Option in Südtirol

Die Option bezeichnet eine vom faschistischen Italien und nationalsozialistischen Deutschland ausgehandelte Wahlmöglichkeit, die die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung Italiens, also hauptsächlich die Bevölkerung des heutigen Südtirol, vor folgende Entscheidung stellte: entweder Option für das Deutsche Reich mit anschließender Emigration oder Verbleib in Italien. Obwohl prinzipiell als Akt individueller Selbstbestimmung ausgelegt, war die freie Entscheidungsfindung durch eine Reihe von Faktoren stark beeinträchtigt.

Die Option begann Mitte 1939 und hatte große gesellschaftliche Verwerfungen zur Folge, insbesondere als die Frist von Ende 1942 auf Ende 1939 vorgezogen wurde, da im zwischenzeitlich besetzten westlichen Polen große Gebiete besiedelt werden sollten. Die Frage, ob man im Zuge einer Emigration ins Deutsche Reich die Heimat verlassen oder im durch die faschistische Italianisierungskampagne geprägten Südtirol bleiben solle, entwickelte sich zu einem großen Konfliktthema, was auch gewaltsame Übergriffe und Terrorakte von „Optanten“ auf „Dableiber“ zur Folge hatte. Entscheidende Wirkung hatte dabei die breitenwirksame Propaganda des Völkischen Kampfrings, bestehend u. a. aus Appellen ans völkisch-nationale Bewusstsein und sorgsam entwickelten Drohszenarien (etwa dem Gerücht, Italien werde alle „Dableiber“ in den Süden umsiedeln).

Rund 85 % der etwa 250.000 zur Wahl Aufgerufenen entschieden sich letztlich für eine Deutschland-Option. Allerdings wanderten bis zur Eingliederung der Operationszone Alpenvorland in den deutschen Machtbereich im September 1943, die die Optionsfrage vorerst obsolet machte, nur ca. 75.000 Südtiroler tatsächlich ins Deutsche Reich aus. Nach dem Kriegsende kehrten ca. 20.000–25.000 ehemalige Optanten als „Rücksiedler“ nach Südtirol zurück, wo das Gruber-De-Gasperi-Abkommen von 1946 der deutschsprachigen Minderheit eine Gleichstellung ihrer Sprache, weitgehende kulturelle Freiheiten und eine gewisse politische Autonomie garantierte.

Die Südtiroler Option von 1939/43 wird auch als „Große Option“ bezeichnet, um sie von der ersten Option in den Jahren 1920/21 abzugrenzen.

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