Albert Wilhelm Riesterer (* 21. März 1898 in Grafenhausen; † 20. Februar 1996 in Überlingen) war ein deutscher römisch-katholischer Pfarrer und Heimatforscher, der von 1941 bis 1945 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war.

Leben und Wirken

Albert Riesterer war von 1934 bis 1976 katholischer Pfarrer in Mühlhausen im Hegau und danach bis 1984 in Dingelsdorf am Bodensee. Wegen seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus war er von 1941 bis 1945 als einer von 23 Geistlichen aus der Freiburger Erzdiözese im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Er war „Volkspfarrer, Dachau-Priester, Hüter des Poppelegrabes, Heimatforscher, Freund der Jugend im Hegau und am See, Ehrenbürger von Mühlhausen-Ehingen“, Autor und Geistlicher Rat in der Erzdiözese Freiburg.

Vorladungen und Verhaftungen

Mit besonderer Liebe und Befähigung hatte Riesterer sich in der Seelsorge der heranwachsenden Jugend angenommen. Daraus erwuchsen ihm seitens der Gestapo viele Schwierigkeiten und Vorladungen.

Am 1. Juli 1941 machte er sich mit den Ministranten seiner Pfarrei Mühlhausen bei Engen auf nach dem „Heiligtum der herben Muttergottes“ von Schenkenberg, um mit ihnen am Fest Mariä Heimsuchung dem Wallfahrtsgottesdienst beizuwohnen. In Zelten wollte man die Nacht verbringen. Da tauchte nachts um 10 Uhr unverhofft die vom Ortslehrer angestiftete Gestapo auf. Aus dem Zelt weg verschleppte sie im Auto den Pfarrer in das Polizeigefängnis nach Singen. Dort gab er zu Protokoll, die Glaubensbedrohung in der Schule zwinge ihn, auch weiterhin mit der Jugend in enger Fühlung zu bleiben.

Das Reichssicherheitshauptamt in Berlin begründete die Haft, „weil er die staatliche Jugenderziehung für eine Glaubensbedrohung hält und mit allen Mitteln und Kräften versucht, diese zu sabotieren“.

Nach einigen Wochen kam Riesterer in das Amtsgefängnis Konstanz. Am 2. Oktober 1941 setzte man ihn auf freien Fuß, wies ihn jedoch aus Baden und Hohenzollern aus. Auf der Staatspolizeileitstelle in Stuttgart suchte man ihn bei einer Unterredung zu ködern: „Kommen Sie zu uns, Sie bekommen sofort einen guten Posten in der Jugendbetreuung. Ziehen Sie den Priesterrock aus, und alles ist gut.“ Dies lehnte er als Zumutung ab.

Am 26. Oktober wurde er in Freudenstadt erneut in Schutzhaft genommen. Der kommissarische Bürgermeister von Mühlhausen, über die Anhänglichkeit der Gemeinde an ihren Pfarrer erbost, war eigens zu diesem Zweck nach Berlin gefahren.

Riesterer wurde am 14. November 1941 in Dachau eingeliefert. Gesuche der Kirchenbehörde und seiner 74-jährigen Mutter um Freilassung blieben erfolglos. Seiner Mutter bedeutete die oberste Gestapo-Instanz:

„Ihr Sohn ist in seinen Predigten und in seinem sonstigen Verhalten in äußerst staatsabträglicher Weise in Erscheinung getreten. Im Interesse der Staatssicherheit wurde daher seine Festnahme erforderlich. Gerade in der gegenwärtigen Kriegszeit muß von allen deutschen Volksgenossen ein bedingungsloser Einsatz für den nationalsozialistischen Staat erwartet und alles unterlassen werden, was die innere Widerstandskraft unseres Volkes irgendwie schwächen könnte. Leider bietet das Verhalten Ihres Sohnes noch nicht die Gewähr dafür, daß er diesen selbstverständlichen Pflichten im Falle seiner Freilassung nachkommen wird.“

Erst das Vordringen der alliierten Armeen brachte ihm am 11. April 1945 die Befreiung.

