Literalität

Der Begriff Literalität (von lateinisch littera „Buchstabe“) ist verwandt mit dem englischen literacy (übersetzt als „Lese- und Schreibfähigkeit“ oder „Bildung“) und wird als Fremdwort auch in der deutschen Sprache mit dieser Bedeutung verwendet. Der Begriff ist eng verwandt mit dem Konzept der Alphabetisierung (Lesefähigkeit). Das Gegenstück, die illiteracy, wird aus dem Englischen entweder mit „Analphabetismus“ oder „ohne Bildung“ übersetzt. Das Fehlen einer, in einer Kultur verankerten, Lese- bzw. Schreibfähigkeit wird im deutschen Sprachraum als Illiteralität bezeichnet. »Menschen mit geringer Literalität« können einen kleinen zusammenhängenden Text, zum Beispiel eine Gebrauchsanweisung, nicht verstehen, geschweige denn ihn schriftlich wiedergeben, europaweit wohl zwischen 12 und 15 Prozent der Erwachsenen.

In der internationalen Kompetenzforschung bezeichnet Literacy gemäß einer Definition der OECD die Lese- und Schreibkompetenz, d. h. die Fähigkeit, gedruckte und schriftliche Materialien in unterschiedlichen Zusammenhängen zu erkennen, zu verstehen, zu interpretieren, zu erstellen, zu kommunizieren und zu berechnen. Gemäß der OECD-Definition umfasst Lese- und Schreibkompetenz ein ganzes Spektrum von Lernprozessen, die den Einzelnen in die Lage versetzen, seine Ziele zu erreichen, sein Wissen und sein Potenzial zu entwickeln und uneingeschränkt an seiner Gemeinschaft und der Gesellschaft im weiteren Sinne teilzuhaben. Literacy wird als Kompetenz verstanden, die zwar primär im Kindes- und Jugendalter in der Schule erworben wird, sich jedoch über die gesamte Lebensspanne entwickeln kann.

In der Fachsprache der Mediengenealogie bezeichnet Literalität ein Entwicklungsstadium der Schriftlichkeit, das gekennzeichnet ist durch eine literale Manuskript- und Inschriften-Kultur, also die handschriftliche Speicherung und Weitergabe von kulturellen Inhalten in textlich fixierter Form (Literatur, Liturgie, Rechtsdokumente, Geschichtsschreibung etc.). Allerdings wird im Zuge der Beschäftigung mit mündlicher Literatur auch allgemeiner die Literaturkompetenz darunter gefasst.

Den terminologischen Gegensatz und den mediengenealogischen Vorläufer bildet die Oralität (Mündlichkeit), den Anschluss das Typographeum bzw. die Gutenberg-Galaxis. Die Epoche der Literalität dauerte bis einschließlich des mittelalterlichen Skriptographeums an.

Marshall McLuhan nennt die Literalität auch literale Manuskript- und Inschriftenkultur, sie bedeutete die handschriftliche Speicherung und somit die wortwörtliche Weitergabe von kulturellen Inhalten in textlich fixierter Form. Schreiben, Schrift und Rechnen bilden die Grundlage von Tradition, Kultur und Bildung. Die Literalität bedeutete noch keinen harten Bruch der gesprochenen Rede, da Manuskripte laut vorgelesen wurden, allerdings bedeutete die Literalität eine steigende Dominanz optischer Reize, die eher als andere Sinneswahrnehmungen eine Grundlage für das Erkennen von Regeln und Gesetzmäßigkeiten liefern, was einen Vorschub leistete für kausale Zusammenhänge und mathematisches Denken. Die literale Manuskriptkultur war von Skriptorien gekennzeichnet, wodurch die Informationssammlung sehr zentralistisch war, da sie gebunden war an Bibliotheken und Klöster.

Untersuchungen zur Literalität stammen u. a. von Milman Parry, Eric A. Havelock, Jan Assmann und Walter Jackson Ong sowie Jack Goody und Ian Watt.

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