Bernd Leistner (* 1943 in Schönheide, Erzgebirge) ist ein deutscher Bühnen- und Kostümbildner.

Leben und Wirken

Leistner wuchs in Zwickau auf. Nach dem Abschluss der Mittleren Reife absolvierte er ein Praktikum am Zwickauer Theater und studierte ab 1960 an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, wo er nach einem künstlerischen Naturstudium bei Gerhard Stengel die Fachrichtung Bühne unter Hans Reichard 1966 mit dem Diplom als Bühnen- und Kostümbildner abschloss.

Das erste Engagement führte ihn bis 1969 an das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin, das von der Zusammenarbeit mit den Regisseuren Jochen-Robert Lang und Reinhard Schau geprägt wurde. Danach übernahm er bis 1971 die Ausstattungsleitung an den Bühnen der Stadt Zwickau und arbeitete vorwiegend mit Rainer Wenke, einem Schüler von Joachim Herz, zusammen. Nach einem Gastengagement für die Oper Ariodante anlässlich der Händel-Festspiele im Jahr 1971 am Landestheater Halle war er dort bis 1984 als Bühnen- und Kostümbildner für das Musiktheater tätig und arbeitete mit Regisseuren wie unter anderem Wolfgang Kersten, Heinz Runge und Martin Schneider zusammen. Neben vielen Ausstattungen für das Musiktheater entwarf er Bühnenbilder und Kostüme für weitere Händel-Opern, darunter Faramondo, Theseus, Radamisto, Ezio, Agrippina, Poro und Alexander.

1984 wechselte er an die Städtischen Theater Leipzig, wo er bis 1991 vorwiegend an der Oper und der Musikalischen Komödie tätig war, u. a. im Zusammenwirken mit den Regisseuren Günter Lohse, Klaus Winter, Erwin Leister, Andreas Knaup und Uwe Wand. Sein Bühnenbild zur Uraufführung des Balletts Der neue Quixote mit dem Choreografen Dietmar Seyfferth wurde 1985 beim 5. Leistungsvergleich der Ballettensembles der DDR in der 1. Kategorie ausgezeichnet.

Während des Engagement erhielt er Einladungen zu den Dresdner Musikfestspielen an die Staatsoperette Dresden und die Sächsische Staatsoper für Entwürfe zu Daphnis und Cloe, Evita, König David Bericht (DDR-Erstaufführungen) und Verdis Otello sowie 1989 an die Deutsche Staatsoper Berlin als Gesamtausstatter und Librettist für das Ballett Don Juan und Faust in Zusammenarbeit mit dem Solisten und Choreografen Peter Breuer.

Nach seiner Mitwirkung als Kostümbildner bei der Leipziger „Wende-Oper“ Jonny spielt auf wurde er ab 1991 Ausstattungsleiter des Musiktheaters Halle unter dem Intendanten Klaus Froboese. Dort gestaltete er Entwürfe für die Händel-Inszenierungen Giulio Cesare, Orlando, Flavio, Aqua Dance und FeuerWasserTanz und arbeitete mit Regisseuren wie Klaus Froboese, Roland Velte, Ralf Rossa und Gastregisseuren wie Anna Vaughan, Andrea Moses, Helga Wolf, Michael McCAffery, Robert Herzl, Karl Absenger und Peter Pawlik.

Mit der Gestaltung von zwei außergewöhnlichen Raumbühnen für Robert Kurkas Opernspektakel Der brave Soldat Schwejk im Volkspark Halle und Arthur Honeggers szenischem Oratorium Johanna auf dem Scheiterhaufen in der Marktkirche Halle beendete Leistner 2009 sein vertragliches Wirken und arbeitete fortan freischaffend. Für die Oper Partenope am Goethe-Theater Bad Lauchstädt entstand 2015 sein vierzehntes Bühnenbild für eine Händel-Inszenierung.

Gasttätigkeiten übernahm Leistner im Laufe der Zeit zudem unter anderem an den Opern des Nationaltheaters Zagreb, des Nationaltheaters Bratislava, des Nationaltheaters Prag, an der Oper Ljubljana, am Opernhaus Carracas (als Projekt), an der Oper Dublin sowie an der Oper Leipzig, am Staatstheater Kassel, am Staatstheater Schwerin, am Theater Altenburg Gera, am Stralsunder Theater, am Theater Greifswald und am Theater Eisleben.

