Anders Koustrup Kærgaard (* 1972) ist ein dänischer Hauptmann des Militärnachrichtendienstes und Whistleblower. Seine Veröffentlichung eines Videobandes, das Menschenrechtsverletzungen während einer am 25. November 2004 stattfindenden militärischen Operation im Irak zeigt, erregte nationales und internationales Aufsehen. Es diente der im April 2012 aufgestellten Untersuchungskommission des dänischen Parlaments als Beweismittel zur Klärung der Rolle Dänemarks im Irakkrieg.

Leben

Kærgaard besuchte von 1988 bis 1991 das Gymnasium Maribo. Anschließend absolvierte er von 1991 bis 1994 eine Offiziersausbildung. Er arbeitete 1995 als Verkaufsleiter in einem Baumarkt und besuchte von 1995 bis 1999 die Pädagogische Hochschule in Blaagaard (Kopenhagen). In den Jahren 2000 bis 2003 betrieb er eine eigene Kunstgalerie. Von 2005 bis 2012 nahm er ein Geschichtsstudium an der Universität Kopenhagen auf und setzte es 2012 an der Universität Aarhus fort.

Kærgaard diente im 4. Bataillon des Gardehusarregimentet (INTOPS) und arbeitete zwischen 2004 und 2005 als Nachrichtendienstoffizier im Irak. Als Mitarbeiter im Bereich psychologische Kriegsführung war er unter anderem für die Beurteilung der Bedrohungslage während der irakischen Wahl im Januar 2005 verantwortlich. Vor dem Anlaufen der multinationalen Operation Green Desert am 25. November 2004 warnte er den Bataillonskommandeur John Dalby davor, dass sich in der acht Kilometer südlich von Basra gelegenen Ortschaft Az-Zubair nur Zivilisten befänden und nicht wie behauptet hohe Anführer von al-Qaida und irakische Aufständische. Nach Durchführung der Mission wurden Zivilisten durch irakisches Militär verschleppt und im Al-Jamiat-Gefängnis in Basra tagelang gefoltert. Das dänische Militär berichtete der dänischen Öffentlichkeit trotz des Fehlschlages von einer erfolgreich verlaufenden Operation.

Entgegen der Forderung der Militärführung, Details der misslungenen Operation zu verheimlichen, publizierte er im Oktober 2012 den von ihm angefertigten warnenden Geheimdienstbericht sowie ein Video, das zeigt, wie irakische Streitkräfte Zivilisten misshandeln und dänische Soldaten tatenlos zusehen.

Kærgaard litt nach seiner Rückkehr in die Heimat an einer posttraumatischen Belastungsstörung, war längere Zeit krankgeschrieben und diente ab 2010 als Hauptmann beim Hjemmeværnet. Er arbeitete dann als Projektmanager im Museum des Kalten Krieges und als Betreuungshelfer für Kriminelle. Wegen seiner Veröffentlichungen verlor er seine Arbeit, wurde mit sechs Monaten Gefängnis bedroht und zu einer Geldstrafe von 13.000 Kronen verurteilt. Freunde und Bekannte aus seinem sozialen Umfeld sowie in militärischer Tradition verbundene Familienmitglieder wandten sich von ihm ab.

Kærgaard setzt sich für die Rechte der irakischen Zivilopfer des Irakkrieges und Whistleblower im dänischen Militär ein. Er war Teilnehmer der XIX. Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11. Januar 2014 in Berlin.

Auszeichnungen

  • 2009: Museumsjuryens specialpris
  • 2013: Patrick-Mac-Manus-Preis

Einzelnachweise

  1. Peter Stanners: Army accused of allowing prisoner abuse. The Copenhagen Post, 18. Oktober 2012, abgerufen am 7. Januar 2014 (englisch).
  2. 1 2 3 Asger Westh, Jonas H. Bruun: Portræt: Officeren, der gik mod sine egne. (Nicht mehr online verfügbar.) Jyllands-Posten, 18. Oktober 2012, archiviert vom Original am 8. Januar 2014; abgerufen am 7. Januar 2014 (dänisch).
  3. 1 2 Informationen auf Linkedin.com unter „Anders Koustrup Kærgaard“
  4. 1 2 3 4 Freja Wedenborg: Soldat wird Whistleblower. Junge Welt, 7. Januar 2014, abgerufen am 7. Januar 2014.
  5. Daniel Rydén: Danskar ingrep inte när civila misshandlades. Sydsvenskan, 19. Oktober 2012, abgerufen am 7. Januar 2014 (schwedisch).
  6. Kristian Kornø: Bøden betalt for Anders Kærgaard. Ekstra Bladet, 1. Juli 2013, abgerufen am 7. Januar 2014 (dänisch).
  7. Whistleblower gesucht. Junge Welt, 13. Januar 2014, abgerufen am 14. Januar 2014.
  8. Anders Koustrup Kærgaard får Patrick Mac Manus-prisen. (Nicht mehr online verfügbar.) u-landsnyt.dk, 10. November 2013, archiviert vom Original am 14. Januar 2014; abgerufen am 14. Januar 2014 (dänisch).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.