Anthony "Tony" Frank Hinds, als Drehbuchautor unter dem Pseudonym John Elder, (* 19. September 1922 in London-Ruislip, Vereinigtes Königreich; † 30. September 2013 in Oxfordshire) war ein britischer Filmproduzent und Drehbuchautor, dessen Wirken eng mit den auf Horrorfilme spezialisierten Hammer Film Productions verbunden ist.
Leben und Wirken
Der Sohn des Music-Hall-Komikers William Hinds, der als Will Hammer (1888–1957), einem der beiden Gründer der Hammer Films, in die Annalen britischer Kinogeschichte gehen sollte, besuchte in London die St. Paul’s School. Nach dem Kriegsdienst bei der Royal Air Force stieg Anthony Hinds in die damals (1946) noch gänzlich unbedeutende, väterliche Produktionsfirma, die lediglich in den 1930er Jahren einige Filme herausgebracht hatte, ein. Während der Sohn des Firmen-Mitbegründers Enrique Carreras, James Carreras, sich um die Management-Leitung kümmerte, oblag Hinds die kreative Leitung der Hammer-Films und somit die eigentliche Herstellung der Hammer-Filme. Bei dem Filmchen Death in High Heels überließ man ihm 1947 erstmals die Produktionsüberwachung, mit dem Billigkrimi Who Killed Van Loon? legte er im Juni 1948 als Produzent seinen ersten Streifen vor.
Bis Mitte der 1950er Jahre produzierte Anthony Hinds mit der Hammer-Films durchgängig kostengünstig hergestellte B-Filme — nahezu durchgängig Krimis, Dramen und Melodramen. Erst 1955 entschloss man sich mit dem Streifen Schock dazu, sich auf die Herstellung von Science-Fiction- und Gruselstoffen zu konzentrieren. 1957 gelang schließlich der große Durchbruch mit dem im Vorjahr gedrehten Remake des Frankenstein-Stoffs, den Hollywood 1931 mit großem Erfolg erstmals umgesetzt hatte. Den Erfolg der Neuverfilmung hatte Firmengründer Will Hammer kaum mehr miterlebt; er starb einen Monat nach der Uraufführung von Frankensteins Fluch während einer Fahrt auf dem Fahrrad.
Tony Hinds baute nun ganz auf das Horrorfilm-Genre und fertigte nunmehr, arbeitsteilig mit Carreras-Enkel Michael Carreras, weitere Neuverfilmungen des klassischen Hollywood-Gruselfilmkinos der 1930er und 1940er Jahre an, darunter Dracula, Die Rache der Pharaonen (Remake von Die Mumie), Schlag 12 in London (Remake von Die Jekyll und Mr. Hyde), Der Fluch von Siniestro (Remake des Werwolf-Stoffs Der Wolfsmensch) und Das Rätsel der unheimlichen Maske (Remake von Das Phantom der Oper). Vor allem die Dracula- und Frankenstein-Filme erwiesen sich als äußerst kassenträchtig, weshalb Hinds und Carreras auch mehrere Fortsetzungen initiierten. Die zentralen Hammer-Films-Arbeiten in beider Ägide inszenierte Routinier Terence Fisher, zu mehreren dieser Streifen steuerte Hinds unter dem Pseudonym John Elder auch das Drehbuch bei.
Nachdem Hammer-Films Ende der 1960er Jahre in eine finanzielle Schieflage geriet, wurde Hinds‘ Rückzug aus der Firma von den ihn unterstützenden US-Finanziers mehr oder weniger erzwungen, und er musste inmitten der Produktion der Fernsehserie Journey to the Unknown, in deren Mittelpunkt übernatürliche Geschehnisse standen, den Hut nehmen. 1970 musste Hinds auch den Vorstand der Hammer Films verlassen. Als Drehbuchautor blieb er jedoch auch weiterhin seiner früheren Firma verbunden. Anthony Hinds, zuletzt an Parkinson erkrankt, war seit 1956 bis zu seinem Tod mit Jean Knowles verheiratet. Das Ehepaar hat zwei Töchter.
