Alexander Tschugguel (* 24. Juni 1993 in Wien) ist ein österreichischer Aktivist des katholischen Traditionalismus. Er beteiligt sich an der Lebensrechtsbewegung, trat auf rechtsextremen Veranstaltungen auf, kritisiert den Klimaschutz und lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe ab.

Im November 2019 erlangte Tschugguel internationale Aufmerksamkeit, als er während der Amazonas-Synode fünf Statuen, welche die südamerikanische Erdgottheit Pachamama darstellten, aus der römischen Kirche Santa Maria in Traspontina entwendete und sie als angebliche Götzenstatuen von der Engelsbrücke in den Tiber warf.

Familie und Jugend

Tschugguel ist ein Mitglied der Familie Tschugguel. Die Familie war überwiegend römisch-katholisch, bis Tschugguels Urgroßvater nach Angaben seines Urenkels zum Luthertum konvertierte. Tschugguel wurde im lutherischen Glauben erzogen. Im Jahr 2008 konvertierte er mit fünfzehn Jahren zum Katholizismus. Er ist ein Vertreter des katholischen Traditionalismus und Befürworter der tridentinischen Messe. 2019 heiratete Tschugguel. Vorsteher der Liturgie war Weihbischof in Astana und Engelwerk-Mitglied Athanasius Schneider ORC. Tschugguel ist Mitglied der Studentenverbindungen KDStV Ripuaria Bonn im CV und der K. Ö. L. Josephina Wien im Akademischen Bund Katholisch-Österreichischer Landsmannschaften.

Aktivismus

Organisationen und politische Positionen

Tschugguel war Gründungsmitglied der Reformkonservativen (Rekos), einer inzwischen inaktiven Kleinpartei, die erfolglos bei der Europawahl 2014 angetreten war. Sie kritisierte die EU für mangelnde Demokratie und setzte sich für die Abschaffung des Europäischen Parlaments sowie des Europäischen Gerichtshofes ein. Zuvor war Tschugguel im Parlamentsklub des Teams Stronach angestellt gewesen, dort wurde er nach Bekanntgabe der Rekos-Kandidatur entlassen.

Seit 2008 engagiert sich Tschugguel für die konservative politische Organisation Tradition Familie Privateigentum. Er arbeitete mit den konservativen Politikern Ewald Stadler und Beatrix von Storch sowie der politischen Aktivistin Hedwig von Beverfoerde zusammen, um gegen Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe und die Umsetzung von Gender Studies und säkularer Sexualkunde in österreichischen und deutschen Schulen zu protestieren.

Tschugguel ist gegen freigebige Einwanderung und die Aufnahme von Muslimen in Österreich und Deutschland, die sich als Flüchtlinge präsentieren. Er bezeichnet sich selbst als Patrioten und Monarchisten. Er ist Sprecher der Young European Student Initiative, einer überparteilichen, unabhängigen Initiative christlicher und konservativer Universitätsstudenten. 2013 half er Ewald Stadler bei der Gründung der Reformkonservativen, einer österreichischen konservativen politischen Partei, die sich auf die Rückgängigmachung des Maastricht-Vertrags und die Abschaffung des Europäischen Parlaments konzentriert. 2014 organisierte Tschugguel gemeinsam mit von Beverfoerde eine Bustour in Deutschland, um die traditionelle Ehe zu unterstützen. 2018 und 2019 war er Mitorganisator des Wiener Marsches für das Leben.