Pfarrer-Albert-Riesterer-Preis

In der Gemeinde Mühlhausen-Ehingen ist es Tradition, dass der Gemeinderat in seiner 1. Sitzung nach der Sommerpause die Preisträger des „Pfarrer-Albert-Riesterer-Preises“ würdigt. Der Namensträger des Preises war ein Freund und Förderer der Jugend. Das Leben von Pfarrer Albert Riesterer, der während der NS-Diktatur mehrere Jahre im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war, war geprägt durch das Motto „In frohem Slalom durch’s Leben“. Der Preis ist auch ein Aufruf an die jungen Menschen, sich für ein Leben in der Gemeinschaft zu engagieren.

Albert-Riesterer-Straße

In Mühlhausen-Ehingen gibt es eine Albert-Riesterer-Straße, in Dingelsdorf (Ortsteil von Konstanz) einen Albert-Riesterer-Weg.

Werke

  • „Es ist der Herr“ – Gott ist die Liebe, in: Konrad Hofmann, Reinhold Schneider, Erik Wolf (Hrsg.): Sieger in Fesseln. Christuszeugnisse aus Lagern und Gefängnissen (Das christliche Deutschland 1933–1945, Gemeinschaftliche Reihe, Heft 1), Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 1947, S. 18–25.
  • Die stärkste Macht. [Roman], Donauwörth: Cassianeum 1950.
  • Es wird ein großes Feuer brauchen. Erzählung aus dem Leben, Konstanz: Merk [1959].
  • Auf der Waage Gottes. Bericht des Priesters Albert Riesterer über seine Erlebnisse in der Gefangenschaft 1941 bis 1945, in: Zeitschrift des Kirchengeschichtlichen Vereins für Geschichte, Kirchliche Kunst, Altertums- und Literaturkunde des Erzbistums Freiburg mit Berücksichtigung der angrenzenden Bistümer 90 (1970) 198–250 (online abrufbar).
  • Dingelsdorf. Land und Leute, Stockach: Pestalozzi-Druck 1978, 3. Auflage 1988.
  • Damals in Nazaret. Jesus-Geschichten für Kinder, München: Don-Bosco-Verlag 1989.

Literatur

  • Otto Riedmüller: Und trotzdem: In frohem Slalom durch‘s Leben – Albert Riesterer. Beiträge von und über den Volkspfarrer, Dachau-Priester, Hüter des Poppelegrabes, Heimatforscher, Freund der Jugend im Hegau und am See, Ehrenbürger von Mühlhausen-Ehingen, Mühlhausen-Ehingen: Pfarrei St. Peter und Paul 1999; Inhaltsverzeichnis: (online).
  • Bernhard Gedrat: Albert Riesterer (1898–1996). In frohem Slalom durchs Leben (online)
  • Eike Lossin: Katholische Geistliche in nationalsozialistischen Konzentrationslagern. Frömmigkeit zwischen Anpassung, Befehl und Widerstand, Würzburg: Königshausen & Neumann 2011.

Einzelnachweise

  1. Wer war Popolius Maier, Burgvogt auf Hohenkrähen? poppele.de. Abgerufen am 23. Februar 2018.
  2. Otto Riedmüller: Und trotzdem ..., 1999, Titelei.
  3. Riesterer: Damals in Nazaret ..., 1989, 4. Umschlagseite
  4. Konrad Hofmann, Reinhold Schneider, Erik Wolf (Hrsg.): Sieger in Fesseln. Christuszeugnisse aus Lagern und Gefängnissen (Das christliche Deutschland 1933–1945, Gemeinschaftliche Reihe, Heft 1), Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 1947, S. 17 f.
  5. Die Albert-Riesterer-Straße in Mühlhausen-Ehingen (online)
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