Myoviren

Die morphologisch begründete (nicht-taxonomische) Gruppe der Myoviren (englisch myoviruses, früher auch Morphotyp A genannt) umfasst eine Reihe von Familien, Unterfamilien und Gattungen von Viren mit einem linearen Molekül doppelsträngiger DNA (dsDNA) als Genom.

Die Einteilung der Viren in Sys­te­matiken ist kontinuier­licher Gegen­stand der For­schung. So existieren neben- und nach­einander ver­schie­dene Virus­klas­sifi­kationen sowie die offi­zielle Virus-Taxo­nomie des Inter­national Com­mit­tee on Taxo­nomy of Viruses (ICTV). Die hier be­han­delte Grup­pe ist als Taxon durch neue For­schungen ob­solet ge­wor­den oder aus an­deren Grün­den nicht Teil der offi­ziel­len Virus-Taxo­nomie.

Myoviren

P2-Phagen im TEM

Systematik
Klassifikation: Viren
Realm: Duplodnaviria
Reich: Heunggongvirae
Phylum: Uroviricota
Klasse: Caudoviricetes
ohne Rang: „Myoviruses“
Taxonomische Merkmale
Genom: dsDNA linear
Baltimore: Gruppe 1
Symmetrie: ikosaedrisch, tailed
(Myoviren)
Hülle: keine
Wissenschaftlicher Name
„Myoviruses“
Links
ViralZone (Expasy, SIB): 140
ICTV Taxon History: 201900191

Die Myoviren werden unterteilt in Subtypen: 1: Kopf ohne „Fühler“, aber kurze Anhängsel am Schwanz; 2: kragenartige Struktur zwischen Kopf und Schwanz und kurze Anhängsel am Schwanz.

Alle Mitglieder gehören zur Klasse der Caudoviricetes („Schwanzviren“ – Viren mit Kopf-Schwanz-Struktur): Ihre Mitglieder besitzen ein ikosaedrisches Kapsid und ein Schwanzteil; wegen dessen kontraktiler Eigenschaft leitet sich der Gruppenname von griechisch μυός myos, deutsch Muskel ab. Als Wirte dienen Prokaryoten, meist Bakterien (Bakteriophagen), aber teilweise auch Archaeen. Innerhalb der Klasse Caudoviricetes zeichnen sich die Myoviren außerdem durch besonders große, teilweise langgestreckte Kapside (z. B. T4-Phage: 111 × 78 nm) und ein sehr großes Genom (34–169 kBp) aus (siehe Riesenphagen). Der wichtigste Vertreter ist der schon früh entdeckte T4-Phage (Spezies Enterobacteria-Virus T4, Gattung Tequatrovirus), dessen besondere Morphologie und genetische Eigenschaften in der molekularbiologischen Forschung eine herausragende Rolle spielte. Die von diesem Phagen abgeleitete T4-DNA-Ligase findet heute noch Verwendung in der Molekularbiologie. Weitere Mitglieder von Bedeutung sind der Vibrio-Phage KVP40 (Spezies Vibrio-Virus KVP40, Gattung Schizotequatrovirus), der Pseudomonas-Phage phiKZ (Spezies Pseudomonas-Virus phiKZ, Gattung Phikzvirus), der Bakteriophage P1 (Spezies Escherichia-Virus P1, Gattung Punavirus, siehe P1 Artificial Chromosome) u. a.

Die Gruppe galt lange Zeit als ein Virustaxon im Rang einer Virusfamilie mit der Bezeichnung Myoviridae. Im März 2021 wurde vorgeschlagen, diese Familie mitsamt der Ordnung Caudovirales wegen fehlender Monophylie aufzulösen und (wie damals bereits z. T. geschehen) durch neu zu schaffende Familien zu ersetzen, damit neue Ergebnisse aus der Metagenomik in die Taxonomie aufgenommen werden können. Das International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) hat dem im März 2022 entsprochen. Gemäß Vorschlag bleibt die Bezeichnung „Myoviren“ (englisch myoviruses) aber als informeller Sammelbegriff morphologisch ähnlicher Prokaryotenviren mit einem linearen Doppelstrang-DNA-Genom erhalten.

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