Der Allerheiligenstriezel (regional auch Heiligenstriezel, Heiligenstritzel, Strietzel, Allerseelenzopf, Seelenspitz, Seelenbrot, Seelenwecken oder Allerseelenbreze) ist ein in Zopfform geflochtenes Hefegebäck. Wie andere Striezel und Zöpfe auch besteht er aus Mehl, Eiern, Backhefe, Fett, Rosinen, etwas Milch und Salz sowie Körndl-/Hagelzucker oder Mohn zum Bestreuen und wird je nach örtlichem Brauch mit Rum oder Zitronensaft hergestellt.
Brauchtum
Von Österreich bis Bayern und Ungarn schenken die Tauf- bzw. Firmpaten ihren Patenkindern zum Fest Allerheiligen einen Allerheiligenstriezel. Für die Paten- und Firmkinder, die in unbegüterten Verhältnissen auf dem Land aufwuchsen, bedeutete das Geschenk früher einen „Ausgleich zu den üblichen Tagen des Darbens und Sparens“.
Im Burgenland spielte der Heiligenstriezel einst als Liebesgabe eine Rolle: Die Burschen kauften ihn am Vorabend von Allerheiligen in den Geschäften, um ihn am nächsten Tag als „Verehrerstriezel“ ihren Mädchen zu bringen.
Geschichte
Der Brauch hat seine Wurzeln in antiken Trauerkulten, als man sich die geflochtenen Haare abschnitt, um seine Trauer auszudrücken.
Frühe neuzeitliche Erwähnungen gibt es etwa 1688, als Ignaz Ritter, Pfarrer von Saxen in Oberösterreich, in seinem Nachrichtenbuch über Brauchtum und Gepflogenheiten im Jahreslauf den Heiligenstritzel erwähnte.
Jahrhundertelang war es auch üblich, die Armen zu Allerheiligen mit Brot zu beschenken, wobei die Bedürftigen nicht nur Striezel, sondern in manchen Regionen auch Brotlaibe, Wecken oder Krapfen bekamen. Peter Rosegger schildert, wie der Brauch im 19. Jahrhundert in der Steiermark abgelaufen ist.
Christian Schölnast ging in seinem 1971 erschienenen Roman Stärker als alle Waffen auf die Herstellung der Allerheiligenstriezel ein.
Trivia
Insbesondere in Linz war das Gelingen des Backwerks mit dem Aberglauben verbunden, dieses bedeute Glück und Erfolg für das bevorstehende Jahr. Ging der Teig nicht auf, befürchtete man großes Unglück oder gar den eigenen Tod.
Um ledige Frauen wegen ihrer Ehelosigkeit zu verspotten, wurden diese von jungen Männern mit Striezeln aus Stroh bedacht.
In vielen Orten des Weinviertels wird beim „Striezelpaschen“ oder seltener beim „Striezelschnapsen“ an den Tischen im Dorfwirtshaus um die Striezel gewürfelt bzw. Karten gespielt.
Literatur
- Ursula Mauritz: Bitt' gar schön um einen Allerheiligenstriezel! In: steyler.eu. Stadt Gottes, November 2004, S. 4, archiviert vom ; abgerufen am 14. April 2023.
- Trude Ruhsam: Reime beim Einsammeln der Heiligenstritzel. In: Heimatgaue. Jahrgang 3, Linz 1922, S. 34–35 (ooegeschichte.at [PDF]).
- Ernst Burgstaller: Brauchtumsgebäcke und Weihnachtsspeisen: ein volkskundlicher Beitrag zur österreichischen Kulturgeographie. 1957, S. 22 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 Richard Kastner: Sitten und Gebräuche im Pfarrhof Saxen. In: Oberösterreichische Heimatblätter. Jahrgang 1, Heft 3, Linz 1947, S. 267 (ooegeschichte.at [PDF]: „Am Allerheiligentag kommen die Kinder um Heiligenstritzel, welche beim Bäcker zu kaufen sind. Jedes bekommt einen Stritzel im Wert von 1 Pfenning und Nüsse und Äpfel“).
- 1 2 Ernst Burgstaller 1957, op. cit. S. 133.
- ↑ Rezept und bayerische Hintergrundinfos (Memento vom 27. Januar 2015 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Anton Herrmann: Ethnologische Mitteilungen aus Ungarn. Illustrierte Zeitschrift für die Völkerkunde Ungarns und der damit in ethnographischen Beziehungen stehenden Länder. Budapest 1897, S. 21 (online auf archiv.org).
- ↑ Roland Girtler: Sommergetreide: vom Untergang der bäuerlichen Kultur. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 1996, S. 95 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- 1 2 3 4 Ursula Mauritz 2004, S. 4.
- ↑ Stephanie Hütter, Andreas Kaserbacher: Allerheiligen und Striezel – zwei antike Riten?! Projektstudium, Radiobeitrag, 2006/2007 ( (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.) Word-Dokument auf eduhi.at).
- ↑ Christian Schölnast: Stärker als alle Waffen. 1971, S. 111–112 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Ernst Burgstaller: Österreichisches Festtagsgebäck. Verlag Bundesinnung der Bäcker, 1958, S. 41 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Ernst Burgstaller 1957, op. cit. S. 22.
- ↑ Helmut Fielhauer: Volkskundliche Beiträge. 1966, S. 21 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).