Im Jahr 2010 wurde das Lebenswerk von Bernd Leistner als Vorlass vom Stadtarchiv Halle übernommen.

Weitere Tätigkeiten und Mitgliedschaften

Leistner ist Mitglied der Internationalen Händelgesellschaft Halle und des Freundes- und Förderkreises des Händelhauses zu Halle e.V., in dessen Vorstand er gewählt wurde. In Zusammenarbeit mit dem Förderverein entstand 2012 unter seiner maßgeblichen Mitwirkung die Publikation 90 Jahre Händel-Oper in Halle – Hallesche Inszenierungen 1922 bis 2012, ein Sonderheft der Redaktion Mitteilungen.

Als bildender Künstler wurde er Mitglied der Kunstvereine Hallescher Kunstverein und Vereinigung Hallescher Künstler, wo er nach früheren Ausstellungsbeteiligungen wie der Prager Quadriennale, in Sydney, Kreta, Stuttgart, Berlin, Leipzig und Halle, dann in zahlreiche gegenwärtige Ausstellungen eingebunden wurde.

Auszeichnungen

Ausstellungen (Auswahl)

  • 1971: Ariodante – Entwürfe – Hessisches Staatstheater Wiesbaden
  • 1997: Händelzeit Absichten & Ansichten – Galerie Talstraße Halle
  • 2004: Atelier und Szene – Zeitkunstgalerie Halle
  • 2007: Beschwingte Szene – Steintorvariete Halle
  • 2009: Händelausstellung – Oper Halle
  • 2010: Bühnenwelten – Galerie des Kunstvereins in der Oper Halle
  • 2010: Orlando – Sonderausstellung im Händelhaus Halle
  • 2011: Lachen und Weinen – Neues Theater Halle
  • 2013: Bühne archiviert – Stadtarchiv Halle
  • 2014: Assemblagen & Szenische Impressionen – Konzerthalle Ulrichskirche Halle
  • 2018: Meine Zeit mit Händel – Stadtarchiv Halle
  • 2019: Musik braucht Räume – Bühnenbilder von Händel bis Mozart – Historische Kuranlagen Bad Lauchstädt
  • 2022: Legende trifft Gegenwart – Bühnen (+) Bilder. Arbeiten des Händelpreisträgers Bernd Leistner. Oper Halle

Rezeption

Zitat aus der Laudatio der Dramaturgin Karin Zauft anlässlich der Ausstellung Musik braucht Räume. Bernd Leistner – Bühnenbilder von Händel bis Mozart 2019 in den Historischen Kuranlagen Bad Lauchstädt:

„Mit Bernd Leistner wurde 1971 ein junger Ausstattungsleiter engagiert, der fortan die Händeloperninterpretationen über Jahrzehnte begleiten sollte. Entsprechend seiner Ausbildung bekannte auch er sich zum realistischen Musiktheater, forcierte dabei aber den Gedanken an eine Ästhetik, die über das Zusammenspiel von Licht, Farben und Materialien [...] die Sinne ansprechen soll. Er kann – wie Außenstehende formulierten – im Bühnenbild sowohl schwelgen, als sich auch karg ausdrücken.“
„Musik braucht Räume“, so sein Statement, Räume, in denen sich ihre emotionale Kraft entfalten kann, wo für Phantasie Freiraum bleiben muss, wo die Bühne nicht „zugebaut“ wird, sondern der besonderen Eigenart des musikalischen Werkes entsprechen kann. und schon in seiner ersten Händeloper setzte er Akzente seiner künstlerischen Handschrift.
Die Kritik sprach von „der noblen, repräsentativen und außergewöhnlich kunstvollen Ausstattung des neu engagierten Opernbühnenbildners [...], der im maßvollen Interieur und mit meisterhaft gemalten Gobelins die durch das geschehen begründeten geistigen Verbindungslinien zwischen Mittelalter und Renaissance ebenso herstellte wie den unmittelbaren Übergang von der Bühne zum Parkett.“
Die schmale Gratwanderung zwischen Absicht, das barocke Gesamtkunstwerk mit den Mitteln realistischer Detailtreue zu gestalten, und die Herausforderung, dem Werk über die Bühnenästhetik neue inhaltliche Dimensionen zu erschließen, führte Bernd Leistner stets zu einer vielseitigen und ausdrucksvollen Bühnensprache, innerhalb derer er selbst bei der genauesten realistischen Gestaltung der Szene auch ein dekoratives, poetisches Element bewahrte.

