Ammit / Ammut in Hieroglyphen
Neues Reich



Spätzeit

Ammit / Ammyt
ˁmmjt
Die Fresserin
Neues Reich








Ammut / Ametmut (Amet mut)
ˁmt mwt(w)
Die Verschlingerin der Toten
Ammit als „Krokodil-Löwen-Nilpferd“
(Totenbuchvignetten in Privatgräbern)

Ammit (auch Ammut) ist als altägyptische Jenseitsgöttin seit der 18. Dynastie (Neues Reich) belegt. Ihre Rolle ist in der altägyptischen Mythologie eng mit dem Schutz des Königs (Pharao) verbunden. Sie galt als „Gefährtin des Osiris“, die seine und die königlichen Feinde abwehrt. Ammits mythologische Wurzeln reichen in Verbindung mit dem Altägyptischen Totengericht bis in das Alte Reich, wo der König während der Gerichtsverhandlung vor den negativen Kräften des Seth geschützt werden musste, um als „gerechtfertigter Osiris“ den Himmelsaufstieg antreten zu können.

Im altägyptischen Totenbuch fand Ammit nach der Amarna-Zeit ebenfalls Berücksichtigung; dort jedoch in der Funktion als „dämonische Fresserin“ und Helferin des Osiris, die aufgrund der überführten „Lüge des Herzens“ die „Herzen seiner Feinde“ fraß. In der Ptolemäerzeit endete die Tradierung des Totenbuches, was die fehlenden Belege für Ammit im weiteren Verlauf der griechisch-römischen Zeit erklärt.

Bedeutung und Ikonografie

Nur im Unterweltsbuch Amduat ist Ammits Darstellung als Göttin in „Strichmännchenform“ zu sehen. Diese besondere Form ist darin begründet, dass die Redaktoren des Amduats ältere Vorlagen verwendeten, die wohl bis in das Alte Reich zurückreichen. Jan Assmann ordnet daher die Thematik des Amduats den Sonnenheiligtümern zu. Alexandra von Lieven verweist im Zusammenhang der „Strichmännchenform“ auf ähnliche Abbildungen in der 6. Dynastie. Im Verlauf des Neuen Reiches ersetzten die Schreiber aufgrund beschädigter Vorlagen jene Zeichnungen durch künstlerisch anspruchsvollere Neuanfertigungen.

Jenseitsbücher und Königsgräber

In sämtlichen Königsgräbern fehlt die Vignette des Totenbuchspruches 125, die das Wiegen des Herzens illustriert. Damit verbunden fehlen Abbildungen von Ammit als „dämonische Totenfresserin“. Die Gründe sind im Selbstverständnis des Königs (Pharao) zu sehen, der das Prinzip der Maat in sich trägt und symbolisiert. Daher passten die Könige in ihren Gräbern die Texte inhaltlich an das Maat-Prinzip insbesondere dahingehend an, dass der König kein „negatives Schuldbekenntnis“ abgeben musste. Im Gegensatz zum Totenbuchspruch 125 entfiel in den Darstellungen der Königsgräber die Rechtfertigungssequenz des Königs. Die Totenrichter sprachen ihn auf Grundlage des Maat-Prinzips von persönlichen Verfehlungen generell frei.

Ammit ist deshalb in den Königsgräbern ausschließlich als menschengestaltige Göttin dargestellt und fungierte so unter anderem als Schutzgöttin des verstorbenen Königs. In einer aus dem Grab Tutanchamuns stammenden Inschrift auf einer Nilpferd-Bahre heißt es: „Der König wird von ihr geliebt“. Im Höhlenbuch trat Ammit als Göttin in einem Oval stehend auf, unter das vier Fleischzeichen angebracht waren. Mit einer anderen Göttin bewachte sie in der 11. Höhle den geheimen Sarkophag. Im Amduat ist Ammit in den Königsgräbern als stehende Göttin mit Uräusschlange auf dem Kopf abgebildet. Im Gebiet von Wernes gehört sie im oberen Register als zweite Göttin zu einer Neuner-Göttergruppe der 2. Nachtstunde. Im Grüftebuch ist sie als stehende Göttin unter einem Baldachin zu sehen. Ammit hält dabei eine Schlange als Zepter, das gleichzeitig als Vorderstange des Baldachins fungiert. Außerdem ist sie als Göttin mit einer vor ihr senkrecht aufgestellten Schlange bezeugt. In der frühen Ptolemäerzeit ist Ammit als Göttin der 10. Nachtstunde in einem Stundenbuch belegt.

Ägyptisches Totenbuch, Privatgräber und Privatsärge

In Spruch 125 des Totenbuches wird Ammit bis zum Ende der Amarna-Zeit nicht namentlich erwähnt. Erst nach den Regierungszeiten der „Ketzerkönige“ illustrierten altägyptische Schreiber die inhaltlichen Ausführungen mit Ammit als „Totenfresserin“. Auch wenn ihre Ikonografie als Mischwesen befremdlich erscheint, repräsentiert Ammit außerhalb der Jenseitsbücher und der Königsgräber die größten und gefährlichsten Tiere Ägyptens. Es gibt auch ähnliche Wesen, die den Namen „Knochenbrecher“ oder „Därmeverschlinger“ trugen. Seit der 21. Dynastie wird sie mit Zitzen dargestellt und als Sau bezeichnet. Dies diente vermutlich dazu, ihre Gefährlichkeit abzuschwächen.

