Die Aktion Gitter, tschechisch akce Mříže, war eine umfangreiche Verhaftungsaktion der Gestapo unmittelbar nach der sogenannten Zerschlagung der Rest-Tschechei und Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren im Frühjahr 1939. Sie richtete sich allgemein gegen alle missliebige Personen, speziell sollte sie jedoch den aufkeimenden organisierten Widerstand schwächen.
Fünf Jahre später, nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler, erfolgte in Deutschland eine gleichnamige Verhaftungswelle Aktion Gitter.
Verlauf
Im Zuge des Einmarsches der Wehrmacht nach Böhmen und Mähren am 15. März 1939 kamen auch die Gestapo und der SD in das neu errichtete Protektorat. Bei der Durchführung der Unterdrückungsmaßnahmen konnten sie sich auf Konrad Henlein und seine Sudetendeutsche Partei stützen, welche bei dieser Operation eine besonders wichtige Rolle spielten; die tschechische Polizei war allerdings ebenfalls zum Teil sehr aktiv tätig, nur ausnahmsweise wurden entsprechende Befehle sabotiert. Diese erste Verhaftungswelle im Protektorat richtete sich gegen Sozialdemokraten und Kommunisten, antifaschistische und linksorientierte Intellektuelle, deutsche Emigranten, Juden und Offiziere der tschechoslowakischen Armee. Als Unterlagen dienten verschiedene bereits früher besorgte Listen wie auch Verzeichnisse, die bei der lokalen Polizei beschlagnahmt wurden.
Zur Anzahl der Verhafteten sind nur leicht abweichende Angaben zu finden. Die Zahl der Verhafteten zum 16. März 1939 in Böhmen wird meist mit etwa 4.376 angegeben, für Mähren dann ungenau mit 1.500 bis 2.000 Personen, was auf etwa 5.800 bis 6.400 Personen im Gebiet des Protektorats hinauslaufen würde.
Konkrete Zahlen über die regionale Verteilung der Verhaftungen sind dagegen selten. Nach einer Quelle lässt sich folgende unverbindliche Übersicht machen: Prag 2.490 Personen, Budweis 343 Personen, Pilsen 480 Personen, Kolín 650 Personen, Pardubice 405 Personen, Mähren (gesamt) etwa 2.000 Personen. Für Böhmen ergibt dies 4.368 Personen, was mit anderen Quellen gut übereinstimmt. Es handelt sich dabei um gemeldete Zahlen der Einsatzkommandos, so dass sie nicht nur die jeweilige Stadt betreffen, sondern auch die (nicht näher bekannte) Umgebung.
Personen, die nicht mit dieser Aktion erfasst werden konnten, wurden am 1. September 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkrieges in der sogenannten Aktion Albrecht I. verhaftet. Es handelte sich um bis zu 2.000 Personen, die als „Geisel“ im KZ Buchenwald und teilweise im KZ Dachau interniert wurden. Später fanden weitere Verhaftungswellen zu verschiedenen Anlässen statt.
Einzelnachweise
- 1 2 3 Einlieferung nach Dachau und Lebensbedingungen im Lager / Terrorwellen, Portal haGalil.com, Jüdisches Leben online, online auf: www.hagalil.com, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- 1 2 Pravda o letech 1938–1948 v Libochovicích, online auf: noviny.libochovice.cz (Memento des vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , tschechisch, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- 1 2 Rukojmí, Beitrag des Český svaz bojovníků za svobodu, online auf: www.zasvobodu.cz (Memento vom 24. Mai 2008 im Internet Archive), tschechisch, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- ↑ Dějiny zemí Koruny české v datech, online auf: www.libri.cz/databaze, tschechisch, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- 1 2 Od Mnichova k válce, Begleittext zu einer Ausstellung, hrsg. vom ÚSTR Prag, online auf: www.ustrcr.cz, tschechisch, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- 1 2 Akce "Gitter" v Protektorate, ein Forumbeitrag, online auf: www.palba.cz, tschechisch, abgerufen am 23. Oktober 2010.
- ↑ so bei Andrea Löw (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung) Band 3: Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren, September 1939–September 1941, München 2012, ISBN 978-3-486-58524-7, S. 638 passim / Stefanie Schüler-Springorum stellt diese Aktion unter der Bezeichnung Aktion Gewitter dar: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 1: Die Organisation des Terrors. C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52961-5, S. 162.