Heliand
Der Heliand ist ein frühmittelalterliches altsächsisches Großepos. In fast sechstausend (5983) stabreimenden Langzeilen wird das Leben Jesu Christi in der Form einer Evangelienharmonie nacherzählt. Den Titel Heliand erhielt das Werk von Johann Andreas Schmeller, der 1830 die erste wissenschaftliche Textausgabe veröffentlichte. Das Wort Heliand kommt im Text mehrfach vor (z. B. Vers 266) und wird als altniederdeutsche Lehnübertragung von lateinisch salvator („Erlöser“, „Heiland“) gewertet.
Das Epos ist nach dem Liber evangeliorum des Otfrid von Weißenburg das umfangreichste volkssprachige literarische Werk der „deutschen“ Karolingerzeit und damit ein wichtiges Glied im Kontext der Entstehung der niederdeutschen Sprache, aber auch der deutschen Sprache und Literatur.
Um den niederdeutschen Lesern/Hörern der Evangeliendichtung ein intuitives Nachvollziehen und Verstehen des übertragenen Textes zu ermöglichen, reicherte der unbekannte Verfasser verschiedene Handlungselemente mit Bezügen zur frühmittelalterlichen sächsischen Lebenswelt an. Der Heliand wird daher oft als Musterbeispiel für Inkulturation angeführt.