Materialmodell
Ein Materialmodell, Material- oder Stoffgesetz, ist eine Quantifizierung physikalischer Materialeigenschaften. Materialeigenschaften konstatieren die Fähigkeit eines Materials auf physikalische Einflüsse (wie Kräfte, Wärmezufuhren oder Ströme) zu reagieren. Materialmodelle sind unabhängig von der Form eines Körpers und meist experimentell motiviert. Ziel eines Materialmodells ist, vorhersagen zu können, wie und in welchem Maß das Material auf äußere Einflüsse reagiert. Als mathematische Modelle bilden sie die Zusammenhänge mathematisch ab, die für ihre Urheber, die Modellersteller, relevant sind.
Auch wenn sie oftmals als Materialgesetze bezeichnet werden, haben Materialmodelle nicht die allgemeine Gültigkeit physikalischer Gesetze, denn für dasselbe Material können verschiedene Modelle von verschiedenen Modellerstellern vorliegen, die sich in folgenden Punkten unterscheiden:
- dem Anwendungsgebiet
- den betrachteten Abhängigkeiten
- dem Berechnungsaufwand
- der Genauigkeit
- dem Gültigkeitsbereich.
Die Einflussgrößen nennt man Konstitutivvariable und die Reaktionen eines Materials Materialgrößen. Die Verknüpfung der beiden erfolgt in Gleichungen, die Material- oder Konstitutivgleichungen genannt werden. Des Weiteren können auch Ungleichungen auftreten, welche die verschiedene Verhaltensmodi (wie plastisches Fließen, Phasenübergänge) des Materials voneinander trennen.
Der denkbar einfachste Zusammenhang zwischen Materialgröße und Konstitutivvariable ist die Proportionalität: die Materialgröße ist gleich einer Konstitutivvariable multipliziert mit einer Konstanten. Ein solcher Zusammenhang hat oftmals definitorischen Charakter für eine Stoffeigenschaft, wie die Beispiele Spezifische Wärmekapazität, Permittivität, Permeabilität (Magnetismus) auf der Seite Materialkonstante zeigen.
Materialeigenschaften und daher auch die Materialkonstanten hängen immer von der Temperatur ab, was man mit Temperaturkoeffizienten berücksichtigen kann. Werden im betrachteten Berechnungsfall weitere oder komplexere Abhängigkeiten als relevant erachtet, so tritt der Modellersteller auf den Plan, der dann ein für den betrachteten Fall geeignetes Modell erstellt (sofern es das noch nicht gibt). Ursachen der Komplexität können Nichtlinearitäten, Mehrachsigkeit oder Abhängigkeit von mehreren Konstitutivvariablen sein.
Die Kontinuumsmechanik hat einen eigenen Wissensbereich, die Materialtheorie, die sich mit der Klassifizierung von Materialien und Materialeigenschaften und der Erstellung von Materialmodellen beschäftigt. Die Materialwissenschaft und Werkstofftechnik entwickelt Materialmodelle aus dem Bedürfnis heraus, die von ihr entwickelten Werkstoffe möglichst genau zu charakterisieren.