Giuseppe Piero „Beppe“ Grillo (* 21. Juli 1948 in Genua) ist ein italienischer Kabarettist, Komiker, Schauspieler und Politiker. Er gründete 2009 die Partei Movimento 5 Stelle.

Biografie

Nach einer Ausbildung zum Buchhalter wurde er bei einem Vorsprechen bei der RAI in Mailand entdeckt. Der dabei anwesende Fernsehmoderator Pippo Baudo wurde auf Grillo aufmerksam. Danach spielte er für zwei Jahre (1977–1978) bei der Show Secondo Voi mit. 1979 nahm er an den Fernsehshows Luna Park und Fantastico teil.

Am Nachmittag des 7. Dezember 1981 verlor Grillo auf einer Militärstraße, die von Limone Piemonte über den Colle di Tenda führt, die Kontrolle über seinen Chevrolet Blazer K5. Das Fahrzeug rutschte über eine Eisschicht und stürzte in eine 80 Meter tiefe Schlucht. Beppe rettete sich, indem er vor dem Sturz aus dem Auto sprang. Drei seiner vier Beifahrer, ein Ehepaar und deren 9-jähriger Sohn, starben bei dem Unglück. Aufgrund des Vorfalls wurde Grillo am 14. März 1985 wegen fahrlässiger Tötung zu vierzehn Monaten Haft verurteilt.

In den 1980ern folgten Sendungen wie Te la do io l’America (1982, 4 Episoden) und Te lo do io il Brasile (1984, 6 Episoden), in denen er Anekdoten von seinen Reiseerlebnissen in den USA und in Brasilien erzählte. Seine Popularität nahm weiter zu, und er moderierte die extra für ihn entwickelte TV-Show Grillometro. Für seine Rolle als Giovanni im Film Keine Zeit für Wunder (Cercasi Gesù) wurde er 1982 mit dem David di Donatello und auch mit dem Nastro d’Argento des Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani als bester Nachwuchsschauspieler ausgezeichnet.

1986 bekamen seine Auftritte immer politischere Züge bis hin zur Satire, wobei er italienische Politiker oft direkt angriff. 1987 attackierte er die Sozialistische Partei (PSI) und ihren Führer Bettino Craxi aus Anlass seines Chinabesuchs. Grillo sagte: „Wenn die Chinesen alle Sozialisten sind, wen bestehlen sie dann?“ Diese Frage spielte auf die für Korruption berüchtigte PSI an. Als Konsequenz wurde Grillo vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen weitgehend ausgeschlossen und seine TV-Auftritte wurden in den 1990ern seltener. Die Initiative für seine Verbannung aus Fernsehsendungen ging von Politikern aus, die von ihm wegen ihrer finanziellen Unregelmäßigkeiten angegriffen worden waren. Eine seiner letzten Shows wurde 1993 von der RAI ausgestrahlt und erreichte 16 Millionen Zuschauer.

Blog

Ende der 1990er Jahre trat Grillo mit sehr großem Erfolg an Theatern und in Arenen in Italien und im Ausland auf. Er behandelte dabei Themen wie Energiepolitik, Korruption, Meinungsfreiheit und Globalisierung. Er betreibt einen täglich aktualisierten Blog, der auf Italienisch, Englisch und Japanisch verfügbar ist. Laut Technorati war dieser Blog zeitweise einer der zehn am häufigsten besuchten Blogs weltweit; zum Beispiel lag er im April 2008 auf Rang 15.

Am 1. September 2005 kaufte Grillo eine ganzseitige Anzeigenseite in der italienischen Tageszeitung La Repubblica, in der er zur Entlassung des Direktors der Banca d’Italia Antonio Fazio wegen des Antonveneta-Bankskandals aufrief. Im Oktober 2005 wählte ihn das Time-Magazin wegen seines beständigen Kampfes gegen Korruption und Wirtschaftsskandale zu einem der „Europäischen Helden 2005“. Am 22. November 2005 kaufte Grillo eine ganze Seite in der International Herald Tribune und schlug dort vor, dass Mitglieder des italienischen Parlaments keine Bürger repräsentieren sollten, wenn sie jemals für ein Verbrechen verurteilt worden seien. Zurzeit (2006?) enthält sein Blog eine regelmäßig aktualisierte Liste italienischer Abgeordneter, die wegen Verbrechen verurteilt worden sind – die Operation „Parlamento Pulito“ (deutsch: sauberes Parlament). Am 26. Juli 2007 sprach Grillo vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments und warb für seine Protestinitiative V-Day (Vaffanculo-Day) am 8. September 2007. Der erste V-Day wurde von ihm angeregt, um die Bürger Italiens davon zu überzeugen, eine Petition zu unterzeichnen, um kriminelle Abgeordnete ihres Mandates zu entheben.

Movimento 5 Stelle

Bei den Parlamentswahlen in Italien 2013 erreichte Movimento 5 Stelle aus dem Stand 25 %: „Eine Bewegung, die kein Geld hat, keine Fernsehsender, keine Tageszeitung, kein Verlagshaus, keine Banken, schaffte es, stärkste Partei zu werden.“Weil Grillo wegen eines Autounfalls von 1981 vorbestraft ist, kandidiert er selber nicht für politische Ämter.

