Bewertungen von Körpern sind in der Körpertheorie, einem Gebiet der Algebra, von Bedeutung. Nicht-archimedische p-adische Bewertungen werden für die Konstruktion der p-adischen Zahlen verwendet und sind damit grundlegend für die p-adische Geometrie. In älteren Zugängen zur algebraischen Geometrie wurden auch Bewertungen von Funktionenkörpern verwendet.

Bewertungen

Eine Bewertung eines Körpers ist eine Funktion in einen angeordneten Körper mit den Eigenschaften

  1. und

Ein Beispiel einer Bewertung ist die Betragsfunktion auf den reellen oder komplexen Zahlen mit der Signatur . Eine Bewertung heißt nicht-archimedisch, wenn für . Es kann gezeigt werden, dass eine Bewertung genau dann nicht-archimedisch ist, wenn sie die verschärfte Dreiecksungleichung erfüllt. In der Zahlentheorie werden heute aber meist die weiter unten definierten nicht-archimedischen Exponentialbewertungen gemeint, wenn von „Bewertungen“ die Rede ist.

Allgemeine Bewertungen (Exponenentialbewertungen)

Definition

Ist eine totalgeordnete abelsche Gruppe und ein (kommutativer) Körper, so ist eine Abbildung

eine nicht-archimedische Bewertung, wenn die folgenden Eigenschaften erfüllt sind:

für alle .

heißt dann auch ein bewerteter Körper mit Wertegruppe .

Zwei Bewertungen und heißen äquivalent, wenn gilt. Äquivalenzklassen von Bewertungen werden auch als Stellen eines gegebenen Körpers bezeichnet.

Bewertungen und Bewertungsringe

Ein Integritätsbereich heißt Bewertungsring, wenn er die folgende Eigenschaft hat:

Für jedes Element des Quotientenkörpers von gilt oder .

Ist ein Bewertungsring mit Quotientenkörper , so kann man eine Bewertung auf mit Wertegruppe definieren:

dabei bezeichnet das Bild von in ; die Ordnung auf ist definiert durch

für

Ist umgekehrt ein bewerteter Körper mit Bewertung , so ist

ein Bewertungsring, der dann auch der Bewertungsring zur Bewertung genannt wird. Die Gruppe ist kanonisch isomorph zur Wertegruppe von .

Für einen Körper gibt es also eine bijektive Beziehung zwischen Isomorphieklassen von Bewertungen auf und Bewertungsringen, die in enthalten sind.

Diskrete Bewertungen

Definition

Es sei ein Körper. Dann heißt eine surjektive Funktion

eine diskrete Bewertung, Exponentialbewertung oder nicht-archimedische Bewertung, wenn die folgenden Eigenschaften erfüllt sind:

für alle . zusammen mit heißt diskret bewerteter Körper.

Beispiele

  • die -Bewertung auf den rationalen Zahlen für eine Primzahl
  • die Nullstellen- bzw. Polordnung meromorpher Funktionen in einem festen Punkt

Diskrete Bewertungen und diskrete Bewertungsringe

Die Teilmenge

bildet einen Unterring von , den Bewertungsring von . Er ist ein diskreter Bewertungsring mit einem maximalen Ideal , welches Hauptideal ist.

Ist umgekehrt ein diskreter Bewertungsring, so ist durch

eine diskrete Bewertung auf dem Quotientenkörper von definiert.

Diskrete Bewertungsringe und diskret bewertete Körper entsprechen einander.

p-Bewertung

Es sei eine Primzahl.

Die -Bewertung (auch: die -adische Bewertung oder der -Exponent) einer natürlichen oder ganzen Zahl ist die größte Zahl , so dass noch durch teilbar ist. Die -Bewertung gibt an, wie oft eine Primzahl in der Primfaktorzerlegung einer natürlichen oder ganzen Zahl vorkommt.

Ist

so ist

Tritt eine Primzahl nicht in der Primfaktorzerlegung von auf, dann ist .

Man setzt , weil jede Potenz jeder Primzahl die 0 teilt.

Die -Bewertung einer ganzen Zahl ist die ihres Betrags.

Die -Bewertung einer rationalen Zahl ist die Differenz der -Bewertungen des Zählers und des Nenners: Für eine rationale Zahl mit ist also

Geht p nur im Nenner des (vollständig gekürzten) Bruchs auf, ist also eine negative Zahl.

Die -Bewertung rationaler Zahlen spielt eine wichtige Rolle bei einer Konstruktionsart der p-adischen Zahlen: die Funktion

bildet auf den rationalen Zahlen einen nichtarchimedischen Betrag.

p-ganze und S-ganze Zahlen

Eine -ganze Zahl (auch "-adisch ganze Zahl" oder "für ganze Zahl") ist eine rationale Zahl, die nichtnegative -Bewertung hat, d. h. bei der in einer vollständig gekürzten Bruchdarstellung der Nenner nicht durch teilbar ist. Rationale Zahlen, die nicht -ganz sind, werden manchmal auch "-gebrochen" genannt.

Die Menge aller -ganzen Zahlen ist ein Unterring von , der geschrieben wird. ist ein diskreter Bewertungsring, insbesondere gibt es bis auf Assoziierte genau ein irreduzibles Element, nämlich .

Ist allgemeiner eine Menge von Primzahlen, so ist eine -ganze Zahl eine rationale Zahl, die -ganz für jedes ist (!), d. h. bei der in einer vollständig gekürzten Bruchdarstellung der Nenner nur durch Primzahlen aus teilbar ist. Die Menge der -ganzen Zahlen bildet einen Unterring von .

Beispiele
  • Für ist .
  • Für eine Primzahl und ist , der diskrete Bewertungsring der -ganzen Zahlen.
  • Für ist der Ring der abbrechenden (durch eine endliche Ziffernfolge darstellbaren) Dezimalbrüche.

Verallgemeinerungen

Der Begriff einer Norm kann allgemeiner gefasst werden, indem statt Vektorräumen über dem Körper der reellen oder komplexen Zahlen beliebige Vektorräume über bewerteten Körpern , also Körpern mit einem Absolutbetrag , zugelassen werden. Eine weitere Verallgemeinerung besteht darin, dass der Vektorraum durch einen -(Links)-Modul über einem unitären Ring mit Betrag ersetzt wird. Eine Funktion heißt dann Norm auf dem Modul , wenn für alle und alle Skalare die drei Normeigenschaften Definitheit, absolute Homogenität und Subadditivität erfüllt sind. Wenn im Grundring der Betrag durch einen Pseudobetrag ersetzt wird und im Modul die Homogenität zur Subhomogenität abgeschwächt wird, erhält man eine Pseudonorm.

Literatur

  • B. L. van der Waerden: Algebra II, Springer-Verlag (1967), ISBN 3-540-03869-8, Achtzehntes Kapitel: "Bewertete Körper", S. 200–234.
  • J. Neukirch: Algebraische Zahlentheorie, Springer-Verlag (2006), ISBN 3-5403-7547-3, Kapitel II: "Bewertungstheorie", S. 103–191.
  • Serge Lang: Algebra, Springer (2005), ISBN 0-387-95385-X, Absolute Values, S. 465–499.

Einzelnachweise

  1. Waerden, op. cit., S. 200
  2. Neukirch, op. cit., S. 121
  3. Heinz-Dieter Ebbinghaus et al.: Zahlen. 2. Auflage, Springer, Berlin/Heidelberg 1988, Kapitel 4. S. 65
  4. Falko Lorenz: Einführung in die Algebra II. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 1997, S. 69.
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