Vormetrische Längenmaße
Vormetrische Längenmaße umfassen alle Längenmaße, die zu verschiedenen Zeiten und in den verschiedenen Ländern vor der Einführung des Meters benutzt wurden. Viele dieser Maße wurden bereits in der Antike von verschiedenen Gelehrten – unter anderem von Herodot, Heron und dem Alexandriner Didymos – beschrieben. Laut diesen Quellen standen viele Maße des Altertums jeweils in einem festen Zahlenverhältnis, einer so genannten Ratio, zueinander.
Was vormetrische Maßsysteme anbelangt, stehen sich seit langem zwei gegensätzliche Forschungsmeinungen gegenüber. Auf der einen Seite steht die Ansicht, in der Antike dürfte es – wie es bekanntlich im Mittelalter der Fall war – eine Vielzahl von Stadt zu Stadt unterschiedlicher Maße gegeben haben. Diese Maße seien ursprünglich unabhängig voneinander, also nicht aufeinander bezogen gewesen. Erst später wird man, um den Handel zu erleichtern, die Maßeinheiten zueinander in Beziehung gesetzt und dabei angepasst haben, um einfache Umrechnungsverhältnisse zu erreichen, oder neue Maße eingeführt haben. Diese Ansicht ist in der Forschungsliteratur der letzten Jahrzehnte, nicht aber in der Zahl ihrer Vertreter, weit unterrepräsentiert. Auf der anderen Seite meinen einige Forscher aus dem Bereich der historischen Metrologie, dass alle Längenmaße der Antike – zuerst die des fruchtbaren Halbmondes, sowie des gesamten Mittelmeerraumes, des Nahen und Mittleren Ostens und später auch ganz Europas – jeweils aufeinander Bezug nehmen. Wurde ein neues Maßsystem gebildet, so hätten sich die, die es festlegten, stets an schon vorhandenen Maßen der Region orientiert. Dieser Forschungsmeinung folgen die weiteren Ausführungen des Artikels.
Forschungen bezüglich antiker Maßsysteme werden seit der Renaissance unternommen. Heute sind die meisten Längenmaße der Antike bekannt, statistisch erfasst und ihre arithmetische Herleitung für viele erklärt. Sehr viele Längenmaße des europäischen Mittelalters scheinen entweder identisch mit den Maßen der Antike zu sein oder können als einfache Ableitungen derselben interpretiert werden. Die Überlieferungslage gibt allerdings keine Anhaltspunkte, wie diese Übereinstimmungen zustande gekommen sein könnten. Historische Traditionen sind zumeist auszuschließen, viele Gleichsetzungen bleiben daher fragwürdig. Ein Teil der antiken Maße ist durch archäologische Funde von bisher etwa tausend antiken Maßstäben, vor allem des römischen Fußes, sowie über Gebäude- und Stadienlängen heute sehr gut ermittelt.