ABC-Transporter
Bänderdarstellung des Vitamine B12 transporter-like ABC transporters (BtuCD) nach PDB 1l7v (blaue Linie = Extracellular face, rote Linie = Cytoplasmic face?)
Transporter-Klassifikation
TCDB 3.A.1
Bezeichnung ABC-Transporter Superfamilie
Enzymklassifikation
EC, Kategorie 3.6.3.-, Hydrolase
Substrat Substrat (in/out) + ATP
Produkte Substrat (out/in) + Adenosindiphosphat + Phosphat

ABC-Transporter bilden eine große Familie von Membranproteinen, die als gemeinsames Strukturelement eine ATP-bindende Kassette (von englisch: ATP binding cassette, ABC) besitzen und spezifische Substrate aktiv über eine Zellmembran transportieren.

Allgemeines

Wenn die Substrate von ABC-Transportern gegen einen Konzentrationsgradienten transportiert werden, muss für den Vorgang Energie aufgewandt werden; das geschieht durch die Bindung und Hydrolyse von ATP an der ABC-Einheit. ABC-Transporter gehören damit zu den primär aktiven Transportern einerseits und zu den membranständigen ATPasen andererseits.

Die ABC-Transporter-Superfamilie umfasst eine der größten bekannten Proteinfamilien, mit Mitgliedern in fast jedem Organismus, vom Bakterium bis zum Säugetier. Auch Pflanzen besitzen ABC-Transporter. Die ABC-Transporter werden im Menschen in den meisten sezernierenden Epithelien, einschließlich Leber und Darm, exprimiert. Die ABC-Transporter rückten in den letzten Jahren in das Licht des Interesses, als erkannt wurde, dass sie eine beträchtliche medizinische, industrielle und ökonomische Bedeutung haben. So spielen sie eine große Rolle bei Resistenzen von potentiell pathogenen Bakterien gegen Antibiotika und Antimykotika und bei Pflanzen bei der Resistenz gegen Herbizide. Beim Menschen können Mutationen in einem Gen, das für einen ABC-Transporter kodiert, zu verschiedenen Stoffwechselkrankheiten führen. Starke Expression der ABC-Transporter in Tumorgeweben lässt oft die Chemotherapie fehlschlagen.

Alle eukaryotischen ABC-Transporter sind Exporter. Einige sind sehr substratspezifisch, andere multispezifisch. Alle ABC-Transporter sind aktive Transporter, da die ATP-Bindung und -Hydrolyse den Transportprozess antreiben. Eine bekannte Ausnahme ist CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator), da die ABC-Casette lediglich das Öffnen und Schließen des Chlorid-Ionenkanals steuert. Der CFTR ist also ein Chlorid-Ionenkanal mit einem Sulphonylrezeptor (SUR1) der als Regulator des Ionenkanals dient. Die Mutation beider Allele des CFTR-Gens führt zur sog. zystischen Fibrose (Mukoviszidose). Dabei entsteht ein zäher Schleim in der Lunge und im Verdauungstrakt, was eine Neigung zu Infektionskrankheiten bewirkt.

Normalerweise liegt ein eukaryotischer ABC-Transporter als Dimer vor, wobei jedes der Monomere aus einer hydrophoben Transmembran-Domäne (TMD) und einer hydrophilen, die ATP-bindende-Kassette enthaltenden Domäne besteht. Die hydrophobe Permeasedomäne vermittelt den Transport des Substrats und ist für die Spezifität verantwortlich. Beim Menschen sind die meisten der bisher 49 bekannten ABC-Transporter jedoch Monomere, die aber ebenfalls aus insgesamt zwei TMD und zwei ATP bindenden Kassetten bestehen. Prokaryotische ABC-Transporter sind in der Regel Tetramere aus zwei membrandurchspannenden Permeaseuntereinheiten, die den eigentlichen Transport bewerkstelligen, und zwei ATPaseuntereinheiten. Nach derzeitigem Erkenntnisstand binden die ATPaseuntereinheiten spezifisch „ihre“ Permeaseuntereinheit. Ein funktioneller Transporter kann sowohl zwei verschiedene PermeaseUEs und ATPaseUEs, als auch aus zwei Homodimeren, oder aus einer Kombination von Homo- und Heterodimeren bestehen.

