Kochen nach Zahlen
„Kochen nach Zahlen“ ist eine arithmetische Speisezubereitungstechnik, die nach dem Zufallsprinzip funktioniert und immer dann Anwendung findet, wenn die Mutter außer Haus ist und der panisch auf- und ablaufende Vater den langsam knurrigen Plagen ein Mittagsmenue zu offerieren hat, das nicht den Titel Resterpfanne, Lumpenbraten oder Bratkartoffeln mit Schlagsahne und Ketchup trägt.
Mittlerweile in die Kreise der Haute cuisine wortwörtlich eingebrochen, geben Menschen täglich eine Menge Geld dafür aus, Köstlichkeiten nach dem Kochen nach Zahlen-Prinzip zu genießen.
Wie funktioniert das?
Die Speisezubereitung läuft dreiphasig diachron und kommt der gewöhnlich dreiphasigen Kochausbildung sehr nahe, außer, dass man den Dreisatz nicht braucht, der für viele Hauptschüler immer noch die größte Hürde für eine Ausbildung als Koch darstellt.
Zunächst muss man alle Lebensmittel im Haus mit Zahlen versehen. Dazu dienen Post its mit kleinen Handnotizen, aber in Messie-Wohnungen wäre es schonender und professioneller, auf ein Ettikettierungsgerät zurückzugreifen. Danach "leiht" man sich am Tombola-Mittwoch im Kirchenkreis mit einem Leberhaken gegen den fetten Gemeindevorsteher eine Lottotrommel und nummeriert die darin befindlichen Bälle Ping-Pong Bälle gemäß der Lebensmittel-Etikettierung durch. Das schöne daran ist die Überraschung, die jede individuell eingerichtete Wohnung für den Schlemmsüchtigen bereithält. Man kann sich gehen lassen, mal was neues ausprobieren und endlich auch mal alte Reste aus der Garage loswerden, die so oder so nicht mehr für ein Bauvorhaben reichen.
Nun wird gekocht. Ist die erste Zahl gezogen, z.B. die 8, gibt sie die Menge der nachfolgend zu ziehenden Lebensmittel an. Nach der ersten werden nun auch noch die anderen Zahlen gezogen, z.B. 1, 3, 5, 7, 9, 23, 4, 51. Daraus könnte sich folgende Zutatenliste ergeben:
1. Vogelsand
3. Mehl
5. Rettich
7. Kartoffeln
9. Nutella
23. Meerschweinchen
4. Glasreiniger
51. Soßenbinder
Die Zutaten werden in einer Schüssel verrührt und wahlweise gekocht, gebraten, gebacken, frittiert oder roh angerichtet. Das liegt ganz im Ermessen des Koches und seiner Spülgewohnheiten.
Das Kind braucht natürlich einen Namen. Um eine besondere Kreation daraus zu machen, sollte also zum dritten vor die Hauptzutaten die Französischen Pronomen le und la setzen, das klingt dann besonders. Wahlweise kann man auch mit dem Finger aus einem ägyptischen Wörterbuch seinem Gericht einen Namen geben.
Die fertige Kreation kann nun an Freunde oder Bekannte usw. serviert werden. Natürlich sollte man nicht vergessen, den Tisch bombastisch zu dekorieren, am besten noch mit ein paar schönen Kerzenhaltern, und jedem Platz eine Speisekarte mit persönlicher Anrede beizulegen. Das verhindert, dass die Gäste negative Äußerungen über das Essen machen.
Fazit
Die Tage, an denen Vater nicht wusste, was er kochen sollte, gehören hiermit endgültig der Vergangenheit an. Der Weg zum 6-Sterne Koch ist mit dieser Taktik nur einen Katzensprung entfernt.