Ziviler Ungehorsam
Ziviler Ungehorsam (aus lateinisch civilis ‚bürgerlich‘; deshalb (selten) auch bürgerlicher Ungehorsam) ist eine Form politischer Partizipation, deren Wurzeln bis in die Antike zurückreichen. Durch einen symbolischen, aus Gewissensgründen vollzogenen und damit bewussten Verstoß gegen rechtliche Normen zielt der handelnde Staatsbürger mit einem Akt zivilen Ungehorsams auf die Beseitigung einer so wahrgenommenen Unrechtssituation und betont damit sein moralisches Recht auf Partizipation. Die Normen können sich durch Gesetze, Pflichten oder auch Befehle eines Staates oder einer Einheit in einem staatlichen Gefüge manifestieren. Durch den symbolischen Verstoß soll zur Beseitigung des Unrechts Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung genommen werden. Der Ungehorsame nimmt dabei bewusst in Kauf, auf Basis der geltenden Gesetze für seine Handlungen bestraft zu werden. Häufig beansprucht er ein Recht auf Widerstand für sich, das sich jedoch von einem verfassungsgemäß gegebenen Widerstandsrecht unterscheidet. Demjenigen, der zivilen Ungehorsam übt, geht es damit um die Durchsetzung von Bürger- und Menschenrechten innerhalb der bestehenden Ordnung, nicht um Widerstand, der auf die Ablösung einer bestehenden Herrschaftsstruktur gerichtet ist. Die Methoden und Aktionsformen von zivilem Ungehorsam und Widerstand gleichen sich jedoch in vielen Fällen.
Als moderne Väter des Konzepts gelten Henry David Thoreau, Mohandas Karamchand Gandhi und Martin Luther King, Jr. Im philosophischen Diskurs nehmen seit der Veröffentlichung seines Artikels The Justification of Civil Disobedience John Rawls’ Überlegungen eine zentrale Stellung ein.