Unzuverlässiges Erzählen
Unzuverlässiges Erzählen ist eine spezielle Form des Erzählens, bei dem die Zuverlässigkeit (das heißt zumeist: die Wahrheit oder Angemessenheit) der Erzähleraussagen über die erzählte Welt vom Rezipienten (Leser, Zuhörer, Zuschauer etc.) in Frage gestellt wird. Vereinfacht ausgedrückt: Es wird zunächst ein Geschehen erzählt, das, wie sich im weiteren Verlauf herausstellt, so nicht stattgefunden hat. Gründe dafür können beispielsweise sein, dass die erzählende Person die Handlung erträumt, im Drogenrausch erlebt oder schlichtweg erfunden hat, etwa um ein Alibi zu erhalten.
Erzählungen, die sich dieses Verfahrens bedienen, bringen oftmals einen homodiegetischen Erzähler (eine Erzählerfigur, die Teil der erzählten Welt ist) zum Einsatz, zuweilen aber auch einen heterodiegetischen Erzähler. In historischer Perspektive gilt unzuverlässiges Erzählen als typisches Stilmerkmal der Romane und Erzählungen der Romantik. In Romanen der Postmoderne taucht es ebenfalls häufiger auf.