Das Bahnpostamt Halle (Saale) war eine Einrichtung der Bahnpost innerhalb der Reichspost in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt.
Geschichte
Vorgeschichte
Im Jahr 1849 wurden in Preußen acht Post-Speditions-Ämter gegründet, die den Postverkehr auf den Bahnlinien übernehmen sollten. Das Königliche Post-Speditions-Amt Nr. 6 entstand in Halle und war zunächst nur für die 1847 eröffnete Thüringer Bahn nach Eisenach zuständig, obwohl auch die älteste preußische Fernbahn (Magdeburg–Leipzig, erbaut von 1838 bis 1840) durch Halle führte. Das Post-Speditions-Amt befand sich in der Leipziger Straße und es besaß eine Bahnhofs-Abfertigungs-Expedition am Bahnhof der Thüringischen Eisenbahn-Gesellschaft. Es war der Oberpostdirektion Halle (Saale) unterstellt. Mit der Ausweitung des Bahnpostverkehrs erhielt die – mittlerweile in Königliches Eisenbahn-Post-Amt Nr. 6 umbenannte – Einrichtung bald eine weitere Bahnlinie (Leipzig–Weißenfels–Gera) zugewiesen. Dadurch kam es zu ersten Platzproblemen und das Postamt, das kurzzeitig unter der Adresse Magdeburger Chaussee 2 (am heutigen Riebeckplatz) zu finden war, zog zum Königsplatz (heute Georg-Schumann-Platz) um.
Deutsches Reich
Am Königsplatz war unter der Adresse Königsstraße 36 (heute Rudolf-Breitscheid-Straße Ecke Franckestraße) im Jahr 1865 ein Telegrafenamt errichtet worden. Das Eisenbahn-Post-Amt zog mit der Fertigstellung in dessen Obergeschoss um. In den späten 1860er Jahren erfolgte zudem die Umbenennung der bereits zuvor bestehenden Bahnhofs-Abfertigungs-Expedition am Thüringer Bahnhof in Königliche Post-Expedition. Diese – mit der Entstehung des Deutschen Reiches Kaiserliche Bahnhofs-Post-Expedition genannte – Einrichtung war auch Teil des nun geschaffenen Kaiserlichen Eisenbahn-Post-Amtes Nr. 29 und unterstand weiterhin direkt der Oberpostdirektion Halle.
Da Halle sich mit der Einrichtung weiterer Bahnlinien (Halle–Kassel 1863–1872, Halle-Vienenburg 1867–1872, Halle-Guben 1871–1872) zum Verkehrsknotenpunkt entwickelt hatte, wurden die Räumlichkeiten erneut ein Problem. Das Eisenbahn-Postamt erhielt daher ein weiteres Büro in der Königstraße. Weitere Bahnlinien folgten, aber durch den Auszug von Teilen des Telegrafenamtes in den Neubau der Oberpostdirektion war ausreichend Platz in dem Gebäude, das nun unter der Adresse Königstraße 88 zu finden war.
Im Jahr 1911 wurde der Bau des neuen Bahnpostamtes in der Kirchnerstraße fertiggestellt und so konnte es in eigene Räumlichkeiten ziehen. Um das Jahr 1923 entstand zudem ein Postamt Nr. 8 in Halle, das als Zweigpostamt des Bahnpostamtes Nr. 29 in dem Gebäude des Postamtes Nr. 2 in der Ernst-Kamieth-Straße untergebracht war, mit dem es über Flügelbauten verbunden war.
Seit 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Bahnpostamt 29 als Sonderamt auch nach der Restrukturierung der Deutschen Post in der DDR zum 1. Januar 1953 innerhalb der Postbezirksdirektion Halle weiter bestehen.
Baubeschreibung
Mit dem Bau des Kaiserlichen Postamtes II in der Ernst-Kamieth-Straße entstand das Bahnpostamt als über den Innenhof verbundener aber eigenständiger Bau in der Kirchnerstraße. Es wurde daher ebenfalls von den Architekten Reinhold Knoch und Friedrich Kallmeyer entworfen und in den Jahren von 1908 bis 1911 errichtet. Es entstand ein straßenbildbeherrschendes Gebäude mit zwei Seitenrisaliten und einer unvollendeten Symmetrie, die gerade im Zentrum der Straßenfassade die Symmetrie aufgibt, indem nur links der Hofeinfahrt ein Eingang mit Werkstein ergänzt wurde und die Dachgaube nicht über die mittleren drei Achsen gesetzt wurde, sondern nach links verschoben wurde. Ebenfalls analog zum Kaiserlichen Postamt II ist die Formsprache des Eklektizismus, bei der auch hier Jugendstil, Neorenaissance und Neobarock miteinander verbunden wurden. Eine Reihe von Reliefs, darunter ein Posthorn, wurden über die Fassade verteilt. Daneben fand Werkstein nur bei den Risaliten Anwendung.
Das Gebäude in der Kirchnerstraße 6 und 7 steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz und ist im Denkmalverzeichnis mit der Nummer 094 12732 erfasst.
