Die 1578 erbaute Annenkirche in der Wilsdruffer Vorstadt ist die älteste Vorstadtkirche Dresdens. Die Kirche war zugleich der erste evangelische Kirchenneubau in der Stadt. Die heutige Kirche aus Postaer Sandstein wurde zwischen 1764 und 1769 erbaut, nachdem der Vorgängerbau im Siebenjährigen Krieg zerstört worden war.

Geschichte

Erste Annenkirche (1578–1760)

Die erste Annenkirche in Dresden wurde 1578 erbaut und nach ihrer Stifterin benannt, der sächsischen Kurfürstin Anna („Mutter Anna“, 1532–1585). Der Bau wurde notwendig, da man in der nahe gelegenen St.-Bartholomäus-Kirche keinen Platz mehr hatte. Der Altar wurde 1598 von der Freiberger Nikolaikirche übernommen.

Auch die Friedhöfe waren zu dieser Zeit überfüllt, sodass um die Kirche der Annenkirchhof angelegt wurde. 1593 wurde das dazugehörige Pfarrhaus errichtet.

Durch weiteres Anwachsen der Gemeinde wurde 1618 eine Erweiterung der Kirche notwendig. Damit wurde der Ratsverwandte Michael Schaffhirt beauftragt, Sohn des Hieronymus Schaffhirt. Der dabei errichtete Glockenturm erhielt am 7. Juni 1619 seinen Knopf und am 14. August 1619 ein aus vier Glocken bestehendes Geläut. Am 18. August konnte damit zum ersten Mal zur Gebetsstunde geläutet werden. Ein Jahrhundert später war eine erneute Vergrößerung notwendig, die von 1712 bis 1718 erfolgte. Als Ersatz für den dadurch verkleinerten Annenkirchhof wurde 1712 der Neue Annenkirchhof angelegt.

Beim Abbruch der alten Frauenkirche wurde ihr Altar 1727 in die Annenkirche umgesetzt, der bis dahin bestehende Altar sollte in die Kirche zu Plauen (bei Dresden) umgesetzt werden, wozu es jedoch nicht kam. Die Kirche wurde 1760 im Siebenjährigen Krieg mit vielen Häusern der Wilsdruffer Vorstadt von preußischen Truppen zerstört. Der teilweise erhaltene Altar wurde bis 1768 in die zwei Kilometer entfernte Matthäuskirche in der Friedrichstadt umgesetzt.

Zweite Annenkirche (seit 1764/69)

Nach Kriegsende schuf der Ratszimmermeister Johann George Schmidt, Neffe und ehemaliger Mitarbeiter von George Bähr beim Bau der Dreikönigskirche und Frauenkirche, den Entwurf für das heutige Aussehen. Die Weihe der „zweiten“ Annenkirche erfolgte am 8. Oktober 1769. Bis dahin diente der Malersaal an der Ostra-Allee der Gemeinde als Interimskirche.

Der Grundriss der Annenkirche beruht auf der Form eines Rechteckes mit einbezogenen zwölf Pfeilern. Der Altar stammte aus der alten Kreuzkirche und wurde zu einem Kanzelaltar umkonstruiert. Das Gestühl ähnelt in der Anordnung dem der Frauenkirche. Damit wird auch die Schule George Bährs deutlich. Johann Christian Kayser baute 1782/1783 eine Orgel.

Der 1824 erbaute 57 Meter hohe klassizistische Turm ist auf einen Entwurf Gottlob Friedrich Thormeyers (1823) zurückzuführen, womit letztlich die Kirche auch architektonisch als Gotteshaus erkennbar wurde.

Zwischen 1906 und 1909 erfolgte ein grundlegender Umbau der Kirche durch Richard Schleinitz, um den neuen Richtlinien des Brandschutzes für den Kirchenbau, die nach dem Brand der Kreuzkirche (1897) erlassen wurden, gerecht zu werden. Dabei wurden der gesamte Innenausbau, die Dachkonstruktion und der westliche Abschluss des Langhauses abgebrochen und das Kirchenschiff in ovaler Form neu errichtet. Der aus der alten Kreuzkirche stammende Altar wurde in die St.-Johanniskirche nach Bad Schandau verlagert, wo er sich noch heute befindet. Das Innere der Annenkirche wurde im Jugendstil neu gestaltet. Erstmals erhielt die Kirche auch einen eigenen Altar.

In den Bombardements im Februar 1945 brannte der Dachstuhl der Kirche; dennoch überlebten in ihr etwa 1000 Menschen, die dort Zuflucht gesucht hatten. Die Wiederherstellung nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte bis 1950 durch den Architekten J. Arthur Bohlig, der bereits 1939 den Auftrag zu „Versachlichungen“ an der Kirche bekommen hatte.

Die Turmhaube der Annenkirche wurde erst im letzten Jahr der 5-jährigen Generalsanierung der Außenhülle 1997 wieder aufgesetzt.

Zwischen 2009 und 2011 erfolgte mit Fördermitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung die umfassende Sanierung der Innenraumtechnik (Heizungsanlage, Sanitärbereich, Elektroanlage, Jahn-Orgel), nachdem in diesem Bereich über 50 Jahre keine Investitionen getätigt wurden. 2011 wurde das zur 100-Jahr-Feier gestiftete Denkmal der Mutter Anna restauriert am Nordausgang wieder aufgestellt.

