Eine Territorialabtei oder Gebietsabtei (lateinisch abbatia territorialis; historische Bezeichnungen: abbatia nullius (dioecesis), Gefreite Abtei, Exem(p)te Abtei) ist eine römisch-katholische Abtei mit bistumsähnlicher Funktion. Sie gilt als eigene Teilkirche und kann immediat oder einer Kirchenprovinz zugeordnet sein. Ihr Abt besitzt die Jurisdiktionsgewalt eines Bischofs, nicht aber dessen Weihegewalt. Er ist Mitglied der örtlichen Bischofskonferenz.
Neuere Entwicklung
Die Zahl der Territorialabteien wird seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vom Heiligen Stuhl weitestgehend reduziert. Ziel ist die Entflechtung von monastischen und diözesanen Aufgaben. In der katholischen Kirche gibt es heute weltweit noch elf Territorialabteien.
Im Jahre 2002 wurde das Territorium der traditionsreichen italienischen Benediktinerabtei Subiaco bis auf einen kleinen Rest den umliegenden Bistümern zugeschlagen. Die Bezeichnung ‚Territorialabtei‘ ist hier seitdem nur noch ein Titel mit rein symbolischem und historischem Wert. So beschränkt sich z. B. das Territorium der Territorialabtei Subiaco lediglich noch auf die Abtei selbst.
Ebenso wurde 2014 das bis dato 53 Pfarreien umfassende Gebiet der benediktinischen Erzabtei Montecassino dem Bistum Sora-Aquino-Pontecorvo zugeschlagen und das Territorium Montecassinos auf das eigentliche Abteiareal beschränkt. Titel und Vollexemtion einer Gebietsabtei bleiben dem Erzkloster der Benediktiner jedoch erhalten.
Die römische Territorialabtei San Paolo fuori le Mura musste 2005 das von ihr betreute Seelsorgeterritorium abgeben. Hier wurde die ehemalige Territorialabtei zu einer normalen Abtei abgestuft. Auf der Liste der möglicherweise aufzugliedernden Territorialabteien stehen weitere alte Klöster, darunter die italienischen Abteien Monte Oliveto, Montevergine und Santissima Trinità di Cava de’ Tirreni.
Die zisterziensische Territorialabtei Claraval in Brasilien wurde im Dezember 2002 aufgelöst und das „diözesane“ Gebiet dem Bistum Guaxupé eingegliedert. Die Zisterzienserabtei besteht als normales Kloster weiter.
Derzeitige Territorialabteien
Italien
- Santa Maria di Grottaferrata, Basilianer
- Monte Oliveto Maggiore, Benediktiner
- Montecassino, Benediktiner
- Montevergine, Benediktiner
- San Benedetto, Santa Scolastica, Subiaco, Benediktiner
- Santissima Trinità di Cava de’ Tirreni, Benediktiner
Österreich
Schweiz
- Maria Einsiedeln, Benediktiner
- Abtei Saint-Maurice, Regulierte Chorherren des hl. Augustinus (CRSA)
Die Veränderung dieser Territorialabteien ist vorerst unwahrscheinlich, da sich die Schweizer Kantone ein Mitspracherecht bei der diözesanen Gliederung vorbehalten.
