Agatha Streicher (auch Agathe Streicher) (* 1520; † 1581) war die erste anerkannte deutsche Ärztin.

Leben und Wirken

Agatha Streicher war die einzige niedergelassene Ärztin im reichsstädtischen Ulm. Obwohl sie als Frau keine Universität besuchen konnte, besaß sie ein profundes medizinisches Wissen (eventuell über ihren Bruder Hans Augustin erworben, der promovierter Arzt war). 1561 leistete sie den Arzteid auf die Ulmer Ordnung. Ihre Heilerfolge waren weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Zahlreiche hochstehende Persönlichkeiten, etwa die Prinzessin von Hohenzollern oder der Bischof von Speyer, reisten nach Ulm, um sich von ihr behandeln zu lassen. Als höchste berufliche Anerkennung wurde sie 1576 an das Krankenbett von Kaiser Maximilian II. nach Regensburg berufen, wohin sie auf einem vom Ulmer Rat eigens ausgerüsteten Floß donauabwärts reiste. Wenngleich sie den Kaiser nicht mehr heilen konnte, war es ihr doch möglich, sein Leiden zu lindern, und sie soll bis zu seinem Tod an seinem Sterbebett geblieben sein.

Agatha Streicher blieb unverheiratet und war auch als Geschäftsfrau erfolgreich und eine wichtige Kreditgeberin für die Stadt Ulm, widmete sich jedoch auch karitativen Aufgaben. Wegen ihrer religiösen Überzeugung als Anhängerin der Schwenckfeldschen Lehre (einer spiritualistischen Bewegung) war sie aber auch Anfeindungen ausgesetzt.

Die Schriftstellerin Ursula Niehaus verarbeitete ihr Leben in dem Roman Die Stadtärztin.

Ehrungen

  • Agathe-Streicher-Weg in Ulm
  • Wagen der Straßenbahn Ulm mit ihrem Namen
  • Gedenk-Stele auf dem Hans-und-Sophie-Scholl-Platz in Ulm
  • Stationäres Hospiz Agathe Streicher in Ulm

Literatur

  • Lore Sporhan-Krempel: Agatha Streicher. In: Ulm und Oberschwaben 35 (1958), S. 174–180.
  • Lore Sporhan-Krempel: Agatha Streicher. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken VII (1960), S. 52–61.
  • Lore Sporhan-Krempel: Agatha Streicher, Ärztin von Ulm (um 1520 – 1581). In: Diethard E. Klein (Hrsg.): Schwäbische Frauenbilder. Mühlacker 1986, S. 27–26.
  • K. Börchers: Ulmer Frauen haben eine Geschichte. 1992, S. 42–45
  • Ilse Schulz: Verwehte Spuren – Frauen in der Stadtgeschichte. Ulm, 1998
  • Lore Sporhan-Krempel: Agatha Streicher. In: Elisabeth Noelle-Neumann (Hrsg.): Baden-Württembergische Portraits, 1999, S. 16–22
  • Isabella Pfaff: Agatha Streicher. In: Lauter Frauen. Stuttgart, 2000, S. 161–163
  • Norbert Conrads: Anna Würster, die erste privilegierte Medizinerin Schlesiens (1657). In: Konrad Goehl, Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil zum 65. Geburtstag, Königshausen & Neumann, Würzburg 2000 (= Texte und Wissen, 3), S. 1–15; hier: S. 7–10.
  • Heinz-Peter Mielke: STREICHER, Agatha. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 29, Bautz, Nordhausen 2008, ISBN 978-3-88309-452-6, Sp. 1410–1411.
  • Ursula Niehaus: Die Stadtärztin, Roman, Knaur HC, 2014, ISBN 9783426663608
  • Eberhard J. Wormer: Streicher, Agatha. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 533 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Gundolf Keil: Streicher, Hans Augustin. In: Nachträge zum Verfasserlexikon. Hrsg. von Gerhard Eis und Gundolf Keil. Studia neophilologica 43, 1971, 2, S. 420–423
  2. Artikel von Sabrina Schatz: Die Geschichte der Stadtärztin Agathe Streicher, Südwest Presse Ulm, 8. Mai 2015 (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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