Anny Klawa-Morf, geborene Anny Morf (* 10. Januar 1894 in Basel; † 15. April 1993 in Bern) war eine Schweizer sozialistische Frauenrechtlerin.

Leben

Ihre Eltern waren Robert Heinrich Morf und Emma, geborene Ledermann (1865–1945). Ihr Vater, ein gelernter Bäcker, arbeitete als Hilfsarbeiter und beteiligte sich 1906 am Streik in Albisrieden wodurch er auf eine schwarze Liste kam. Die Familie verlor dabei die fabrikeigene Wohnung der Maschinenfabrik Schäppi & Schweizer und stand mit dem Mobiliar vier Tage auf der Strasse. Anny vernichtete mit ihrer Mutter den Gemüsegarten, um ihn nicht einer Streikbrecherfamilie zu überlassen.

Anny Morf arbeitete ab 1908 in der Seidenweberei Baumann älter in Höngg. Sie trat dabei den sozialistischen Jungburschen bei und 1909 in den Arbeiterinnenverein und in den Textilarbeiterverband. 1910/1911 gründete sie eine «Sozialistische Mädchengruppe» und trat in die Sozialdemokratische Partei der Schweiz ein. An den Sitzungen des linksextremen Debattierklubs «Kegelklub» nahmen neben ihr unter anderen regelmässig Willi Münzenberg, Rosa Bloch-Bollag, Fritz Platten, Willi Trostel und Ernst Nobs teil. Charitonow hatte hier Lenin eingeführt. 1912 nahm sie am so genannten Friedenskongress der Zweiten Internationale in Basel teil. Als Mitglied der Streikleitung fand sie danach keine Anstellung mehr. Es folgten mehrere Jahre Gelegenheitsarbeiten, Aufenthalte im Ausland sowie in Gefängnissen.

Nach dem Ersten Weltkrieg trat sie aus der Kirche aus. Erfahrungen in der Familie machten sie misstrauisch gegenüber Männern. Als Mitarbeiterin Ernst Tollers war sie bei der «Roten Armee» in Dachau, erlebte den Zusammenbruch der Münchner Räterepublik und wurde in Stadelheim inhaftiert.

Ab 1921 lebte sie in Bern, arbeitete ab 1922 in einer Seidenfabrik und trat in die Sozialdemokratische Partei Länggasse ein. Im gleichen Jahr heiratete sie den lettischen Typografen Jānis Kļava (1876–1956), der die Tochter Elisabeth (Susy; 1910–1947) hatte. Anny wandte sich nun publizistischer Tätigkeit zu und begann gemeinsam mit Karl Geissbühler mit dem Aufbau der Berner Kinderfreunde der Roten Falken, die sie bis 1967 leitete. 1936 organisierte sie die Spanienhilfe des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks (SAH).

Nach Jānis Kļavas Tod arbeitete sie zunächst als Wasch- und Putzfrau, bis sie eine Arbeit bei der SMUV-Krankenkasse erhielt, die sie bis 1978 ausführte.

1982 wurde im Schweizer Fernsehen unter dem Titel "Ich ha nie ufgä" ein 50-minütiger Dokumentarfilm über ihr Leben ausgestrahlt. Ihr Nachlass, der zahlreiche Korrespondenzen und Fotodokumente beinhaltet, gelangte nach ihrem Tod ins Schweizerische Sozialarchiv. Als um 2010 im Zuge der Verkehrsberuhigung rund um die Weststrasse in Zürich neue Plätze entstanden waren, wurde der Anny-Klawa-Platz zwischen Lochergut und Bullingerplatz nach ihr benannt. Im März 2019 wurde von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz die Anny-Klawa-Morf-Stiftung gegründet. Sie versteht sich als parteinahe, aber von der SP Schweiz unabhängige Stiftung. Ihr Fokus liegt auf der politischen Grundlagen- und Bildungsarbeit.

Literatur

  • Annette Frei Berthoud: Klawa (-Morf), Anny. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Annette Frei: Rote Patriarchen: Arbeiterbewegung und Frauenemanzipation in der Schweiz um 1900. Chronos-Verlag, Zürich 1987, ISBN 3-90527813-8. (Anhang A Gespräch mit Anny Klawa-Morf.)
  • Annette Frei Berthoud: Die Welt ist mein Haus. Das Leben der Anny Klawa-Morf. Limmat-Verlag, Zürich 1991, ISBN 3-85791178-6.
  • Klawa-Morf, Anny, in: Gudrun Wedel: Autobiographien von Frauen. Ein Lexikon. Köln : Böhlau, 2010, S. 414f.
  • Gisela Luginbühl: Anny Klawa-Morf: Eine grosse Schweizer Sozialistin ist tot. In: Emanzipation 19 (1993), Nr. 5 (Juni), S. 22. (Digitalisat in E-Periodica).

Einzelnachweise

  1. Maurerstreik und Streik bei Arbenz in Albisrieden 1906 Stadtarchiv Zürich V.L. 63
  2. Sozialarchiv: Foto Anny Klawa-Morf mit Janis Klawa und ihrer Mutter
  3. Kinderfreunde Bern: Lager- und Ferienhaus „Hüsi“ Belpmoos
  4. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 30. November 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. http://findmittel.ch/archive/archNeu/Ar127.html
  6. Tages-Anzeiger vom 25. Mai 2012: Trügerische Idylle an der Westtangente
  7. Portrait | Stiftung Anny Klawa-Morf. 11. September 2019, abgerufen am 6. August 2021 (deutsch).
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