Martha Beatrice Webb geborene Potter (* 22. Januar 1858 in Standish House, Gloucestershire; † 30. April 1943 in Liphook, Hampshire) war eine britische Sozialistin und Sozialreformerin.
Leben
Beatrice Potter wurde als zweitjüngste der neun Töchter des Industriellen Richard Potter geboren (der einzige Sohn starb als Dreijähriger). Ihr Vater schuf ihr die Möglichkeiten (u. a. Privatlehrer) zum Erwerb einer breiten humanistischen Bildung. Nach Besichtigungen der Slums von Soho und ihrem Besuch von armen Verwandten in Wales, wo sie im Jahre 1883 das bedrückende Los der in den Spinnereien Arbeitenden kennengelernt hatte, beschloss sie, Sozialforscherin zu werden. Sie wurde Mitarbeiterin ihres Cousins Charles Booth, der von 1886 an die Enquete Life and Labour of the People of London erstellte. Nach einer Affäre mit dem liberalen Abgeordneten Joseph Chamberlain heiratete sie 1892 unstandesgemäß den Staatsangestellten und Fabianer Sidney James Webb. Die Ehe blieb kinderlos. Die Webbs konnten aus Beatrices ererbtem Vermögen leben und sich der Forschung widmen.
Noch als Beatrice Potter veröffentlichte sie das Buch The Cooperative Movement in Great Britain (1891), das später von Lenin ins Russische übersetzt wurde. Nach der Heirat publizierte sie meist zusammen mit ihrem Ehemann, weshalb beide oft im selben Atemzug genannt werden. Nachdem ihr Gatte 1929 als Baron Passfield zum erblichen Peer erhoben worden war, weigerte sie sich, den damit verbundenen Höflichkeitstitel Baroness Passfield zu verwenden. Beatrice Webb war sehr aktiv in der Fabian Society. Sie war 1895 Mitbegründerin der London School of Economics and Political Science und der bis heute existierenden politischen Zeitschrift The New Statesman. Nach einem Besuch der Sowjetunion schrieben die Webbs ein lobendes Buch und verteidigten in mehreren Artikeln die stalinistischen Repressionsmaßnahmen. 1931 wurde sie zum Fellow der British Academy gewählt.
Ihr Neffe Stafford Cripps wurde ein bekannter britischer Labour-Politiker in den 1930er und 1940er Jahren.
Schriften (Auswahl)
- The co-operative movement in Great Britain. London 1891.
- mit Sidney Webb: The History of Trade Unionism. 1894
- deutsch: Die Geschichte des Britischen Trade Unionismus. Stuttgart 1895.
- mit Sidney Webb: Industrial Democracy. 1897
- deutsch: Theorie und Praxis der Englischen Gewerkvereine. 2 Bände. Stuttgart 1898.
- The Wages of men and women: Should they be equal? London 1919.
- mit Sidney Webb: Soviet Communism. A New Civilization? Longmans, Green and Co, London 1935. [Die Zweite und Dritte Auflage aus den Jahren 1942 und 1944 ohne das ?.]
- My Apprenticeship.
- deutsch: Meine Lehrjahre. Eine Autobiographie. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-14625-3.
Literatur
- Kay Richards Broschart: Beatrice Webb, in: Mary Jo Deegan (Hrsg.): Women in sociology : a bio-bibliographical sourcebook. New York : Greenwood Press, 1991, S. 425–431
Weblinks
- Literatur von und über Beatrice Webb im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie Beatrice Webb. Projekt „50 Klassiker der Soziologie“ im Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich am Institut für Soziologie der Karl-Franzens-Universität Graz, 31. Oktober 2003
- Marion Kremer: Beatrice Webb. FemBiografie (mit Zitaten, Links und Literaturangaben)
Einzelnachweise
- ↑ Fellows: Beatrice Webb. British Academy, abgerufen am 17. August 2020.