Kritik

Der italienische Journalist Gad Lerner beschrieb Grillo in einem Dokumentarfilm als Populisten und warf ihm vor, sich genauso zu verhalten wie die von Grillo verschiedentlich kritisierten Politiker. Die vom Dokumentarfilmer Matan Rochlitz produzierte und im Original 22 Minuten lange Dokumentation wurde im Juni 2008 auf dem Nachrichtensender Al Jazeera English ausgestrahlt und später auf YouTube veröffentlicht. Grillo bot auf seinem Blog eine auf 10 Minuten gekürzte Version an. Hierbei wurden sämtliche kritischen Äußerungen herausgeschnitten, was Grillo in der Presse den Vorwurf einbrachte, Kritikzensur zu betreiben und sich durch gezielte Manipulationen in ein besseres Licht zu rücken.

Aus den am 30. April 2008 vom italienischen Finanzministerium zur Verfügung gestellten Steuerdaten aller italienischen Bürger ging hervor, dass Beppe Grillo 2005 ein zu versteuerndes Jahreseinkommen von knapp 4,3 Millionen Euro deklariert hatte. Für zum Teil heftige Empörung und Kritik unter seinen Anhängern sorgten die bis dahin ungeahnte Höhe seines Einkommens und seine Reaktion auf das Bekanntwerden der Einkommensdaten. Sein Ruf nach sofortiger Sperrung der Steuerdaten fand bei seinen Blog-Anhängern kaum Zustimmung. Ihm wurde vorgeworfen, er widerspreche damit seiner Forderung nach Transparenz. Viele enttäuschte Anhänger fragten sich, inwiefern er seine Bewegung überhaupt aus Überzeugung steuere; sein Leben, seine finanzielle Situation und sein eigenes Verhalten stünden in Widerspruch zu den von ihm propagierten Parolen. Grillo wurde auch vorgeworfen, er führe seine Bewegung aus finanziellen Gründen.

Nach dem Wahlerfolg von Grillos Movimento 5 Stelle 2013 ließ der damalige deutsche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück verlauten, in den Personen Berlusconi und Grillo hätten zwei „Clowns“ die Wahl gewonnen. Als Reaktion auf diese Äußerung sagte Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano kurzfristig ein geplantes Treffen mit Steinbrück ab. Das britische Nachrichtenmagazin The Economist wählte für eine Analyse der italienischen Parlamentswahlen die Titelzeile Send in the clowns.

Bezugnehmend auf die zögerliche Haltung Grillos im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung seiner Partei veröffentlichte Zeit online nach den italienischen Parlamentswahlen 2013 einen Kommentar ihres aus Südtirol (Italien) stammenden Redakteurs Ulrich Ladurner, der Grillos Haltung als verantwortungslos bezeichnete.

Grillo veröffentlichte im April 2021 per Facebook eine Stellungnahme zur Anklage gegen seinen Sohn. Diesem wird Beteiligung an einer Vergewaltigung vorgeworfen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält dieses Video für „fragwürdig“ und einen „Bärendienst [an der] kriselnden Fünf-Sterne-Bewegung.“

Filmografie

  • 1982: Keine Zeit für Wunder (Cercasi Gesù)
  • 1985: Scemo di guerra
  • 1988: Topo Galileo

Fernsehsendungen

  • 1977–1978: Secondo voi
  • 1979: Luna Park
  • 1979: Fantastico
  • 1981: Te la do io l'America (vier Folgen)
  • 1984: Te lo do io il Brasile (sechs Folgen)
  • 1985: Grillometro

Auszeichnungen

Commons: Beppe Grillo – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. interno.gov.it (Memento vom 2. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 369 kB) Movimento 5 Stelle (Registrierung), abgerufen am 27. Februar 2013
  2. beppegrillo.it (Memento vom 29. Januar 2013 im Internet Archive) biografia (abgerufen am 1. März 2013)
  3. Precipita la jeep di Beppe Grillo Tre morti, l'attore è incolume. La Stampa vom 8. Dezember 1981, Seite 7. Online abrufbar unter http://www.archiviolastampa.it
  4. Gavin Jones, Comic Grillo shakes up Italian politics with shock win, Chicago Tribune vom 21. Mai 2012. Abgerufen am 18. Oktober 2012.
  5. Beppe Grillo: Weblogger und italienisches Enfant terrible Telepolis, heise.de, 12. April 2008
  6. Jeff Israely: Seriously Funny (Memento vom 16. Juni 2006 im Internet Archive) (schwarze Schrift auf schwarzen Hintergrund wird durch Markierung lesbar), Time Europe
  7. clean up the parliament (Memento vom 12. Januar 2007 im Internet Archive)
  8. Beppe Grillo’s Blog
  9. Petra Reski / tagesspiegel.de: Ex-Komiker Beppe Grillo (abgerufen am 6. März 2013)
  10. Corriere della Sera, 22. Januar 2009: Quando Grillo tagliò Gad Lerner
  11. Spiegel Online, 1. Mai 2008
  12. Corriere della Sera, 30. April 2008
    Repubblica, 30. April 2008
    Repubblica, 1. Mai 2008
  13. Regierungskrise in Rom: Steinbrück lästert über Italiens zwei „Clowns“, Spiegel Online 27. Februar 2013.
  14. Italiens Präsident: "Clowns"-Äußerung – Napolitano sagt Gespräch mit Steinbrück ab, Spiegel Online 27. Februar 2013.
  15. Send in the clowns, The Economist 2. März 2013.
  16. "Clowns"-Debatte: Grillo nennt Steinbrück-Äußerung schwachköpfig , Spiegel Online 28. Februar 2013.
  17. Ulrich Ladurner: Koalitionsverhandlungen: Grillo handelt verantwortungslos. In: Zeit Online, 2. März 2013
  18. Mathias Rüb: Der hellste Stern verglüht, Frankfurter Allgemeine Zeitung - Website, 20. April 2021. Abgerufen am 14. Mai 2021.
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