Ungarn
- Pannonhalma, Benediktiner
Nordkorea
Ehemalige Territorialabteien
Albanien
- Territorialabtei Shën Llezhri i Oroshit (Orosh) / Sant’ Alessandro di Orosci – Franziskaner, in Mirditë, 1888–1996, Territorium dem neugegründeten Bistum Rrëshen überwiesen
Australien
- Abtei New Norcia – Benediktiner, in New Norcia, West-Australien, 1867–1982, Territorium an das Erzbistum Perth übergeben
Brasilien
- Nossa Senhora do Monserrate do Rio de Janeiro – Benediktiner, in Rio de Janeiro, 1907–1934, 1948–2003, dem Erzbistum São Sebastião do Rio de Janeiro angegliedert
- Mosteiro Cisterciense de Claraval – Zisterzienser, in Claraval, Minas Gerais, 2002 aufgelöst, Territorium dem Bistum Guaxupé angegliedert
Deutschland
- Berchtesgaden – Augustiner-Chorherren, 1102/05–1385 und wieder ab 1404 päpstliches Eigenkloster, 1455–1803 Vollexemtion, 1803 säkularisiert, 1817 als geistliches Territorium an das Erzbistum München und Freising und Bistum Passau
- Corvey – Benediktiner, in Höxter, 1779–1792, dann Fürstbistum bis zur Säkularisation 1803
Frankreich
- Cluny – Benediktiner, 998 exemt (unter Abt Odilo), 1790 faktisch aufgelöst, 1962 formal mit dem Bistum Autun vereint
Italien
- San Paolo fuori le Mura (St. Paul vor den Mauern) – Benediktiner, in Rom, 2005 aufgelöst, Territorium dem Bistum Rom angegliedert
- Kloster San Martino al Cimino – Zisterzienser, in Viterbo, seit 1564 gefreite Abtei, 1936 dem Bistum Viterbo angegliedert
- Santuario della Madonna di Polsi – Basilianer, bei San Luca, Kalabrien, 1920 dem Bistum Locri-Gerace angegliedert
- San Michele Arcangelo di Montescaglioso – Benediktiner, in Montescaglioso, Basilicata, abbatia nullius von 1910 bis 1954
- Abtei Nonantola – Benediktiner, in Nonantola bei Modena, bis 1820
Kanada
- Saint Peter-Muenster – Benediktiner, Muenster, Saskatchewan, 1921–1998, Territorium an das Bistum Saskatoon
Luxemburg
- St. Mauritius und St. Maurus – Benediktiner, in Clerf, 1937–1944
Spanien
- Las Huelgas – Benediktiner (Frauenkloster), 1189–1873
Südafrika
- Sacred Heart Abbey Pietersburg – Benediktiner, in Polokwane, 1939–1988, Territorium zur Diözese erhoben → Pietersburg/Polokwane
Tanganjika / Tansania
- Territorialabtei Lindi – Missionsbenediktiner, in Lindi, 1927–1931, dann transferiert nach
- Territorialabtei Peramiho – Missionsbenediktiner, in Peramiho, 1931–1969
- Territorialabtei Ndanda – Missionsbenediktiner, in Ndanda, 1931–1972
USA
- Belmont-Mary Help of Christians – Benediktiner, in Belmont, North Carolina, 1910–1977, dann in das Bistum Charlotte eingegliedert
Siehe auch
Literatur
- Dieter Albrecht: Art. Berchtesgaden, in: LThK, 3. Aufl., Bd. 2, Freiburg 1994, Sp. 243;
- Benedikt XVI.: Motu Proprio Die altehrwürdige Basilika für die Basilika St. Paul vor den Mauern und ihren exterritorialen Bereich vom 31. Mai 2005.
- Basilius Doppelfeld: Art. Belmont (North Carolina), in: LThK, 3. Aufl., Bd. 2, Freiburg 1994, Sp. 194;
- Ilona Riedel-Spangenberger: Grundbegriffe des Kirchenrechts. Paderborn 1992 [Artikel »Abt« und »Teilkirche«];
- {Päpstliche Jahrbücher}: Annuario Pontificio per l’anno 1947, Vatikanstadt 1947; Annuario Pontificio per l’anno 1966, Vatikanstadt 1966; Annuario Pontifico per l’anno 2003, Vatikanstadt 2003; Annuario Pontificio per l’anno 2010, Vatikanstadt 2010;
- Oskar Stoffel: Art. Praelatura territorialis und Abbatia territorialis, in: LThK, 3. Aufl., Bd. 8, Freiburg 1999, Sp. 483 f;
- Oskar Stoffel: Art. Praelatura territorialis und Abbatia territorialis, in: Lexikon des Kirchenrechts, Freiburg 2004, Sp. 774 f;