Dieser Artikel ist größtenteils für alle Ubuntu-Versionen gültig.
Alle 6 Monate erscheint eine neue Ubuntu-Version. Manche davon sind sogenannte Long Term Support-Versionen, die länger mit Sicherheitsaktualisierungen versorgt werden. Worin unterscheiden sich die LTS-Versionen von den anderen halbjährlichen Ubuntu-Versionen mit kürzeren Unterstützungszeiträumen (STS)? Welche Auswirkungen haben die Unterschiede für die Benutzung von Ubuntu-Linux?
Eine kleine Entscheidungshilfe für Benutzer, die sich nicht sicher sind, welche Ubuntu-Version die richtige ist.
Unterschiede zwischen LTS (Long Term Support) und STS (Short Term Support) | |||
LTS | STS | Unterschiede in der Verwendung | |
Erscheinungszeitraum | Alle 2 Jahre (im April) | Jedes halbe Jahr (im April und Oktober) | Durch die Verwendung unterschiedlicher Debian-Quellen ergeben sich unterschiedliche Auswirkungen. Siehe Versionen |
Unterstützungszeitraum | 5 Jahre für Server und Desktop | 9 Monate | Siehe Unterstützungszeitraum |
Sicherheitsaktualisierungen | Regelmäßig | Regelmäßig | Sicherheitsaktualisierungen |
Upgrades (Aktualisierung auf die nächste Ubuntu-Version) | Auf die nächste Folgeversion oder auf die nächste LTS-Version | Nur auf die nächste Folgeversion | Siehe Upgrades |
Programmupdates | Regulär: Keine | Regulär: Keine | Durch die Einbindung anderer Quellen kann man Programme aktualisieren, siehe: Programmupdates |
Hardwareunterstützung | Durch regelmässige Pointreleases werden Hardwaretreiber aktualisiert | Keine Pointreleases | Siehe Hardwareunterstützung |
Die unterschiedlichen Versionen, LTS und halbjährliche Versionen mit kürzeren Unterstützungszeiträumen, kommen aus unterschiedlichen Quellen:
LTS: Diese Versionen und ihre Programmpakete kommen ausschließlich aus Debian testing. Das bedeutet, dass das ganze System bereits umfangreichen Tests unterworfen wurde und entsprechend stabil ist. Die Einführung neuer Merkmale (Features) wird eher konservativ vorgenommen.
STS: Diese halbjährlich erscheinenden Versionen stammen von Debian testing (Desktopsoftware) und Debian unstable (Programme) ab. Durch die Einbindung von Debian unstable kann es passieren, dass manche Programme nicht so „rund laufen“, wie man es sonst gewohnt ist. Die Einführung neuer Merkmale wird gefördert (z.B Unity).
Die Upgrade-Möglichkeiten von einer Ubuntuversion auf eine andere unterscheiden sich:
LTS: Man kann von einer LTS-Version auf die nächste Folgeversion oder auf die nächste LTS-Version aktualisieren.
STS: Man kann nur auf die nächste Folgeversion aktualisieren.
Bei beiden Varianten gilt: Man kann keine Versionen überspringen! Erst ab Version 12.04 LTS könnte man theoretisch direkt zu 16.04 LTS springen und die Version 14.04 LTS auslassen (siehe Is it possible to skip an LTS upgrade?). Offiziell getestet wird von Ubuntu jedoch nur der direkte LTS-zu-LTS-Sprung.
Wer einmal auf eine halbjährliche Version aktualisiert, oder sie als Erstinstallation eingerichtet hat, ist gezwungen, später auf die Folgeversion zu aktualisieren. Siehe dazu auch den nächsten Abschnitt.
Da eine Version irgendwann nicht mehr mit Sicherheitsaktualisierungen versorgt wird, ist man gezwungen, auf die nächste Ubuntu-Version aufzusteigen (Upgrade). Durch die Überschneidung zwischen Unterstützungszeitraum und dem Erscheinen einer neuen Ubuntu-Version ist man zwar flexibel bei den Upgrades, muss jedoch mit einem deutlich kürzeren Unterstützungszeitraum bei Nicht-LTS-Versionen leben. Mit Ubuntu 13.04, erschienen im April 2013, wurde der Unterstützungszeitraum von 18 auf 9 Monate verkürzt. Als Konsequenz muss innerhalb von etwa drei Monaten nach dem Erscheinen einer neuen Version die Systemaktualisierung durchgeführt werden.
Bei LTS-Versionen verhält es sich prinzipiell genau so, nur ist der Unterstützungszeitraum länger und man kann direkt auf die nächste LTS-Version aktualisieren. Flexibilität bei der Wahl des Aktualisierungszeitpunkts ist also nur bei LTS-Versionen gegeben.
Für diese Aktualisierungen gilt für LTS- sowie den halbjährlichen Versionen: Es werden ausschließlich Pakete aus den Bereichen main und restricted unterstützt. Pakete aus anderen Bereichen erhalten keine Sicherheitsaktualisierungen. In den Paketmanagern der Desktop-Umgebungen sind diese Pakete mit einem Ubuntusymbol markiert.