Orgel

Johannes Jahn baute als Opus 178 der Dresdner Orgelbaufirma Julius Jahn & Sohn eine neue dreimanualige Orgel mit 50 Registern. Auf ihr wurde bei der feierlichen Wiederweihe am 21. Februar 1909 zum ersten Mal gespielt. Jehmlich Orgelbau Dresden reparierte 1950 die Orgel, wobei es auch zu umfangreichen Änderungen in der Disposition im Sinne der Orgelbewegung kam. Im Zuge dessen wurde auch das ursprüngliche Echowerk (2. Schwellwerk) zum Rückpositiv umgestaltet und an der Emporenbrüstung angebracht. Der erste Umbau des Instrumentes erfolgte im Jahr 1936 (nach den Ideen von Gerhard Paulick). Hierbei wurde nur wenig an der klanglichen Originalsubstanz verändert, da man in dieser Zeit noch teilweise am Klangideal der vergangenen Epoche festhielt. Es wurden nur einzelne „Aufhellungen“ in der Disposition vorgenommen. Nach einer umfänglichen Restaurierung 2009–2010 wurde die Orgel am 29. Mai 2011 mit einem Konzert wieder in Gebrauch genommen.

Disposition in ihrer heutigen Gestalt:

I Hauptwerk C–a3
Prinzipal16′
Prinzipal8′
Rohrflöte8′
Gemshorn8′
Dulciana8′
Oktave4′
Spitzflöte4′
Quinte223
Blockflöte2′
Mixtur V
Zimbel II
Fagott16′
Trompete8′
III Rückpositiv C–a3
Singend Gedackt8′
Quintatön8′
Prinzipalflöte4′
Pommer4′
Oktave2′
Superquinte113
Sesquialtera II135
Zimbel III–IV
Regal8′
Tremulant
II Oberwerk C–a3
Quintatön16′
Prinzipal8′
Gedackt8′
Dolce8′
Oktave4′
Rohrflöte4′
Nasat223
Oktave2′
Terzflöte135
Larigot113
Schwiegel1′
Scharf III–IV
Krummhorn8′
Tremulant
Pedal C–f1
Untersatz32′
Prinzipalbaß16′
Subbaß16′
Dolce16′
Oktavbaß8′
Gedacktbaß8′
Oktavbaß4′
Italienisch Prinzipal2′
Mixturbaß V
Posaune16′
Trompete8′

Geläut

Das Geläut besteht aus vier Bronzeglocken. Der Glockenstuhl besteht aus einer Eichenholzkonstruktion und wurde 1998 saniert. Im Folgenden eine Datenübersicht des Geläutes:

Nr.GussdatumGießerDurchmesserMasseSchlagton
11998Glockengießerei A. Bachert1316 mm1302 kges'
21922Glockengießerei B. Pietzelt987 mm600 kgg'
31998Glockengießerei A. Bachert888 mm448 kgb'
41932Glockengießerei S. Schilling735 mm240 kgc''

Annenfriedhöfe

Nach der Annenkirche benannt sind auch die zugehörigen vier Annenfriedhöfe, von denen heute noch der dritte (Alter Annenfriedhof) und der vierte (Neuer Annenfriedhof) erhalten sind.

Literatur

  • anonym: Nachricht von der am 8ten Oct. 1769 erfolgten feierlichen Einweihung der von Grund aus wiederum neu erbauten Annen-Kirche. Dresden 1769 (Digitalisat)
  • Hagen Bächler, Reinhard Möller, Monika Schlechte: Führer zum Barock in Dresden. Dortmund 1991, ISBN 3883796115
  • Gustav Böttger: Die Geschichte der Annenkirche in Dresden. Dresden 1860 (Digitalisat)
  • Franz Dibelius: Die Dresdner Annengemeinde 1578–1878. Dresden 1878 (Digitalisat)
  • Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde. Hrsg. vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsens. Mit einem Geleitwort von Jochen Bohl und Fotografien von Klaus-Peter Meißner. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2011, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 287.
Commons: Annenkirche, Dresden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Aus finstrem Barock wird lichter Jugendstil. Am 21. Februar 1909 wurde die Annenkirche nach Umbau wiedergeweiht. Archiviert vom Original am 16. September 2018;.
  • Annenkirche im Stadtwiki Dresden

Einzelnachweise

  1. Geschichte der königlichen Haupt- und Residenzstadt Dresden. M.B.Lindau, 1885, S. 347
  2. Stadt Dresden, Stadtteilentwicklungsprojekte - Projektgebiet Dresden West/Friedrichstadt, Massnahme Aufwertung der Annenkirche (Memento vom 19. April 2015 im Internet Archive)
  3. Aus finstrem Barock wird lichter Jugendstil. Am 21. Februar 1909 wurde die Annenkirche nach Umbau wiedergeweiht. Archiviert vom Original am 16. September 2018; abgerufen am 8. September 2016.
  4. Orgel-Datenbank, abgerufen am 18. September 2017.
  5. 1 2 Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen: Klang zwischen Himmel und Erde. Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, ISBN 978-3-374-02871-9, S. 287.

Koordinaten: 51° 2′ 56″ N, 13° 43′ 40″ O

This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.