Filmografie
Als Produzent, wenn nicht anders angegeben
- 1948: Who Killed Van Loon?
- 1949: Geheimwelle 505 (Dick Barton Strikes Back)
- 1949: Celia
- 1949: Meet Simon Cherry
- 1949: The Man in Black
- 1950: Room to Let
- 1950: What the Butler Saw
- 1951: The Dark Ligh
- 1951: Cloudburst
- 1952: Erpresserin (The Last Page)
- 1952: Wings of Danger
- 1952: Stolen Face
- 1952: Vom Täter fehlt jede Spur (Lady in the Fog)
- 1953: Teufel in Blond (The Flanagan Boy)
- 1953: Todesroulette (The Saint’s Return)
- 1953: Das Gangster-Syndikat (36 Hours)
- 1954: Five Days
- 1955: The Glass Cage
- 1955: Schock (The Quatermass Xperiment)
- 1956: XX unbekannt (X the Unknown)
- 1956: Frankensteins Fluch (The Curse of Frankenstein)
- 1957: Feinde aus dem Nichts (Quatermass II)
- 1957: Dracula
- 1958: Die gelbe Hölle (The Camp on Blood Island)
- 1958: Frankensteins Rache (The Revenge of Frankenstein)
- 1959: Der Hund von Baskerville (The Hound of the Baskervilles)
- 1959: Vertraue keinem Fremden (Never Take Sweets From a Stranger)
- 1959: Die Würger von Bombay (The Stranglers of Bombay)
- 1960: Dracula und seine Bräute (The Brides of Dracula) (auch Drehbuchbeteiligung)
- 1960: Der Fluch von Siniestro (The Curse of the Werewolf) (auch Drehbuch)
- 1961: Das Rätsel der unheimlichen Maske (The Phantom of the Opera) (auch Drehbuch)
- 1961: Sie sind verdammt (The Damned)
- 1962: Haus des Grauens (Paranoiac)
- 1962: Der Kuß des Vampirs (The Kiss of the Vampire) (auch Drehbuch)
- 1962: Das alte finstere Haus (The Old Dark House)
- 1963: Frankensteins Ungeheuer (The Evil of Frankenstein) (auch Drehbuch)
- 1964: Das düstere Haus (Fanatic)
- 1965: Rasputin – Der wahnsinnige Mönch (Rasputin the Mad Monk) (nur Drehbuch)
- 1965: Das schwarze Reptil (The Reptile) (nur Drehbuch)
- 1966: Frankenstein schuf ein Weib (Frankenstein Created Woman) (nur Drehbuch)
- 1966: Der Fluch der Mumie (The Mummy’s Shroud)
- 1967: Bestien lauern vor Caracas (The Lost Continent)
- 1968: Journey to the Unknown (Fernsehserie)
- 1968: Draculas Rückkehr (Dracula Has Risen From His Grave) (nur Drehbuch)
- 1970: Wie schmeckt das Blut von Dracula? (Taste the Blood of Dracula) (nur Drehbuch)
- 1970: Dracula – Nächte des Entsetzens (Scars of Dracula) (nur Drehbuch)
- 1973: Frankensteins Höllenmonster (Frankenstein and the Monster From Hell) (nur Drehbuch)
- 1974: Die Legende vom Werwolf (Legend of the Werewolf) (nur Drehbuch)
- 1975: Der Ghul (The Ghoul) (nur Drehbuch)
- 1980: Gefrier-Schocker (Hammer House of Horror) (TV-Serie, Drehbuch zu einer Episode)
Literatur
- International Motion Picture Almanac 1965, Quigley Publishing Company, New York 1964, S. 130.
- Allen Eyles, Robert Adkinson, Nicholas Fry: The House of Horror. The Story of Hammer Films. Lorrimer Publishing Limited, London 1973, ISBN 978-0-85647-020-2
Einzelnachweise
- ↑ William Hinds (Will Hammer) auf findmypast.co.uk
Weblinks
- Nachruf auf The Daily Telegraph
- Nachruf auf starburstmagazine.com
- Anthony Hinds in der Internet Movie Database (englisch)