Zenons Paradoxien der Vielheit

Zenons Paradoxien der Vielheit (5. Jahrhundert v. Chr.) gehören neben den bekannteren zenonischen Paradoxien der Bewegung zu den Paradoxien des Zenon von Elea.

Die drei Paradoxien der Vielheit sind in einem Kommentar des byzantinischen Philosophen Simplikios zur Physik Aristoteles’ überliefert. Tatsächlich ist Simplikios, der etwa ein Jahrtausend nach Zenon lebte, die einzige Quelle, welche Zenon ausführlich wörtlich zitiert. Simplikios scheint Zenons Werk im Original besessen zu haben. Nach Überzeugung von Simplikios ist allen Paradoxien gemeinsam, dass sie der Verteidigung von Zenons Freund und Lehrer Parmenides gegenüber seinen Kritikern dienten. Dieser bedeutende Vorsokratiker, der wie sein Schüler Zenon den Eleaten zugerechnet wird, stellt in einem Lehrgedicht eine uneinheitliche, der Veränderung unterliegende Welt der Wahrnehmung einem unteilbaren, ewigen und unveränderlichen Sein gegenüber. Nach einer verbreiteten, aber nicht unproblematischen Interpretation des schwer zugänglichen Lehrgedichtes vertrat Parmenides einen strikten metaphysischen Monismus, nach dem Bewegung und Teilbarkeit lediglich eine Illusion seien.

Zenon versuchte nachzuweisen, dass Parmenides’ Position zwar paradox anmute, aber das Gegenteil, nämlich die Vorstellung, dass es sowohl Vieles gibt, als auch die Möglichkeit von Bewegung, zu Widersprüchen führt und so Parmenides indirekt bestätigt. Von den neun erhaltenen Paradoxien, von insgesamt wohl vierzig, beschäftigen sich drei spezifisch mit der Widersprüchlichkeit der Vorstellungen der Vielheit und der Kontinuität: das Argument der Dichte, das Argument der endlichen Größe und das Argument der vollständigen Teilung. Die Gruppe der Bewegungsparadoxien, Achilles und die Schildkröte, Teilungsparadoxon, Pfeil-Paradoxon beschäftigt sich im Unterschied dazu mit dem Teilproblem der Unmöglichkeit der Bewegung.

Im Gegensatz zu den Paradoxien der Bewegung hat sich in der Rezeption der Paradoxien der Vielheit keine einheitliche Bezeichnung durchgesetzt; überhaupt ist die Bedeutung des erhaltenen griechischen Textes deutlich unklarer als die bei anderen Autoren indirekt überlieferten Bewegungsparadoxien.

Ihre Bedeutung für die Mathematik und Philosophie der griechischen Zeitgenossen und ihr späterer Einfluss werden unterschiedlich beurteilt. Der Einfluss auf die folgenreiche Beschränkung von Aristoteles und Euklid auf potentielle Unendlichkeiten, welche erst mit den Arbeiten von Georg Cantor aufgelöst wurde, ist nicht abschließend einzuschätzen.

In jüngerer Zeit, angestoßen von Arbeiten von Adolf Grünbaum, ist der Paradoxie der vollständigen Teilung neue Aufmerksamkeit der mathematischen Grundlagenforschung zuteilgeworden.

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