Unterfamilien und Mitglieder

Die Familie der menschlichen ABC-Transporter lässt sich in sieben Unterfamilien (ABCA-G) mit insgesamt 49 verschiedenen Genen und 21 verschiedenen Pseudogenen einteilen.

Name der UnterfamilieMitglied (Genname)Codierendes Chromosom
ABCA ABCA1 9
ABCA2 9
ABCA3 16
ABCA4 1
ABCA5 17
ABCA6 17
ABCA7 19
ABCA8 17
ABCA9 17
ABCA10 17
ABCA12 2
ABCA13 7
ABCB ABCB1 7
ABCB2 6
ABCB3 6
ABCB4 7
ABCB5 7
ABCB6 2
ABCB7 X
ABCB8 7
ABCB9 12
ABCB10 1
ABCB11 2
ABCC ABCC1 16
ABCC2 10
ABCC3 17
ABCC4 13
ABCC5 3
ABCC6 16
ABCC7 7
ABCC8 (=SUR1-Untereinheit des ATP-sensitiven Kaliumkanals) 11
ABCC9 12
ABCC10 6
ABCC11 16
ABCC12 16
ABCC13 21
ABCD ABCD1 X
ABCD2 12
ABCD3 1
ABCD4 14
ABCE ABCE1 4
ABCF ABCF1 6
ABCF2 7
ABCF3 3
ABCG ABCG1 21
ABCG2 4
ABCG4 11
ABCG5 2
ABCG8 2

Erbkrankheiten

Defekte in der Funktion der ABC-Transporter können verschiedenste Erkrankungen auslösen. Dazu zählen die zystische Fibrose (Mukoviszidose), Tangier-Krankheit, Adrenoleukodystrophie und spezielle Formen der spinocerebellären Ataxie.

Ein Defekt in ABCC11 ist dagegen weltweit ausgesprochen häufig. Beispielsweise bei nahezu 100 % der koreanischen Bevölkerung. Der Defekt führt zu keiner Erkrankung, sondern bewirkt unter anderem, dass die Träger dieses Merkmals einen nur sehr schwachen Körpergeruch und weißen, trockenen Ohrenschmalz haben.

Multiple Drug Resistance

Der MDR1-Transporter ist der erste im Menschen charakterisierte ABC-Transporter. MDR steht für Multiple Drug Resistance und bedeutet etwa „Resistenz gegen mehrere Medikamente“. Am Transporter beteiligt sind das Multiple Drug Resistance Protein 1 (MDR 1) und das Multidrug Resistance-Related Protein 1 (MRP1).

MDR-Transporter kommen u. a. in der Blut-Hirn-Schranke, aber auch in Tumorzellen vor.

In der Blut-Hirn-Schranke verhindert dieser Transportertyp beispielsweise die zentrale Wirkung von Loperamid, einem Opioid.

In Krebszellen kann der Transporter eine unerwünschte Wirkung entfalten. Krebszellen mit hoher MDR-Expression können im Rahmen einer Chemotherapie eine erhöhte Toleranz gegenüber Cytostatika aufweisen.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vasilis Vasiliou, Konstandinos Vasiliou und Daniel W. Nebert: Human ATP-binding cassette (ABC) transporter family. In: Human Genomics. 3. Jahrgang, Nr. 3, 2009, S. 281–290, doi:10.1186/1479-7364-3-3-281, PMC 2752038 (freier Volltext).
  2. T. Ishikawa, Y. Toyoda u. a.: Pharmacogenetics of human ABC transporter ABCC11: new insights into apocrine gland growth and metabolite secretion. In: Frontiers in genetics. Band 3, 2012, ISSN 1664-8021, S. 306, doi:10.3389/fgene.2012.00306, PMID 23316210, PMC 3539816 (freier Volltext). (Open Access)
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