Änne Koken (* 28. Mai 1885 in Hannover; † 19. April 1919 ebenda) war eine deutsche Malerin und Künstlerin. Sie war das zweite Kind des angesehenen Hannoveraner Malers Gustav Koken und dessen Ehefrau Bertha Marie Pauline Koken geb. Voges (1858–1944). Neben Landschaftsbildern und Stillleben entwarf Änne Koken Farbverglasungen, Kleidung, Buchschmuck und diverse Gebrauchsgrafik. Durch ihre Werke im Bereich der Gebrauchsgrafik und Reklamekunst, insbesondere für die Unternehmen Bahlsen, Günther Wagner und Appel Feinkost, erlangte Änne Koken große Bekanntheit.

Leben und Wirken

Änne Koken studierte in München-Planegg an der Schule für Malerei und Dekorative Kunst von Hans Eduard von Berlepsch-Valendas. Änne Koken stand zu der Zeit, als der Gedanke „Kunst in Handel und Industrie“ aktuell zu werden begann, in der ersten Reihe der deutschen Gebrauchsgrafiker:

„Das trotz der Kürze ihres Lebens umfangreiche Schaffen von Änne Koken auf so vielen verschiedenen Gebieten zeigt deutlich den allgemeinen Wandel der künstlerischen Betätigung um 1900: von der traditionellen Landschafts- und Stilllebenmalerei, der ‚wahren Kunst‘, zum Entwerfen von Plakaten, Reklame und Verpackungen für Industriewaren.“

1909 entwarf sie das Markenzeichen mit dem Hummer, das von dem Unternehmen Appel Feinkost noch heute in ähnlicher Form verwendet wird. Ein Jahr später (1910) kehrte sie nach Hannover zurück und eröffnete ihr eigenes Atelier an der Lavesstraße. Koken war zunächst künstlerische Mitarbeiterin und später Mitglied des künstlerischen Beirats bei dem Unternehmen Bahlsen. Die Gestaltung eines Plakats, das das Bahlsen-Verwaltungsgebäude an der Podbielskistraße darstellt und in diversen Zeitschriften Erwähnung fand, erfolgte 1911. Sie war bis 1919 für Bahlsen tätig. Zwischen 1910 und 1911 prägte sie mit ihren Entwürfen das Erscheinungsbild des Unternehmens entscheidend. Ab 1912 folgten Entwürfe für Kleidung, Hüte und Textilkunst, die ab diesem Zeitpunkt regelmäßig in der Zeitschrift Neue Frauenkleidung und Frauenkultur veröffentlicht wurden.

1913 erschien ein Artikel von Rudolf Bleistein über Änne Koken in der Zeitschrift Das Plakat. 1912 wurden ihre Arbeiten in der Großen Ausstellung in Hannover, 1914 auf der Deutschen Werkbundausstellung in Köln Glasmalereien im Haus der Frau und grafische Arbeiten im Bahlsen-Pavillon gezeigt. Im gleichen Jahr wurde sie zur Beisitzerin im Vorstand des Kestner-Museums gewählt. 1918 war sie an der ersten Ausstellung der Hannoverschen Sezession beteiligt, einer Sonderausstellung der Kestner-Gesellschaft. Als Mitglied des Vereins für Deutsche Frauenkleidung und Kultur setzte sich die Künstlerin für Frauenrechte ein.

Nach ihrer Heirat mit dem Juristen Karl Neudendorff 1917 führte sie den Namen Änne Neuendorff-Koken. Ein letzter Beitrag für die Zeitschrift Neue Frauenkleidung und Frauenkultur erschien in der Ausgabe Januar/Februar 1919.

Änne Koken starb am 19. April 1919 in ihrer Geburtsstadt Hannover an einer Lungenentzündung, zwei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter. Der hannoversche Kunstkritiker Christof Spengemann veröffentlichte in der Zeitschrift Niedersachsen einen Nachruf.

Literatur

  • Walter F. Schubert: Hannoversche Gebrauchs- und Kunstgraphik. In: Hannoverland, Jahrgang 1915, Heft 8, S. 101 ff.; Ann. Heft 9, S. 113 ff.
  • Christof Spengemann: Änne Koken †. In: Niedersachsen, 22. Jahrgang 1919, S. 234.
  • Christof Spengemann: Änne Koken. In: Neue Frauenkleidung und Frauenkultur, 15. Jahrgang 1919, Heft 5, S. 14 f.
  • Nekrolog Änne Koken. In: Der Cicerone, 11. Jahrgang 1919.
  • Das Plakat, 11. Jahrgang 1920, Heft 1, S. 3, S. 17, S. 24.
  • Bahlsen Keksfabrik KG (Hrsg.): Sonderband zum 75-jährigen Firmenjubiläum der Firma Bahlsen (1889–1964). Hannover 1964.
  • Hans Günther Reinstein: Bahlsen-Kekspackungen. In: Gebrauchsgraphik, 3. Jahrgang 1926, Heft 4, S. 64–65. (Digitalisat auf magazines.iaddb.org)
  • Koken, Änne. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 21: Knip–Krüger. E. A. Seemann, Leipzig 1927, S. 213.
  • Hiltrud Schroeder (Hrsg.): Sophie & Co. Bedeutende Frauen Hannovers. Biographische Portraits. Fackelträger Verlag, Hannover 1991, ISBN 3-7716-1521-6, S. 242 f.
  • Reiner Meyer: Die Reklamekunst der Keksfabrik Bahlsen in Hannover von 1889-1945. Dissertation, Georg-August-Universität zu Göttingen, 1999.
  • Hugo Thielen: Koken, (1) Änne. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 206 f.
  • Corinna Heins, Anne Jäger: Frauen in der List. Aenne Koken, Werbegraphikerin (1885–1919). In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Band 60 (2006), S. 242 f.
  • Gerda Breuer, Julia Meer (Hrsg.): Women in Graphic Design. 1890–2012 Frauen und Grafik-Design. Jovis, Berlin 2012, ISBN 978-3-86859-153-8, S. 487 und S. 489.
  • Gerda Breuer: Her Stories in Graphic Design. Dialoge, Kontinuitäten, Selbstermächtigungen. Grafikdesignerinnen 1880 bis heute. Jovis, Berlin 2023, ISBN 978-3-86859-773-8, S. 72–85, S. 299.

Quellen

  • Babette Kaiserkern: Änne Koken. Einführung in Leben und Werk. Vortrag am 17. Juni 2007 im Historischen Museum Hannover.
Commons: Änne Koken – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hugo Thielen: Koken, (1) Änne. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 362.
  2. Koken, Änne. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 21: Knip–Krüger. E. A. Seemann, Leipzig 1927, S. 213.
  3. Babette Kaiserkern: Änne Koken. Einführung in Leben und Werk. Vortrag am 17. Juni 2007 im Historischen Museum, Hannover.
  4. vergleiche Literatur
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