Abendliche Häuser ist ein Roman von Eduard von Keyserling, der 1914 bei Fischer, Berlin erschien. Im selben Jahr wurde er in der neuen Rundschau veröffentlicht.

Die junge Baronesse Fastrade von der Warthe verlobt sich mit dem jungen Baron Dietz von Egloff, einem notorischen Spieler. Als er sie braucht, kann sie ihm nicht helfen, weil sie sich zuvor von ihm losgesagt hat.

Häuser

Auf dem Lande, in Paduren, Sirow, Barnewitz und Witzow, nicht weit entfernt vom Städtchen Grobin, liegen die Schlösser bzw. Landgüter alteingesessener Adelsfamilien.

Figuren

Paduren

  • Baron Siegwart von der Warthe, Schlossherr
    • Baronesse Fastrade von der Warthe, seine Tochter

Sirow

  • Baronin Egloff
    • Baron Dietz von Egloff, ihr Sohn

Barnewitz

  • Baronin Dachhausen
    • Baron Fritz von Dachhausen, Gutsbesitzer, Offizier, ihr Sohn
    • Baronin Lydia (auch: Liddy) von Dachhausen (geborene Birkmeier, Fabrikantentochter), ihre Schwiegertochter

Witzow

  • Baron Port auf Witzow
    • Baronesse Gertrud Port, seine Tochter

Die Generation der Väter und Mütter trauert den alten Zeiten nach und resigniert. Fastrades Tante, die Baronesse Arabella, umschreibt die Situation der Alten so: „Wir haben nichts anderes zu tun, als zu sitzen und zu warten, bis eines nach dem anderen abbröckelt“. Fastrades Bruder Bolko kam bei einem Duell um. Seither ist der Vater, Baron Siegwart von der Warthe, ein gebrochener Mann. Zwar verficht Warthe immer noch seine Ansichten, doch jene Entscheidungen, die die Tochter allein betreffen, überlässt er ihr.

Egloffs Mutter, die alte Baronin Egloff, repräsentiert gern. Als sie ein großes Souper für die feine Gesellschaft im Umkreis gibt, belehrt sie die künftige Schwiegertochter Fastrade wortreich, wie man als Frau des Hauses so ein Ereignis vorbereitet, um den Ablauf fest im Griff zu haben. Als der sorgfältig vorbereitete Abend damit endet, dass die Herren und besonders Egloff im Spielzimmer an einen Russen verlieren und darüber ihre Damen ganz vernachlässigen, ist es aus mit der „ehrwürdigen Liebenswürdigkeit“. Auf einmal steht die Baronin da – mit einem Gesicht, „alt und angstvoll“. Gegenüber dem Sohn betont die Mutter, so lange sie noch da sei, sehe sie ihm alles nach.

Die Baronin Dachhausen hat das Regiment den jungen Leuten überlassen. Zusammen mit der Tochter Adine und den alten Möbeln ist sie nach Grobin verzogen. Sobald Dachhausen vorbeischaut, wird er von Mutter und Schwester verwöhnt und kann sich gehen lassen.

Baron Port auf Witzow ist Warthes alter Freund. Port sucht Warthe des Öfteren auf. Er verbreitet, im Verein mit seiner Tochter Gertrud, Klatsch und Tratsch.

Handlung

Im Roman geht es um Egloffs Generation. Das sind die Jungen, neben Egloff also noch Fastrade, Lydia, Dachhausen und Gertrud. Egloff sagt einmal zu Fastrade: „An meiner ganzen Generation hier in der Gegend ist etwas versäumt worden. Es war wohl dein Vater, der gern von dem heiligen Beruf sprach, die Güter seiner Väter zu erhalten“. Dafür hat der junge Egloff überhaupt keinen Sinn. Von Fastrade gefragt, warum er seine Waldungen am Spieltisch leichtsinnig verjubele, entgegnet er nach kurzem Besinnen, das wisse er auch nicht. Nach längerem Besinnen meint er, das Besondere am Spiel sei doch, dass Entscheidungen sofort getroffen werden – ganz im Gegensatz zum Alltag, an dem sich kaum etwas ändere. Vererben will Egloff nichts. Wem auch? Trotzdem wirbt Egloff um Fastrade und wird erhört. Fastrade möchte den Verlobten von seiner Spielleidenschaft heilen und insistiert auf Besserung; nimmt ihn ins Gebet. Egloff, um Antwort nie verlegen, bringt die Rede auf die Vergangenheit seiner Verlobten: Wie war das mit dem Kandidaten, dem Hauslehrer Arno Holst: „Hast du den geliebt?“ kehrt er den Spieß um. Fastrade hat nichts zu verbergen. Sie verließ seinerzeit Paduren, eilte Holst hinterher und blieb ihm treu. Als aber der Bruder Bolko umgekommen war, tat ihr der Vater leid und sie kehrte heim. Egloff lässt nicht locker und definiert Fastrades Liebe: „Du willst erziehen, die Liebe ist bei dir ein pädagogischer Trieb, ein Gouvernantentrieb“. Lieben heißt für Fastrade helfen. Egloff aber möchte nur geliebt werden. Trotz aller Differenzen und Schwierigkeiten macht Fastrade etwas aus ihrem Verlöbnis. Sie trifft sich mit Egloff im Walde. Zu Hause dann trauen die beiden Alten, der Vater und die Tante, ihren Ohren kaum – Fastrade singt.

