Höranalyse
Höranalyse (Hörerziehung) ist ein musikpädagogischer Fachbegriff, der in dem Fach Gehörbildung seit einigen Jahrzehnten benutzt wird.
Eigentlich setzt jedes hörende Verstehen eine Höranalyse voraus. Insofern gibt es eine Ähnlichkeit zwischen dem Hören von Sprache und dem Hören von Musik. Die Kognitionspsychologie ist inzwischen in der Lage, den Wahrnehmungsvorgang zu beschreiben und die dabei vorgenommenen Kategorisierungen zu benennen. Bei der Höranalyse von gesprochener Sprache geschieht beispielsweise eine grammatische Analyse, die entweder intuitiv oder auf einer bewusst reflektierten Ebene vorgenommen wird.
Im musikpädagogischen Fach Gehörbildung wird Letzteres thematisiert. Höranalyse kann hier beispielsweise die formale Analyse oder die Frage nach der Besetzung betreffen. In beiden Fällen ist dies als eine auditive und nicht als eine visuelle Analyse zu verstehen. Letztere steht nach dem Verständnis einiger Theoretiker im Mittelpunkt der Musiktheorie.
Im Gegensatz zu manchen kleinteiligen Übungen eines konservativen Unterrichts in Gehörbildung, der beispielsweise das Hören einzelner Intervalle als Ausgangspunkt wählt, fragt die Höranalyse nach größeren Zusammenhängen, die weit jenseits des musikalischen „Einzelbuchstabens“ oder jenseits der Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses liegen. Im Regelfall kann für die Höranalyse nicht die klassische Notenschrift benutzt werden, da diese zunächst von dem Detail jeder einzelnen Note ausgeht. Die ganzheitlichen Höranalysemethoden wurden erstmals 1956 von Siegfried Borris beschrieben. Borris forderte in diesen Aufsätzen eine von der klassischen Gehörbildung grundverschiedene Unterrichtsmethode, die er Hörerziehung nannte.
Der Diskurs über die Definition und die Methoden der Höranalyse ist noch nicht abgeschlossen und findet inzwischen auch im Vergleich mit Konzepten statt, die außerhalb der deutschsprachigen Musiktheorie entwickelt wurden.