Quantitative Literaturwissenschaft
Quantitative Literaturwissenschaft (gelegentlich auch: Exakte Literaturwissenschaft) ist ein Begriff für eine Spezialdisziplin der Literaturwissenschaft, den der Aachener Physiker Wilhelm Fucks (1968: 77, 88) für die statistische Untersuchung literarischer Texte vorschlägt. „Eine quantitative Literaturwissenschaft kann uns durch die Abbildung von Sachverhalten in Texten auf mathematische Modelle besser verstehen lehren, was eigentlich im Autor vorgeht oder von ihm getan wird, wenn er seine Werke verfasst. Dabei wird der Autor sich dessen, was er formal tut, im allgemeinen kaum bewusst sein.“ Fucks beantwortet damit die von Helmut Kreuzer schon 1965 gestellte „Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen einer ‚exakten‘ Literaturwissenschaft (mit streng formalisierten Beschreibungen und von der Individualität des Forschers unabhängigen Resultaten)“ entschieden positiv und kennzeichnet sie als interdisziplinären Überdeckungsbereich von Quantitativer Literaturwissenschaft, Quantitativer Linguistik und Sprachstatistik.
„Es geht hier nicht um eine Ablehnung der tradierten, ideen- und formengeschichtlichen, stilkritischen und werkinterpretatorischen Betrachtungsweisen, deren Fruchtbarkeit und Notwendigkeit wir entschieden bejahen [...], sondern um die Frage, ob noch andere Methoden der Textanalyse wissenschaftlich sinnvoll und für die bessere Sicherung und präzisere Formulierung wenigstens partieller Resultate der älteren Methoden nutzbar sind.“
Der Literaturwissenschaftler Toni Bernhart (2008: 56) fasst später wie folgt zusammen: „Unter dem Programmbegriff ›Quantitative Literaturwissenschaft‹ lassen sich zählende, messende, mathematische, statistische und computergestützte Verfahren zusammenfassen, sofern sie in der Literaturwissenschaft Verwendung finden.“ Seinen speziellen Anwendungs- und Demonstrationsbereich bildet dabei die sogenannte Berlin-Kay-Hypothese, bei der es um Universalien bei der sprachlichen Erfassung von Farben in den Sprachen der Welt geht.