Literatur
- Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Band 4, Stadt Halle, erarbeitet von Holger Brülls und Dorothee Honekamp, fliegenkopf Verlag, Halle (Saale) 1996, ISBN 3-910147-62-3.
- C. H. Freiherr vom Hagen: Die Stadt Halle, nach amtlichen Quellen historisch-topographisch-statistisch dargestellt, Band 1, Verlag von Julius Fricke, Halle (Saale) 1867.
- Siegmar Baron von Schultze-Galléra: Topographie oder Häuser- und Straßengeschichte der Stadt Halle a. d. Saale. Zweiter Band – erste Hälfte: Vorstädte und Stadterweiterungen. Südlicher Halbkreis. Verlag Wilhelm Hendrichs, Halle a. d. Saale 1921 (Reprint Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2018, ISBN 978-3-95966-306-9).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ August von der Heydt: Den Postbetrieb auf Eisenbahnen betreffend. In: Amtsblatt des Königlichen Post-Departements. Nr. 13. Berlin 1849, S. 67–70 (google.de).
- ↑ Wohnungs-Anzeiger für die Stadt Halle a/S. auf das Jahr 1856, redigiert von W. Wenzel, Verlag Hermann Berner, Halle a/S. 1856, Nachweis IV, Seite 82.
- ↑ Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle a. d. S. auf das Jahr 1860, herausgegeben von Hermann Berner, Verlag Hermann Berner, Halle a. d. S. 1860, Nachweis IV, Seite 81. – Wohnungs-Anzeiger und Adreßbuch für die Gesammtstadt Halle a. d. S. auf das Jahr 1864, herausgegeben von Hermann Berner, Verlag Hermann Berner, Halle a. d. S. 1864, Nachweis IV, Seite 79. – Wohnungs-Anzeiger und Adreßbuch für die Gesammtstadt Halle a. d. S. auf das Jahr 1865, herausgegeben von Hermann Berner, Verlag Hermann Berner, Halle a. d. S. 1865, Nachweis IV, Seite 82. – Hagen, Band 1, Seite 354.
- ↑ Adreß-Buch und Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle a. d. S. auf das Jahr 1867, herausgegeben von Hermann Pöhnitzsch, Verlag Otto Hendel, Halle 1867, Nachweis IV, Seite 81.
- ↑ Adreß-Buch und Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle an der Saale auf das Jahr 1869, herausgegeben von Hermann Pöhnitzsch, Verlag Otto Hendel, Halle 1869, Vierter Nachweis, Seite 92. – Hagen, Band 1, Seite 354.
- ↑ Adreß-Buch und Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle an der Saale und Giebichenstein … auf das Jahr 1872, herausgegeben von Hermann Pöhnitzsch, Verlag Otto Hendel, Halle 1872, Vierter Nachweis, Seite 78. – Adreß-Buch und Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle a. d. Saale und Giebichenstein … auf das Jahr 1873, herausgegeben von Hermann Pöhnitzsch, Verlag Otto Hendel, Halle 1873, Vierter Nachweis, Seite 81.
- ↑ Adreß-Buch und Wohnungs-Anzeiger für die Gesammtstadt Halle a. d. Saale und Giebichenstein … auf das Jahr 1875, herausgegeben von Hermann Pöhnitzsch, Verlag Otto Hendel, Halle 1875, Vierter Nachweis, Seite 82. – Verwaltungsberichte der Stadt Halle an der Saale, herausgegeben vom Magistrat der Stadt Halle, Neue Folge, Die Jahre 1872 1. April 1879, Verlag von Julius Fricke, Halle (Saale) 1880, Seite 138.
- ↑ Adreß-Buch für die Stadt Halle a. d. Saale mit Giebichenstein, Trotha und Cröllwitz auf das Jahr 1897, herausgegeben von Otto Hendel, Verlag Otto Hendel, Halle 1897, Sechster Nachweis, Seite 1. In der Ausgabe von 1922 (Nachweis IV, Seite 1–2) noch nicht mit erwähnt.
- ↑ Adreß-Buch für Halle a. d. S. und Umgebung auf das Jahr 1923, Verlag August Scherl, Halle 1922, Nachweis IV, Seite 1.
- ↑ M 403 Deutsche Post. Bezirksdirektion Halle, 1875-2016 (Bestand)[Benutzungsort: Dessau]. In: recherche.landesarchiv.sachsen-anhalt.de. Abgerufen am 31. Oktober 2022 (Erklärungstext des Landesarchivs Sachsen-Anhalt zu einem Aktenbestand).
- ↑ Denkmalverzeichnis, Band 4, Seite 121.
- ↑ Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt (PDF; 9,9 MB) – Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung (der Abgeordneten Olaf Meister und Prof. Dr. Claudia Dalbert; Bündnis 90/Die Grünen) – Drucksache 6/3905 vom 19. März 2015 (KA 6/8670).
Koordinaten: 51° 28′ 34,5″ N, 11° 58′ 59,7″ O