Über den gesamten Unterstützungszeitraum einer Ubuntu-Version erfolgen keinerlei Programmaktualisierungen. Es gibt nur zwei Ausnahmen: Firefox und Thunderbird. Für LTS-Versionen kann dies bedeuten, dass man 5 Jahre mit der gleichen (alten) Programmversion arbeitet. Man profitiert also nicht von neueren Programmversionen oder neuen Funktionen. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, an aktuelle Versionen eines Programms zu kommen:
Möglichkeit | Beschreibung |
Backports (Rückportierung) | Man kann über die Aktivierung der Backports Programmupdates erhalten, ist hierbei aber auf die Bereitstellung durch die Paketbetreuer angewiesen. Wird durch die Paketbetreuer kein aktuelles Programmpaket bereitgestellt, gibt es keine neuen Programmversionen. Ab Ubuntu 11.10 sind die Backports standardmäßig aktiviert. |
PPA (Personal Package Archive) | Einige aktive Nutzer stellen aktualisierte Programmversionen in Form von Paketen zur Verfügung oder Software-Entwickler verwenden Launchpad als Entwicklungsplattform. In vielen Wikiartikeln wird auf diese PPAs hingewiesen. Bei einem Upgrade kann die Nutzung von PPAs zu Problemen führen. |
Programme kompilieren | Fortgeschrittene Anwender erstellen sich neue Programmversionen selbst aus dem Quelltext. Wie bei der Nutzung von PPAs kann es bei einem Upgrade zu Problemen kommen. Ferner kann dieses Vorgehen mit sehr viel Arbeit verbunden sein, wenn die Abhängigkeiten der Programme veraltet sind. |
Was bei Nutzung dieser Softwarequellen bei einem Upgrade zu beachten ist, findet sich im Artikel Upgrade.
Die Grundunterstützung von Hardware wird vom Kernel bereitgestellt, der (für Ubuntu) vom Ubuntu-KernelTeam gepflegt wird. Eine bestimmte Kernelversion bietet nur die Unterstützung für bestimmte Hardware-Komponenten. Gelegentlich wird eine Hardwareunterstützung auch aus einem neuen Kernel entfernt. Bei ganz neuer Hardware kommt es vor, dass sie noch nicht im Kernel implementiert und somit auch nicht funktionsfähig ist. Dies hat Auswirkungen auf die Benutzung der Ubuntu-Versionen:
LTS: In der Regel bleibt eine Kernelversion während des gesamten Unterstützungszeitraumes gleich. Lediglich sicherheitsrelevante Updates werden in diese Kernelversion eingepflegt und durch normale Aktualisierungen eingespielt. Durch Point-Releases kommt die Unterstützung ausgewählter Hardwarekomponenten in den Kernel (siehe: PointReleaseProcess). Werden Teile der Hardware erneuert, kann es passieren, dass diese noch nicht vollständig unterstützt wird. Es gibt jedoch die Möglichkeit, einen HWE-Stack oder einen Mainline-Kernel zu verwenden.
STS: Bei jedem Upgrade von einer Ubuntu-Version auf die nächste erhält man den neuesten Kernel. Damit ist die Funktionsfähigkeit neuer Hardware gewährleistet. Es kann aber passieren, dass ältere Hardware nicht mehr funktioniert.
Sowohl die LTS- als auch die STS-Versionen haben Vor- und Nachteile. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen:
Wer Wert auf Stabilität und Kontinuität legt, fährt mit einer LTS-Version besser – muss aber teilweise mit älteren Programmen arbeiten und profitiert nicht von neuen Funktionen. Bei neu entwickelter Hardware, die erst nach dem Erscheinen einer LTS-Version auf den Markt gekommen ist, kann es evtl. zu Problemen kommen.
Wer immer auf dem neuesten Stand sein möchte, ist mit den halbjährlich erscheinenden Versionen besser bedient – muss aber nach Support-Ablauf jedes halbe Jahr ein Upgrade auf die neueste Version durchführen. Außerdem kann es passieren, dass manche Dinge in der neuen Version anders sind und Programme eventuell Probleme verursachen können.
Welche Voraussetzungen und welche persönlichen Wünsche vorliegen, muss im Einzelfall entscheiden werden. Wer immer noch unsicher ist, dem hilft vielleicht ein Zitat von Mark Shuttleworth weiter, dem Begründer von Ubuntu:
"Our end-user community will be better served by higher-quality LTS [Long Term Support] releases that get additional, contained update during the first two years of their existence (i.e. as long as they are the latest LTS)."
Oder (verkürzt) auf Deutsch: Reine Anwender sollten die LTS-Versionen bevorzugen (Quelle: Let’s go faster while preserving what works best , 03/2013).
Durch die Verwendung der Live-CD oder eines Live-USB-Sticks kann man jederzeit eine neue Ubuntu-Version ausprobieren und somit folgende Punkte überprüfen:
Programm-Updates – Ist die neue Programmversion besser als die derzeitig verwendete?
Hardware-Unterstützung – Unterstützt der neue Kernel noch die komplette Hardware?
Releases Versionspolitik und Übersicht
Warum Long-Term-Support-Versionen (LTS) die besseren sind – Ikhaya 04/2014
LTS – Ziele einer LTS-Version
TrustyTahr/ReleaseSchedule – Entwicklungsplan von Ubuntu 14.04 Trusty Tahr
PrecisePangolin/ReleaseSchedule – Entwicklungsplan von Ubuntu 12.04 Precise Pangolin
What's the difference between a Long Term Support Release and a Normal Release? – Unterschiede zwischen LTS und STS mit weiteren Erklärungen
Diese Revision wurde am 5. März 2016 09:38 von Trumscheit erstellt.