Goethes Lyrik

Ein Großteil der Lyrik Johann Wolfgang von Goethes hat Weltgeltung erlangt und gehört zum umfangreichsten und bedeutendsten Teil des lyrischen Kanons der deutschen Literatur. Von seiner Jugend bis ins hohe Alter war er Lyriker und prägte die Epochen des Sturm und Drang und der Weimarer Klassik. Im Laufe von etwa 65 Jahren schrieb er mehr als 3000 Gedichte, die teils eigenständig, teils in Zyklen wie den Römischen Elegien, dem Sonnettenzyklus oder dem West-östlicher Divan erschienen.

Dieser äußere Umfang spiegelt sich in einer erstaunlichen Formen- und Ausdrucksvielfalt und entspricht der Weite des inneren Erlebens. Neben langen, mehrere hundert Verse umfassenden Gedichten stehen kurze Zweizeiler, neben Versen mit hoher sprachlicher und metaphorischer Komplexität einfache Sprüche, neben strengen und antikisierenden Metren liedhafte oder spöttische Strophen sowie reimlose Gedichte in freien Rhythmen.

Mit diesem Gesamtwerk hat Goethe das deutschsprachige Gedicht „erst eigentlich geschaffen“ und Vorbilder hinterlassen, an denen sich nahezu alle nachfolgenden Dichter gemessen haben. Seine Phantasie entzündet sich an den kleinsten wie den größten Dingen, geht von der Blume am Wegesrand bis zu den Sternen, vom Antlitz der Geliebten bis zu Geistern und Vampiren, besingt Einsamkeit, Schuld und Verzweiflung, bis sie endlich die Ruhe des Alters erreicht, das sich in belehrenden, häufig formelhaften weltanschaulichen Gedichten und abgeklärten, symbolischen Spruchdichtungen äußert.

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