Anna Heller, geb. Braude (auch Braude-Hellerowa oder Braude Heller) (geb. am 6. Januar 1888 in Warschau; gest. am 19. April 1943 im Warschauer Ghetto) war eine polnische Kinderärztin, Chefärztin des Bersohn-Bauman-Kinderkrankenhauses und Sozialaktivistin

Leben

Kindheit und Studium

Anna war die Älteste von vier Kindern der Tauba Braude, geb. Litwin, und Aryeh Leib „Leo“ Broddo / Braude. Sie besuchte die Fryderyka Thalgrün Schule in Warschau und machte ein externes Abitur, bevor sie 1906 an die sozialwissenschaftliche Fakultät der Universität Genf ging. Ihr Medizinstudium nahm sie in Zürich auf und schloss es 1912 in Berlin ab. Für ihre Nostrifikation für das dann russische Polen setzte sie ihre Studien in Sankt Petersburg fort.

Zurück in Polen gehörte sie zu den Gründern des Włodzimierz Medem Kindersanatoriums in Miedzeszyn bei Warschau, arbeitete zunächst im Jüdischen Krankenhaus (Czyste) und anschließend im Bersohn-Bauman-Kinderkrankenhaus, gegründet von Mathias Bersohn.

Als dieses 1924 geschlossen werden musste, war es ihrem Engagement zu verdanken, dass es mit Hilfe ihres Vereins der Kinderfreunde (Polnisch Towarzystwo Przyjaciół Dzieci, oder TPD) wieder eröffnet und 1930 erweitert werden konnte. Sie wurde medizinische Chefärztin.

Ehe und Familie

1916 heiratete Anna Braude den Ingenieur Eliezer Heller (1885–1934), mit dem sie zwei Söhne bekam, Ari Leon Heller (1917–2008), and Olum „Olo“ (1921–1926). 1931 verstarb ihr jüngerer Bruder Jossell Abraham, ihr Ehemann 1934 an einer Operation. Durch den Tod ihres Sohnes bedingt widmete sie sich besonders der Pädiatrie.

Zweiter Weltkrieg

Nach der deutschen Besetzung Polens wurde das Krankenhaus Teil des Warschauer Ghettos. Es verlor jegliche staatliche Unterstützung und musste von den jüdischen Selbsthilfeorganisationen finanziert werden. Anna Braude-Hellerowa war die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Judenrates und leitete das Krankenhaus bis zu seiner Liquidierung während der großen Deportationsaktion im August 1942. Sie war Mitautorin der 1942 im Ghetto durchgeführten Untersuchungen zur Hungerkrankheit, deren Ergebnisse trotz des Todes fast aller beteiligten Ärzte erhalten geblieben sind und 1946 von Emil Apfelbaum herausgegeben wurden.

Während einer Fleckfieberepidemie 1939–40 wurde das Krankenhaus unter Quarantäne gestellt. Die Sterblichkeit war trotz der Bemühungen des Personals und der Angestellten hoch.

Letzte Lebenstage und Tod

Die Chancen, das Ghetto zu verlassen, ließ Heller verstreichen, um das Krankenhaus und die Kinder nicht im Stich zu lassen. Aber sie konnte ihrem Sohn und Teilen ihrer Familie zur Flucht und zum Überleben verhelfen. Die meisten Ärzte und Schwestern wurden in Konzentrationslager verschleppt, die im Ghetto verbliebene Anna wurde, 55 Jahre alt. Am 19. August 1943 kam sie beim Aufstand im Warschauer Ghetto mit mehreren kleinen Patienten im Kinderkrankenhaus in der Gesia-Straße ums Leben.

Nachwirken

Auf dem jüdischen Friedhof in der Okopowastraße wurde für auf dem Grab ihres Sohnes und ihres Mannes eine Grabinschrift anbracht. Im April 2001 wurde an der Außenmauer des Bersohn und Bauman Krankenhauses eine Gedenkplakette enthüllt.

Ihr Sohn Ari Leo Heller, der ebenfalls Arzt war, arbeitete bis zu seiner Flucht auf die „arische Seite“ mit seiner Mutter. Nach dem Krieg ging er zunächst nach Lublin, ab 1946 zurück nach Warschau. 1948 emigrierte er nach Schweden und arbeitete bis zu seinem Tode 2008 als Professor für Bakteriologie am Karolinska-Institut Stockholm.

Auszeichnungen

Silbernes Kreuz des Ordens Virtuti Militari der Exilregierung

Commons: Anna Braude-Hellerowa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Janus Korczak: Pamiętnik (Tagebuch) Breslau 1996 ISBN 83-7162-114-0.
  • Hanna Michalska: Słownik uczestniczek walki o niepodległość Polski 1939-1945; poległe i zmarłe w okresie okupacji niemieckiej (Lexikon der Frauen die 1939–1945 während der deutschen Besatzung im Kampf für die Unabhängigkeit Polens getötet wurden) Państwowy Instytut Wydawniczy Warschau 1988 ISBN 83-06-01195-3.
  • Adina Blady Szwajer: I Remember Nothing More: The Warsaw Children’s Hospital and the Jewish Resistance. New York: Simon and Schuster, 1990.
  • Roland, Charles G. Courage Under Siege: Starvation, Disease and Death in the Warsaw Ghetto. New York: Oxford University Press, 1992.
  • Yad Vashem Archives: Testimony of Juditha Braude. File 03/2360.

Einzelnachweise

  1. https://jwa.org/encyclopedia/article/heller-anna-braude eingesehen am 7. August 2023
  2. https://sztetl.org.pl/en/biographies/5872-braude-heller-anna eingesehen am 7. August 2023
  3. www.geni.com/people/Dr-Ari-Leon-Heller/6000000036045795949 eingesehen am 6. August 2023
  4. https://cemetery.jewish.org.pl/id_37591/info/_Olo_Heller.html eingesehen am 6. August 2023
  5. https://www.geni.com/people/Jossell-Braude/6000000009405021661 eingesehen am 6. August 2023
  6. https://jwa.org/encyclopedia/article/heller-anna-braude eingesehen am 6. August 2023
  7. Choroba głodowa. Klinische Hungerstudien im Warschauer Ghetto von 1942: Anna Braude-Hellerowa verfasste das Kapitel über die Auswirkungen des Hungers auf Kinder (siehe Abb.)
  8. Braude-Heller Anna. Virtual Shtetl, aufgerufen am 9. August 2023.
  9. www.eilatgordinlevitan.com/warsaw/w_pages/warsaw_stories_heller.html
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