Ammit wird im Grab des Djehutiemhab (TT194), Grab des Siamun und Sarg CG 61031 „Totenfresserin“ genannt. Die wohl bekannteste Darstellung der Göttin ist eine Illustration zu Totenbuchspruch 125 bezüglich des Totengerichts, wo sie als Mischwesen mit dem Kopf eines Krokodils, dem Vorderkörper eines Löwen und dem Hinterteil eines Nilpferds zu sehen ist. Dort wartet sie neben der Waage in der „Halle der Vollständigen Wahrheit“, wo das Herz des Verstorbenen gegen die Feder der Maat abgewogen wird. Trat der Fall ein, dass der Tote nicht die Probe des negativen Schuldbekenntnisses bestand, wog das Herz schwerer als die Feder der Maat und Ammit fraß das Herz des Verstorbenen. Der Ba des Toten konnte sich deshalb nicht mehr mit dem Leichnam vereinigen, was ein Weiterleben in Sechet-iaru unmöglich machte. Im Grab TT341 ist Ammit in einer weiteren Mischwesen-Variante mit dem Vorderkörper eines Krokodils und dem Hinterteil eines Nilpferds abgebildet.

Kult

Die Göttin genoss keinen formellen Kult. Auch wenn ihr Name mit dem Determinativ
für Gottheit geschrieben wurde, galt sie im Totenbuch als ein dämonisches Wesen, dessen Macht überwunden werden musste. Ihr Name bezieht sich auf ihre Funktion beim Totengericht, wo sie beispielsweise in der Theologie des Totenbuches jene Herzen der Verstorbenen fraß, die das negative Schuldbekenntnis nicht bestanden. Die gefressenen Seelen dieser sogenannten „Nichtgerechtfertigten“ existierten durch die Zerstörung nicht weiter.

Siehe auch

Literatur

  • Jan Assmann: Tod und Jenseits im Alten Ägypten. Beck, München 2001, ISBN 3-406-49707-1.
  • Friedrich Abitz: Pharao als Gott in den Unterweltsbüchern des Neuen Reiches. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995, ISBN 3-7278-1040-8.
  • Rolf Felde: Ägyptische Gottheiten. 2. erweiterte und verbesserte Auflage, R. Felde Eigenverlag, Wiesbaden 1995.
  • Christian Leitz u. a.: Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. (LGG) Band 2, Peeters, Leuven 2002, ISBN 90-429-1147-6, S. 114–115.
  • Christine Seeber: Totengericht. In: Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten. In: Münchner Ägyptologische Studien. (MÄS) Band 35. Deutscher Kunstverlag, München 1976, ISBN 3-422-00828-4, S. 163–186.
  • Richard H. Wilkinson: Die Welt der Götter im Alten Ägypten. Glaube – Macht – Mythologie. Theiss, Stuttgart 2003, ISBN 3-8062-1819-6, S. 218.
Commons: Ammit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Christine Seeber: Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten. München 1976, S. 127–128.
  2. Friedrich Abitz: Pharao als Gott in den Unterweltsbüchern des Neuen Reiches. Göttingen 1995, S. 193.
  3. Horst Beinlich, Mohamed Saleh: Corpus der hieroglyphischen Inschriften aus dem Grab des Tutanchamun: Mit Konkordanz der Nummernsysteme des "Journal d'entrée" des Ägyptischen Museums Kairo, der Handlist to Howard Carter's Catalogue of objects in Tutankhamūns tomb und der Ausstellungs-Nummer des Ägyptischen Museums Kairo. Griffith Institut, Oxford 1989, ISBN 0-900416-53-X, S. 137.
  4. 1 2 3 4 Christian Leitz u. a.: LGG. Band 2, Leuven 2002, S. 114–115.
  5. Die 2. Nachtstunde des Amduats ist in folgenden Königsgräbern erhalten geblieben: Thutmosis I., Thutmosis III., Amenophis II., Amenophis III., Sethos I., Ramses II., Sethos II., Ramses V., Ramses VI. und Ramses IX.
  6. Ammit im Amduat als stehende Göttin mit Uräusschlange auf dem Kopf (8. Göttin von links, oberes Register).
  7. Rolf Felde: Ägyptische Gottheiten. Wiesbaden 1995, S. 16–17.
  8. 19. Dynastie.
  9. Spätzeit 4–3. Jahrhundert v. Chr.
  10. Christine Seeber: Untersuchungen zur Darstellung des Totengerichts im Alten Ägypten. München 1976, S. 167–168.
  11. TT 341 aus der 20. Dynastie.
  12. Rolf Felde: Ägyptische Gottheiten. Wiesbaden 1995, S. 16.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.