Tunnel über der Spree

Der Tunnel über der Spree war eine literarische Gesellschaft, die unter der Bezeichnung „Sonntags-Verein zu Berlin“ am 3. Dezember 1827 gegründet wurde. Das letzte Protokoll, das vorliegt, trägt das Datum des 30. Oktober 1898. Insgesamt hatte diese Gesellschaft im Laufe der Zeit 214 Mitglieder und prägte über 70 Jahre das literarische Leben Berlins mit. Der Verein legte sich in seinen Statuten strenge Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit auf und beschränkte sein Vereinsleben im Wesentlichen auf interne Aktivitäten. Im Zuge der 48er Revolution wurden Pläne diskutiert, sich nach außen zu öffnen, ein eigenes Blatt herauszugeben und sogar richtungsweisend für ganz Deutschland zu werden. Es blieb am Ende jedoch beim alten, vormärzlichen Standpunkt.

Der Schriftsteller und Satiriker Moritz Gottlieb Saphir hob zusammen mit den Hofschauspielern Friedrich Wilhelm Lemm und Louis Schneider diese Vereinigung in seiner Privatwohnung aus der Taufe und wurde auch deren erster Vorstand. Saphir war kurz zuvor die Mitgliedschaft in der Neuen Mittwochsgesellschaft durch Julius Eduard Hitzig verweigert worden, und er wollte wohl damit einen Gegenpol schaffen.

Die Mitglieder sagten nicht die, sondern der Sonntagsgesellschaft, um nicht mit der Hofopernsängerin Henriette Sontag in Verbindung gebracht zu werden. Als Motto wählte man den Spruch „Unendliche Ironie und unendliche Wehmut“ sowie Till Eulenspiegel als Schutzpatron.

Mit der Bezeichnung „Tunnel über der Spree“ wollte man darauf hinweisen, dass Berlin eben noch keinen Tunnel unter der Spree vorzuweisen hatte. Gleichzeitig war der Name eine Parodie auf den Bau des ersten Tunnels unter der Themse in London durch Marc Isambard und Isambard Kingdom Brunel. Für Zeitgenossen schien der Name umso ironischer, als 1828, drei Jahre nach ihrem Beginn, die Bauarbeiten aus finanziellen Gründen für sieben Jahre unterbrochen werden mussten.

Nach einem Bonmot Theodor Fontanes wollte Saphir mit dieser Gründung nur eine persönliche „Leibgarde“ um sich scharen. Ein weiteres Mitglied, Emanuel Geibel, bezeichnete diese Gesellschaft als „Kleindichterbewahranstalt“.

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