Arthur Robert Jensen (* 24. August 1923 in San Diego, Kalifornien; † 22. Oktober 2012 in Kelseyville, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Psychologe. In der Diskussion um die Ursachen für Intelligenzunterschiede war er ein wichtiger Vertreter des Standpunkts, dass Intelligenz zu einem erheblichen Teil genetisch bedingt sei.

Jensens mehr als 400 Artikel, Buchkapitel und Bücher umfassendes wissenschaftliches Werk befasst sich auf breiter Basis mit der Intelligenzforschung. Bei seiner kontroversen öffentlichen Rezeption stand im Vordergrund, dass Jensen 1969 in dem Fachartikel How Much Can We Boost I.Q. and Scholastic Achievement? auch den in Intelligenztests vielfach festgestellten Unterschied zwischen dem mittleren IQ von Weißen und Schwarzen teilweise auf genetische Unterschiede zurückgeführt hatte.

Leben

Jensens Mutter war Linda Mary, geb. Schachtmayer, sein Vater Arthur Alfred Jensen, Präsident der Dixie Lumber Co.

Jensen studierte an der University of California, Berkeley (B. A. 1945), am San Diego State University (M. A. 1952) und promovierte 1956 an der Columbia University. Als Professor unterrichtete er anschließend in Berkeley.

Wissenschaftler

Im Februar 1969 veröffentlichte er im Harvard Educational Review den kontrovers diskutierten Artikel How Much Can We Boost I.Q. and Scholastic Achievement?. Er geht darin von einem Bericht aus, in dem die United States Commission on Civil Rights 1967 festgestellt hatte, dass ein Programm zur kompensatorischen Erziehung in dem untersuchten Zeitraum nicht zu der gewünschten Steigerung der Leistungen sozial benachteiligter Schüler geführt hatte. Auf der Suche nach Gründen für diese Beobachtung gelangt er zu dem Schluss, dass Unterschiede im Intelligenzquotienten einem starken genetischen Einfluss unterlägen. Er stellt die Zweckmäßigkeit von Programmen in Frage, deren Ziel es ist, die durch IQ-Tests gemessene Intelligenz zu steigern und schlägt vor, stattdessen spezifische Fähigkeiten zu fördern. Da Jensen seine Theorie auch auf das im Mittel schlechtere Abschneiden von Schwarzen im Vergleich zu Weißen bei gängigen IQ-Tests überträgt, wurde ihm nach Veröffentlichung des Artikels Rassismus vorgeworfen. Obwohl Jensen einen Brief besaß, in dem die Herausgeber des Harvard Educational Review ihn gezielt dazu aufgefordert hatten, in seinem Artikel zu dieser Frage Stellung zu beziehen, bestritten die Herausgeber diese Bitte infolge der wütenden öffentlichen Reaktion.

Jensen glaubte, dass die Ebene I-Leistungen bei Arbeiter- und Unterschichtskindern gut ausgeprägt sein können – auch dann wenn ihr IQ niedrig ist. Jensen beklagt, dass „die traditionellen Methoden des Klassenzimmerunterrichts in Bevölkerungskreise entwickelt wurden, welche ein überwiegend mittelständisches Vorbild an Begabungen hatten“ und fordert eine Schule, die nicht nur den Mittelschichtslernstil berücksichtigt. Auf der Grundlage von Hicks Gesetz kann mit der von Jensen entwickelten Jensen-Box die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit als Indikator für die Intelligenz gemessen werden.

Jensen war Mitglied des redaktionellen Beirats der Fachzeitschriften Intelligence und Personality and Individual Differences. Jensen wurde 2003 mit dem Kistler-Preis und 2006 mit dem Lifetime Achievement Award, der höchsten Auszeichnung der International Society for Intelligence Research, ausgezeichnet.

Resonanz und Kritik

Die Veröffentlichung seines Aufsatzes zur genetischen Bedingtheit von Intelligenz hatte starke Proteste und sogar Morddrohungen zur Folge. Infolge dieser Proteste verweigerte die Zeitschrift Harvard Educational Review, in welcher der Artikel erschienen war, Jensen zeitweise Nachdrucke seiner Arbeit.

Der Paläontologe und Evolutionsforscher Stephen Jay Gould griff 1981 Jensens These in seinem Werk Der falsch vermessene Mensch (im Original The Mismeasure of Man) scharf an. Jensen veröffentlichte ein Review des Buchs, in dem er Gould die Konstruktion von Strohmannpositionen und die mangelnde Auseinandersetzung mit der aktuellen Forschung vorwarf.

Jensen publizierte mehrfach in Neue Anthropologie, der Zeitschrift des rechtsextremen Vereins Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung unter dem Vorsitz des Neonazi Jürgen Rieger. Ein ursprünglich für die Zeitschrift Mannus der Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte (Bonn) geplanter Artikel mit dem Titel Educability, Heritability and Population Differences wurde von dieser an die Neue Anthropologie weitergegeben.

Literatur

  • Stephen H. Aby, Martha J. McNamara: The IQ debate. A selective guide to the literature. Greenwood Press, 1990, ISBN 978-0-313-26440-5.
  • Frank Miele: Intelligence, Race, and Genetics. Conversations with Arthur R. Jensen. Westview Press, 2002. ISBN 0-8133-4008-X.
  • Margalit Fox: Arthur R. Jensen Dies at 89; Set Off Debate About I.Q. In: The New York Times. 1. November 2012.
Artikel
  • Schwarz, Weiß, Gelb-wer ist intelligenter. In: Geo-Magazin. Hamburg 1980,3, S. 146–148. Forum: Der amerikanische Psychologe stellt nach neuen Forschungen Fragen zur Debatte, mit denen er die Welt schon einmal schockiert hat. ISSN 0342-8311

Einzelnachweise

  1. Jensen, Arthur. In: Current biography yearbook. H.W. Wilson Company, 1974, S. 206.
  2. Arthur R. Jensen: How Much Can We Boost IQ and Scholastic Achievement? In: Harvard Educational Review. Bd. 39, Nr. 1, Winter 1969, S. 1–123.
  3. 1 2 Genetics and Education: a second look. In: New Scientist. 12. Oktober 1972, Seite 96.
  4. Jensen, zitiert nach: Hans Jürgen Eysenck: Die Ungleichheit der Menschen. Orion-Heimreiter-Verlag, Kiel 1984. ISBN 3-89093-100-6, S. 245.
  5. Webseiten von Intelligence und Personality and Individual Differences, abgerufen am 21. Februar 2011.
  6. http://www.isironline.org/2006-lifetime-achievement-award/
  7. Zur Rezeption des Aufsatzes (englisch)
  8. Christopher Lehmann-Haupt: Books of the Times. In: The New York Times. 21. Oktober 1981. Besprechung von Goulds Buch in der New York Times.
  9. Arthur R. Jensen: The Debunking of Scientific Fossils and Straw Persons. In: Contemporary Education Review. Band 1, Nr. 2, 1982, S. 121- 135 (debunker.com).
  10. Karl Banghard: Die DGUF-Gründung 1969 als Reaktion auf den extrem rechten Kulturkampf. In: Archäologische Informationen. Band 38, 2015, S. 433452, S. 445.
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