. Eine galante Epoche passte im deutschsprachigen Raum in ein Epochenkonzept, das für das 17. Jahrhundert ein Barock mit festen Regeln, deutlicher Rhetorik und hohem stilistischen Anspruch gegenüber der Aufklärung als einer Zeit neuer, jetzt bürgerlicher Moral und rationaler Vorstellungen etablierte.

Christian Hofmann von Hofmannswaldau, postum 1695

So soll der purpur deiner lippen
Itzt meiner freyheit bahre seyn?
Soll an den corallinen klippen
Mein mast nur darum lauffen ein,
Daß er an statt dem süssen lande,
Auff deinem schönen munde strande?

Ja, leider! es ist gar kein wunder,
Wenn deiner augen sternend licht,
Das von dem himmel seinen zunder,
Und sonnen von der sonnen bricht,
Sich will bey meinem morrschen nachen
Zu einen schönen irrlicht machen.

Jedoch der schiffbruch wird versüsset,
Weil deines leibes marmor-meer,
Der müde mast entzückend grüsset,
Und fährt auff diesen hin und her,
Biß endlich in dem zucker-schlunde
Die geister selbsten gehn zu grunde.

Nun wohl! diß urthel mag geschehen,
Daß Venus meiner freyheit schatz
In diesen strudel möge drehen,
Wenn nur auff einen kleinen platz,
In deinem schooß durch vieles schwimmen,
Ich kan mit meinem ruder klimmen.

Da will, so bald ich angeländet,
Dir einen altar bauen auff,
Mein hertze soll dir seyn verpfändet,
Und fettes opffer führen drauff;
Ich selbst will einig mich befleissen,
Dich gött- und priesterin zu heissen.

Die Bewertung von Gedichten als „galant“ war im 17. und 18. Jahrhundert kein rein deutsches Phänomen. Auch hier schuf der Versuch, eine deutsche Epoche zu bilden, eine eigene Wahrnehmung der galanten Poesie als primär deutscher Produktion. Vergleichbare Lyrik wird im Englischen traditionell der Stuart-Restauration unter Karl II. zugeschrieben und damit deutlicher politisch verortet.

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