Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes
Das Statistische Bundesamt führt „koordinierte“ Bevölkerungsvorausberechnungen für Bund und Länder gemeinsam mit den Statistischen Ämtern der 16 Länder durch. Eine „koordinierte“ Vorausberechnung liefert auf abgestimmten Annahmen und gleichen Berechnungsverfahren beruhende, untereinander vergleichbare Ergebnisse.
Bevölkerungsvorausberechnungen schließen folgende jeweils aktuellen Zahlen ein: Bevölkerungszahl der Bundesländer nach der aktuellen Fortschreibung des jeweiligen Landesamtes, dort gehen z. T. Annahmen über die „Wanderungsgewinne“ durch Ein- und Auswanderung sowie Umzüge zwischen den Bundesländern (Binnenwanderung) sowie über die „Sterbefallüberschüsse“ bzw. -„verluste“ (Geburten minus Todesfälle) seit der letzten Volkszählung ein. Dies ist notwendig, weil die Melderegister nie ganz die wirklichen Personenzahlen an einem Ort widerspiegeln.
Bevölkerungsvorausberechnungen umfassen auch Berechnungen aufgrund von Annahmen, die auf den jeweils besten Zahlen für die „Wanderungsgewinne“ und die „Sterbefallüberschüsse“ basieren, aber natürlich als Prognosewert in sich einen Unsicherheitsfaktor tragen. Das Modell hat aber dadurch rechnerisch keine Unsicherheit, weil der Wert als Annahme eindeutig ausgewiesen wird. Sollte sich z. B. die Krebssterblichkeit jüngerer Frauen in Zukunft ändern, wäre dies als Fehlerquote bei den Vorhersagewerten rechnerisch einfach zu erkennen und zu berücksichtigen.
- Modellcharakter statistischer Darstellungen
Die in den letzten Jahrzehnten laufend aktualisierten langfristigen koordinierten Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes (Wiesbaden; 1. bis 14. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung) haben Modellcharakter. Sie modellieren bei verschiedenen im Voraus definierten im Bereich des Möglichen liegenden Entwicklungsbedingungen unterschiedliche Modelle, wie sich die Zahlen dann entwickeln werden, wenn diese Entwicklungsbedingungen eintreffen. Dadurch gibt es u. a. jeweils eine untere und eine obere Variante. Die Anzahl der berechneten Varianten hat bei den letzten Bevölkerungsvorausberechnungen zugenommen: 2019 wurden insgesamt 30 Varianten berechnet.
- Unterschied zwischen Modell und Prognose
Die modellhaften Aussagen sind keine Prognosen, sondern gehen vom gegenwärtigen Altersaufbau aus und setzen die dort jeweils exakt beschriebenen Annahmen um. Die Berechnung liefert nicht nur Ergebnisse für die ganze Bundesrepublik Deutschland, sondern auch für die Bevölkerungsentwicklung in den deutschen Bundesländern. Dabei geht sie von gleichen Berechnungsmethoden aus. Allerdings können alle unvorhersehbaren Ereignisse, die die Entwicklung beeinflussen würden, nicht Gegenstand solcher Modelle sein ("ceteris paribus clausel"). Für die Vergangenheit gibt es keine wirkliche oder hypothetische Vorausberechnung der Bevölkerung für 50 Jahre, die durch die Realität bestätigt würde.
- Gefahr politischer Instrumentalisierung und Manipulation
Bei der Verwendung von Statistiken im politischen Kontext besteht die Gefahr der Instrumentalisierung und Manipulation. Dabei werden die modellhaften Annahmen der statistischen Berechnung als unveränderliche Tatsachen und als einzige Kriterien zur Beurteilung von Sachverhalten interpretiert, was gar nicht Inhalt und Absicht der Statistik sein kann. Die politische Verantwortung für die Gestaltung der Wirklichkeit wird so verleugnet und die vorgeschlagenen Maßnahmen als alternativlose Anpassung an Sachzwänge dargestellt.