Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt

Die Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt beschreibt die Heilkunde des Mittelalters (etwa 600 bis 1492) im Nahen Osten, Nordafrika und Andalusien vom siebten bis zum dreizehnten Jahrhundert, wie sie vor allem in arabischer Sprache überliefert wurde und deshalb auch als arabische Heilkunde bzw. arabische Medizin bezeichnet wird. Sie beruht auf dem Wissen und den Vorstellungen der antiken griechisch-römischen und späteren byzantinischen Medizin, systematisierte, interpretierte und ergänzte diese zum Teil.

Der sich seit dem 7. Jahrhundert ausbreitende Islam erreichte bis zum Ende des betrachteten Zeitraums einen großen Teil der damals in Europa, Afrika und Asien bekannten Welt. In den verschiedenen Regionen der islamischen Welt entwickelten sich im Verlauf der Zeit unterschiedliche medizinische Traditionen oder Schulen. Arabisch als gemeinsame Sprache der islamisch geprägten Zivilisation wurde auch von jüdischen, christlichen und anderen Ärzten benutzt und kennzeichnet die Medizin des islamischen Kulturraums, die deshalb auch als „arabische“ oder „arabisch-persische“ sowie „arabisch-islamische“ Medizin oder Heilkunde bezeichnet wird.

Die in arabischer Sprache aufgezeichnete Medizin der damaligen Zeit beeinflusste die Ärzte des westlichen Mittelalters, die die Werke der klassischen griechisch-römischen, vor allem galenischen, Medizin zunächst in arabischer Übersetzung kennenlernten. Die Vermittlung der arabischen Philosophie und Wissenschaft an das christliche Abendland erfolgte dabei häufig über jüdische Autoren. Erst im 12. Jahrhundert wurden diese Schriften ins Lateinische übersetzt, die gemeinsame Sprache der westeuropäischen Wissenschaft. Werke jüdischer und islamischer Ärzte, wie der den Kenntnisstand seiner Zeit zusammenfassende Kanon der Medizin von Avicenna (980–1037), gehörten über Jahrhunderte zu den Standard-Lehrbüchern der Ärzte.

Die Autorität der mittelalterlichen Ärzte des islamischen Kulturkreises schwand erst im Zuge des Aufschwungs der naturwissenschaftlichen Forschung im Gefolge der Aufklärung. Ihre Gedanken zur Arzt-Patienten-Beziehung werden heute noch zitiert, ihr Andenken wird auch von Ärzten der Neuzeit respektvoll gewahrt.

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