2019 gründete Tschugguel das nach dem heiligen Bonifatius benannte St. Boniface Institute mit dem Ziel, Heidentum und Globalismus innerhalb der katholischen Kirche zu bekämpfen, „diejenigen zu sammeln, die sich nicht vor Mutter Erde verbeugen wollen“, sowie verschiedene traditionalistische katholische Gemeinschaften in ganz Europa miteinander zu vernetzen. In einer öffentlichen Ansprache kritisierte Tschugguel im Jahr 2019 die Vereinten Nationen und die Europäische Union für einen seiner Ansicht nach übertriebenen Fokus auf den Klimawandel. Nach seiner Meinung förderten sie eine Agenda, die von „linken Politikern, kommunistischen NGOs und geschickt radikalisierten jungen Teenagern aus Skandinavien“ vorangetrieben werde. Er lobte auch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump für seinen Austritt aus dem Pariser Klimaschutzvertrag. Zudem erklärte er, in den Medien höre man vor allem von linken international tätigen Organisationen, „die sich für eine linksliberale Auslegung der Menschenrechte, für den Abbau von Hürden gegen Massenmigration oder für die Bekämpfung des angeblich menschengemachten Klimawandels einsetzen“.

Tschugguel steht zudem in Verbindung mit der vom Standard der „erzkonservativ-katholischen Ecke“ zugeordneten Initiative Katholischer Widerstand, die Christen dazu aufruft, am Protest gegen Schutzmaßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie und Impfpflicht teilzunehmen. In diesem Kontext sprach er unter anderem davon, dass so „Impfzwang und andere Terrormaßnahmen“ verhindert werden könnten.

Seine Positionen äußerte Tschugguel unter anderem in einem Podcast der Zeitschrift Info Direkt.

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes attestiert ihm „keine Berührungsängste“ zum rechtsextremen Lager.

Entwendung der Pachamama-Statuen

Am 21. Oktober 2019 stahlen Tschugguel und ein Komplize fünf Statuen, welche die Inka-Fruchtbarkeitsgöttin Pachamama verkörperten und im Rahmen der im Vatikan stattfindenden Amazonas-Synode ausgestellt wurden, aus der Kirche Santa Maria in Traspontina und warfen sie von der Engelsbrücke in den Tiber. Das vorsätzliche öffentliche Wegwerfen oder Verschmutzen von Kultgegenständen ist in Italien als Religionsbeschimpfung strafbar und mit bis zu zwei Jahren Haft bedroht. Am 4. November 2019 bekannte sich Tschugguel in einem YouTube-Video zur Aktion. Er sah in den Statuen einen Verstoß gegen das erste Gebot („Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“) und erklärte, er wollte sicherstellen „dass diese Götzen nicht mehr in der Kirche und zu kirchlichen Zwecken benutzt werden“.

Die Tat erregte ein breites internationales Medienecho. Papst Franziskus äußerte sein persönliches Bedauern über die Angelegenheit und bat öffentlich um Verzeihung von allen, die durch diese Tat beleidigt wurden.

Für Paolo Ruffini, den Präfekten des vatikanischen Dikasteriums für die Kommunikation, stand diese Aktion im Widerspruch zum Geist des Dialogs, da die „Figuren für das Leben, Fruchtbarkeit und die Mutter Erde stünden“. Der mexikanische Bischof Felipe Arizmendi Esquivel verteidigte die Zeremonien mit Fruchtbarkeitsfiguren zu Beginn der Amazonas-Synode, da sie keine Götzen, sondern „Symbole amazonischer Lebenswirklichkeit“ repräsentierten. Für Jan-Heiner Tück hängt dieser Vorfall mit einem verengten Blick auf das Katholische und einer intoleranten und verachtenden Einstellung gegenüber der Wahrheit zusammen. Francis Xavier Clooney, Professor an der Harvard Divinity School, erinnerte an die prinzipielle Mehrdeutigkeit der Zeichen (ambiguous signs).

Nach dem Vorfall erhielt Tschugguel Unterstützung von verschiedenen hochrangigen Kirchenvertretern, darunter Bischof Athanasius Schneider sowie den Kardinälen Raymond Burke und Walter Brandmüller. Tschugguels Aktion wurde von Christoph Schönborn, dem Erzbischof von Wien, kritisiert, der die Tat als „skandalös und empörend“ bezeichnete. Nach der Aktion ging Tschugguel auf eine Vortragsreise in die Vereinigten Staaten, die von LifeSite News, der American Society for the Defense of Tradition, Family and Property und Taylor Marshall organisiert wurde.

