Inkognito (Zeremoniell)

Das Inkognito stellte bei Reisen europäischer Monarchen und ihrer Angehörigen in der Zeit vom 16. Jahrhundert bis nach dem Ersten Weltkrieg eine besondere Form des höfischen Zeremoniells dar. Es diente nicht der Herstellung echter Anonymität, sondern der Vermeidung von ansonsten formell erforderlichen aufwändigen Zeremonien und eventueller Rangstreitigkeiten bei Herrschertreffen. Zunehmend gewann es auch Bedeutung, um Herrschern und ihren Familien bei Reisen eine gewisse Privatsphäre zu ermöglichen. Gelegentlich wurde das Inkognito auch von bürgerlichen Reisenden angewandt, etwa von Goethe während seiner Italienischen Reise.

Seine Hochphase erlebte das Inkognito im 18. und 19. Jahrhundert, vor allem bei Auslandsreisen, aber auch bei Fahrten innerhalb des eigenen Territoriums. Ein wichtiges Anwendungsfeld war zudem die für Fürstensöhne im 17. und 18. Jahrhundert übliche Grand Tour. Die Verwendung des Inkognitos, meist auch unter Nennung des jeweiligen Pseudonyms, wurde bei Herrscherreisen in der Regel über die jeweiligen Zeitungen bekanntgegeben. Die meisten Fürsten verwendeten für ihr Inkognito einen nachrangigen Titel ihrer Herrschertitulatur oder einen in anderer Form auf ihr Herrschaftsgebiet hinweisenden Namen. Beispielsweise verwendeten mehrere preußische Könige, darunter Friedrich der Große, für Reisen unter Inkognito den Titel eines Grafen von Ruppin, nach der seit 1524 den Hohenzollern gehörenden Grafschaft Ruppin. Der dänische König Friedrich VIII. reiste als Graf Kronborg, was bei seinem plötzlichen Tod 1912 in Hamburg zunächst für Komplikationen sorgte. Bekannt ist auch das von Kaiser Joseph II. oft verwendete Pseudonym Graf von Falkenstein (auf Französisch Comte de Falckenstein), nach der Grafschaft Falkenstein, einer kleinen linksrheinischen, dem Haus Habsburg gehörenden Herrschaft.

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