Russisch-Osmanischer Krieg (1877–1878)
Der Russisch-Osmanische Krieg 1877–1878, auch Russisch-Türkischer Krieg 1877–1878 (türk. 93 Harbi wegen des Rumi-Kalenders) genannt, war eine militärische Auseinandersetzung zwischen dem Russischen Kaiserreich und dem Osmanischen Reich. Der Krieg fand überwiegend auf dem Gebiet des heutigen Bulgarien statt und endete mit einem Sieg Russlands, dessen Truppen am Ende der Kampfhandlungen etwa 20 km vor Konstantinopel standen. Da jedoch die anderen europäischen Mächte das Gleichgewicht in Europa durch einen überproportionalen Machtzuwachs Russlands gefährdet sahen, wurden die Ergebnisse des russisch-türkischen Friedens von San Stefano auf dem Berliner Kongress in erheblichem Maße eingeschränkt.
Unmittelbare Auslöser des Krieges waren die osmanischen Repressionen gegen die Serben und die Bulgaren nach dem Serbisch-Osmanischen Krieg sowie dem bulgarischen Aprilaufstand 1876. Im Rahmen des Panslawismus empfand sich Russland als Schutzmacht dieser Völker und die gesellschaftliche Stimmung im Land forderte ein Eingreifen. Zu den strategischen Zielen Russlands zählte außerdem ein vom geopolitischen Rivalen freier Zugang zum Mittelmeer. Die Serben und die Bulgaren, die im Zuge des Krieges zum ersten Mal seit Jahrhunderten ihre Unabhängigkeit wiedererlangten, betrachten dieses Ereignis heute als die zweite Geburt ihrer nationalen Geschichte. In der bulgarischen Geschichtsschreibung spricht man offiziell vom Russisch-Türkischen Befreiungskrieg und vom Sieg über die Türken als der Bulgarischen Wiedergeburt. Der Krieg bot auch Rumänien die Gelegenheit, seine volle Unabhängigkeit zu erklären. Obwohl es im Gegensatz zu anderen Gebieten des Balkans nie unmittelbarer Teil des Osmanischen Reiches war, stand es offiziell unter dessen Suzeränität. In der rumänischen Geschichtsschreibung wird der Krieg daher als Rumänischer Unabhängigkeitskrieg bezeichnet.