Einzelnachweise

  1. DÖW - Erkennen - Rechtsextremismus - Neues von ganz rechts - Archiv - Oktober 2021 - Religiöse Extremisten demonstrieren im Zentrum Wiens (II). Abgerufen am 12. Februar 2022.
  2. Johann Georg Megerle von Mühlfeld: Österreichisches Adels-Lexikon des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Band 1. Mörschner und Jasper, Wien 1822.
  3. Marco Gallina: Porträt der Woche. Alexander Tschugguel. In: Die Tagespost. 7. November 2019, abgerufen am 30. April 2021.
  4. 1 2 Julius Müller-Meiningen: Ein Mann stiehlt Figuren aus einer Kirche und wird dafür gefeiert. In: Augsburger Allgemeine. 6. November 2019, abgerufen am 30. April 2021.
  5. Kathryn Joyce: How QAnon and Trumpism Have Revealed a Deep Church Schism Among Catholics". In: Vanity Fair. 30. Oktober 2020, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  6. Stadler: "Trete an, um das EU-Parlament abzuschaffen". 7. März 2014, abgerufen am 11. Februar 2022.
  7. Sauermann Matthias: Rekos: „Europa lebt nicht von der EU-Bevormundungspolitik“. 15. Mai 2014, abgerufen am 11. Februar 2022.
  8. Listenzweite: Von Ameisenhaufen, Idealismus und galoppierenden Pferden. 13. Mai 2014, abgerufen am 11. Februar 2022.
  9. Stadler-Kandidat arbeitete für Stronach-Klub. 27. Dezember 2013, abgerufen am 11. Februar 2022.
  10. Sascha Maier: Bildungsplan-Demo in Stuttgart. Viele Verletzte bei Bildungsplan-Demo. In: Stuttgarter Nachrichten. 28. Februar 2016, abgerufen am 2. Mai 2021.
  11. Recherchebericht zum “Marsch fürs Leben” 2019 (Memento vom 13. Dezember 2021 im Internet Archive)
  12. 1 2 Andrew Bieszad: https://shoebat.com/2019/11/10/forget-about-pachamama-the-guy-who-threw-the-idol-into-the-tiber-has-directly-worked-with-major-national-socialist-supporters-ultra-nationalist-political-parties-who-are-trying-to-revive-the-reich/. In: shoebat.com. 10. November 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  13. 1 2 Dieter Zirnig: Ewald Stadler stellt neue Partei vor. Die Reformkonservativen (REKOS). In: Neuwal. 2016, abgerufen am 30. April 2021.
  14. Stadler-Kandidat arbeitete für Stronach-Klub. In: Die Presse. 27. Dezember 2013, abgerufen am 30. April 2021.
  15. Charlie Ducey: Alexander Tschugguel's Bid to Save the Church in Europe. (Nicht mehr online verfügbar.) In: ethikapolitika.org. 30. April 2019, archiviert vom Original am 17. April 2021; abgerufen am 30. April 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. Aktivist Tschugguel. Bin auf alles gefasst. In: Die Tagespost. 7. November 2019, abgerufen am 30. April 2021.
  17. Mission (Memento vom 5. März 2023 im Internet Archive)
  18. 1 2 Christopher White: Controversial Pachamama thief goes on U.S. tour. In: cruxnow.com. 19. November 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  19. Alexander Tschugguel: „Kirche darf nicht zur linken NGO werden“. In: katholisches.de, 20. Januar 2021. Abgerufen am 8. Mai 2021.
  20. Mehr als 40.000 Teilnehmer und einige Festnahmen bei Demos gegen Corona-Maßnahmen in Wien. In: Der Standard, 4. Dezember 2021. Abgerufen am 7. Januar 2022.
  21. Markus Sulzbacher: Marsch von Abtreibungsgegnern mit Beteiligung von ÖVP-Politikerin und Identitären. In: Der Standard, 21. Oktober 2021. Abgerufen am 8. Januar 2022.
  22. DÖW - Erkennen - Rechtsextremismus - Neues von ganz rechts - Archiv - Oktober 2021 - Religiöse Extremisten demonstrieren im Zentrum Wiens (II). Abgerufen am 12. Februar 2022.
  23. 1 2 Österreicher stahl Indigenenstatue aus Kirche in Rom. In: ORF, abgerufen am 30. April 2023.