Publikationen

  • Hans-Georg Sehrt: Bernd Leistner: Bühnenwelten, Skizzen, Zeichnungen, Bilder, Modelle. anlässlich der Ausstellung Bernd Leistner - Bühnenwelten in der „Kunstvereinsgalerie der Oper Halle“ vom 9. Mai bis 4. Juli 2010. Hallescher Kunstverein, Halle, Saale 2010, ISBN 978-3-941498-04-4, S. 5–7 (Werkchronologie S. 30, 32, 33; Bildbeiträge S. 9–29).
  • Christina Seidel, Bernd Leistner (Illustrationen): Wie die Trampeltiere entstanden. Dorise-Verlag Erfurt, 2018, ISBN 978-3-946219-29-3.
  • Große Miniaturen. Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V. - Mitteilungen Heft 2/2020. S. 42–44.

Literatur

  • Horst Seeger: Opernlexikon. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1986, ISBN 3-362-00014-2, S. 372.
  • Karin Zauft: Faszination Händeloper. Schriften des Händel-Hauses in Halle – Stiftung Händel-Haus Halle, ISBN 978-3-910019-27-0, S. 299–300
  • Karin Zauft: Händel und die Händelfestspiele in Halle. mdv 2001, ISBN 3-89812-085-6, S. 47, 56, 57, 58.
  • 90 Jahre Händel-Oper in Halle. Hallesche Inszenierungen 1922 bis 2012. Hrsg.: Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V. 2 - Sonderheft 2012 - S. 1970/71,1982/83,1991/92, 1993/94,1997/98,2000/01
  • Gabriele Klatte: Musik braucht Räume. In: Händel-Hausmitteilungen 1/1995. Hrsg.: Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V. S. 44–48
  • Dagmar Szabados, Hans-Georg Sehrt: Händel auf Halles Bühnen und in den Werken Hallescher Künstler. Hallescher Kunstverein 2009, Katalog Nr. 102. ISBN 978-3-941498-02-0 S. 22, 36–38, 43–46.
  • Alexander von Maravić, Harald Müller: Oper Leipzig. Schlaglichter auf fünf Jahrzehnte Musiktheater. Verlag Theater der Zeit, Berlin 2010, ISBN 978-3-940737-81-6, S. 238, 359–361, 382, 384.
  • Hans-Georg Sehrt: Bühne archiviert!? Findbuchsplitter der Arbeiten des Künstlers Bernd Leistner. S. 22, 36–38, 43–46, In: Mitteilungen 1/2013, S. 26, 27, Hrsg.: Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V.
  • Hans-Georg Sehrt: Große Miniaturen. In: Mitteilungen Heft 1/2016. S. 42/43. Hrsg.: Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V.
  • Hans-Georg Sehrt: „Aus dem Kopf auf die Bühne, aber“ – Zu Bernd Leistner und seiner Arbeit für das Theater. In: Hallescher Kunstverein e.V. (Hrsg.): Katalog 104. Halle 2010, ISBN 978-3-941498-04-4, S. 5–7.
  • Karin Zauft: „Meine Zeit mit Händel“. Eine Kabinettausstellung für Bernd Leistner zum 75. Hersg.: Freundes- und Förderkreis des Händelhauses zu Halle e. V. Heft 2/2028. S. 36–43.
  • Eckart Kröplin: Operntheater in der DDR. Zwischen neuer Ästhetik und politischen Dogmen. Henschelverlag, Leipzig 2020, ISBN 978-3-89487-817-7, S. 340, 344.
Commons: Bernd Leistner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bernd Leistner. In: wendegeneration-50plus.de. 14. Dezember 2020, archiviert vom Original am 24. April 2021; abgerufen am 24. April 2021.
  2. 1 2 3 Vereinigung Hallescher Künstler e. V.: Bernd Leistner. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 12. April 2021; abgerufen am 24. April 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  3. Von Orlando bis Ritter Blaubart: Bühnenbilder im Stadtarchiv Halle. In: HalleSpektrum.de - Onlinemagazin aus Halle (Saale). 22. Mai 2013, abgerufen am 24. April 2021.
  4. Legende trifft Gegenwart – Bühnen(+)Bilder – Arbeiten des Händelpreisträgers Bernd Leistner. In: Internationale Händelgesellschaft. Abgerufen am 28. November 2022.
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