Mitunter trifft Fastrade mit der „kränklichen“ Gertrud Port zusammen. Gertrud ist auch so eine wie Fastrade, die „draußen“ war. „Was hat es geholfen? Ihr kommt ja doch zurück, ihr könnt dort ja nicht leben“, wird ihr vorgeworfen. Das stimmt offenbar. Gertrud war in Dresden auf der „Singschule“ und kam mit „kaputten Nerven“ zurück. Gertrud liebt den verheirateten Dachhausen. Es ist eine einseitige, unglückliche Liebe.

Egloff hat seit längerem ein Verhältnis mit Lydia. Der Ehemann Dachhausen, ein Schulfreund Egloffs, kommt dem heimlichen Liebespaar erst auf die Schliche, nachdem ein Vorkommnis ihn stutzig gemacht hat. Die geliebte Ehefrau Lydia wird nämlich ohnmächtig, nachdem sie von der Verlobung von Fastrade mit Egloff erfahren hat. Als das zarte Geschöpf wieder zu sich gekommen ist, findet es sich keinesfalls mit den neuen Gegebenheiten ab, sondern geht in die Offensive. Lydia hängt an Egloff wie eine Klette. Sie teilt ihm in einer furiosen Aussprache den Ort mit, an dem sie jeden Abend auf ihn warten wird. Der frisch Verlobte reitet schließlich hin. Das Unheil nimmt seinen Lauf.

Dachhausen hält sein Gut in Schuss und ist beim Personal gefürchtet. Die Affäre seiner abgöttisch geliebten Frau allerdings bringt ihn fast um den Verstand. Er spürt den beiden Turteltauben nach und ertappt sie. Dachhausen weist die Gattin aus dem Hause. Auf dem Wege zu ihrer Mutter geht Lydia in Paduren bei Fastrade vorbei und beichtet ihr. Der eigentliche Grund ihres Kommens: Fastrade soll den Geliebten retten. Lydia fürchtet, der Offizier a. D. Dachhausen wird Egloff im Duell töten. Fastrade gibt Egloff den Verlobungsring zurück: „Nun aber gehörst du nicht mehr zu mir“, sagt sie. Beim Duell stirbt Dachhausen an einem „Lungenschuß“. Egloff wollte den Schulfreund gar nicht treffen und zetert: Wenn Dachhausen umgekehrt ihn getroffen hätte, wäre alles gut. Dann würde Fastrade ihn bedauern. Egloff, der Spieler, hoffnungslos verschuldet, erschießt erst sein braves Pferd und dann sich. Fastrade klagt, sie habe den Verlobten verlassen, als er in Not war.

Außer den Ports auf Witzow hat jedes Haus einen jungen Toten zu betrauern.

Literatur

Quelle
  • Eduard Graf von Keyserling: Abendliche Häuser. Roman. 175 Seiten. Göttingen 1998, ISBN 978-3-88243-614-3
Ausgaben
  • Eduard Graf von Keyserling: Abendliche Häuser. Roman. 116 Seiten. Zenodot Verlagsgesellschaft 2007, ISBN 978-3-86640-189-1
Sekundärliteratur
  • Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900 - 1918. S. 365–366. München 2004
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A – Z. S. 331. Stuttgart 2004. 697 Seiten

Einzelnachweise

  1. Steffen Brondke: Journal- und Bucherstdrucke der literarischen Texte Keyserlings. In: Eduard von Keyserling und die Klassische Moderne (= Abhandlungen zur Literaturwissenschaft). J.B. Metzler, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-476-04892-9, S. 287–290, doi:10.1007/978-3-476-04892-9_19.
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