  24. Articolo 404 Codice Penale: Offese a una confessione religiosa mediante vilipendio o danneggiamento di cose. 2. Absatz. Abruf am 30. April 2023
  25. Courtney Mares: Austrian man claims he threw 'Pachamama' statues into the Tiber. (Nicht mehr online verfügbar.) In: catholicherald.co.uk. 4. November 2019, archiviert vom Original am 21. Dezember 2019; abgerufen am 30. April 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  26. Edward Pentin: Austrian Catholic: Why I Threw Pachamama Statues into the Tiber. In: National Catholic Register. 5. November 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  27. 1 2 Christian Geyer: Päpstlicher als der Papst. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 6. November 2019, abgerufen am 30. März 2021.
  28. The Guardian view on ‘pagan idols’ in the Vatican: church culture wars should concern us all. In: theguardian.com. 31. Oktober 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  29. Jan-Heiner Tück: Ein Wiener Student versucht sich als Bilderstürmer. In: Neue Zürcher Zeitung. 6. Februar 2020, abgerufen am 6. Februar 2020.
  30. Edward Pentin: Austrian Catholic: Why I Threw Pachamama Statues into the Tiber. In: ncregister.com. 5. November 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  31. Nick Squires: Conservative Catholics accuse Pope Francis of being idolatrous over indigenous Amazon symbols. In: The Daily Telegraph. Abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  32. Philip Pullella: Controversial Amazon statues stolen from Rome church, dumped in river. In: Reuters. 21. Oktober 2019, abgerufen am 30. März 2021 (englisch).
  33. Louis Casiano: Pope Francis asks for forgiveness after Amazon statues stolen, thrown into river in Rome. In: Fox News Channel. 25. Oktober 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  34. Philip Pullella: Controversial Amazon statues stolen from Rome church, dumped in river. In: yahoo. 21. Oktober 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  35. Pope Francis's apology over Amazon statues theft. In: BBC. 25. Oktober 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  36. Pope Francis announces retrieval of indigenous statues. In: Vatican News. 25. Oktober 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  37. Claire Giangravé: Pope Francis criticizes cultural discrimination that surfaced during Amazon synod. In: America Magazine. The Jesuit Review of Faith & Culture. 5. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021 (englisch).
  38. Österreichischer Lebensschützer warf Pachamama-Figuren in Tiber. In: katholisch.de. 4. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021.
  39. Bischof: Verehrung von Pachamama ist kein Götzendienst Ausdruck des Respekt. In: Domradio. 13. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021.
  40. Tück: Causa Pachamama zeugt von verengtem Blick auf Katholisches. In: Kathpress. 4. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021.
  41. Francis Xavier Clooney: The Pope, the Amazon, and Pachamama. In: Harvard Divinity School. 23. Februar 2020, abgerufen am 2. Mai 2021 (englisch).
  42. Ross Douthat: What Will Happen to Conservative Catholicism? In: The New York Times. 9. November 2019, abgerufen am 30. April 2021 (englisch).
  43. Ross Douthat: Cardinal Burke: I'm Called the Enemy of the Pope, Which I Am Not. In: The New York Times. 9. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021 (englisch).
  44. Bernard Litzler: L’affaire des Pachamamas, la nouvelle salve contre le pape François. In: cath.ch. 22. November 2019, abgerufen am 2. Mai 2021 (französisch).
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