Postfaktische Politik

Als postfaktische Politik wird ein politisches Denken und Handeln bezeichnet, für das Fakten irrelevant sind. Der emotionale Effekt einer Aussage vor allem auf die eigene Zielgruppe gilt dabei als wichtiger als ihr Wahrheitsgehalt. Zu den Mitteln dieser Politik gehören offensichtliche Lügen ebenso wie die Flutung des Diskursraums mit irrelevanten Fakten zur Ablenkung vom Wesentlichen.

Das Kommunikationsideal der Aufklärung fordert nach dem Philosophen und Soziologen Habermas für einen sachlichen und ethischen Ansprüchen genügenden Diskurs Argumente, darunter vor allem auch belegbare Fakten: Validierungsfähigkeit als Teil der Diskursivität. In einem so genannten postfaktischen Meinungsstreit werden hingegen Tatsachen abgestritten, von ihnen abgelenkt oder ihr Sachgehalt verwässert, ohne dass dies entscheidende Relevanz für das Zielpublikum hätte. Entscheidend für die von postfaktischer Politik angesprochene Zielgruppe ist, ob die angebotenen Erklärungsmodelle eine Nähe zu deren Gefühlswelt haben.

Kritiker des Begriffs „postfaktisch“ argumentieren, dass auch er selbst zur Emotionalisierung eingesetzt werden könne. Das bezeichnete Phänomen sei nicht neu oder typisch für die Gegenwart. Die in Weltanschauungen und unterschiedlichen Interessen begründeten politischen Meinungen seien niemals an reinen Fakten orientiert, sondern immer und unvermeidlich perspektivische Wahrnehmungen von Sachverhalten, die dem eigenen Wertesystem entsprechend eingeordnet und bewertet würden. Das Schlagwort postfaktisch sei polemisch und gründe in einem naiven Realismus.

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