Als Jerusalemer Bibel wird im theologischen Sprachgebrauch die 1968 auf Deutsch erschienene Bibelausgabe bezeichnet, die zusätzlich zur Übersetzung des Bibeltextes nach der Herder-Bibel auch die Anmerkungen aus der französischen Bible de Jérusalem welche in 43 Teilbänden von 1948 bis 1955 erschien – genehmigt durch den Vatikan im Oktober 1955 – enthielt.
Jene französische Bibelübersetzung, betreut von den Dominikanern und anderen Gelehrten an der École Biblique in Jerusalem, machte durch ihre besondere literarische Qualität und ihre textkritische Strenge auf sich aufmerksam und wird bis heute international stark beachtet. So wurde sie zur Grundlage für die, von Alexander Jones editierte, englischsprachige Jerusalem Bible von 1966, welche jedoch laut Henry Wansbrough, dem Herausgeber der New Jerusalem Bible von 1985, nichts weiter als eine Übersetzung des französischen Textes, nicht jedoch des eigentlichen Urtextes, war. Geschuldet war auch dies der Wahl der Übersetzer; zu ihnen zählten zum Beispiel J. R. R. Tolkien (wenn auch nach eigenen Angaben sehr eingeschränkt) oder Robert Speaight, ein Schauspieler, welcher nach eigenen Angeben weder Griechisch- noch Hebräischkenntnisse vorwies. Obwohl diese Übersetzung eigentlich als reines Vehikel für den Jerusalemer Kommentar angedacht war, fand sie rasch weitreichende liturgische Verbreitung in der englischsprachigen Welt, da es in ihr gänzlich an autorisierten kritischen und modernen Ausgaben mangelte; so ersetzte sie für viele Katholiken die zu diesem Zeitpunkt antiquierte Rheims-Douai Bibel, eine Vulgataübersetzung aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
Die französische Ausgabe wurde zur Grundlage der Traduction Oecuménique de la Bible, einer ökumenischen französischsprachigen Übersetzung, welche ungefähr der deutschen Einheitsübersetzung entspricht. Die Bible de Jérusalem ist 1998 in 3. Auflage mit einem revidierten Übersetzungstext erschienen.
Auf Italienisch wurde für die Bibbia di Gerusalemme, ähnlich wie auf Deutsch, nur der Kommentar übersetzt. Die Bibelübersetzung der Bibbia CEI, der offiziellen Bibel der italienischen Bischofskonferenz, diente als Bibeltext selbst. Ihre aktuellste Ausgabe erschien im Februar 2009.
Spanische Übersetzungen erschienen unter dem Namen La Biblia de Jerusalén in den Jahren 1967, 1975, 1998, 2009 und 2018, sowie eine lateinamerikanisch-spanische Übersetzung aus dem Jahre 2000 als sprachliche Revision der kontinentalspanischen Ausgabe von 1998, anders als auf Englisch liegt den spanischen Übersetzungen des Bibeltextes selbst der Urtext, nicht der französische Text zugrunde.
Neue Jerusalemer Bibel
Seit 1985 erscheint die deutschsprachige Ausgabe der Jerusalemer Bibel ausschließlich mit dem Text der Einheitsübersetzung als Neue Jerusalemer Bibel. Derzeit (Stand: 2018) ist die Bibelausgabe nicht ab Verlag lieferbar. Die bislang letzte Auflage von 2007 enthält noch die Erstfassung der Einheitsübersetzung. Eine Ausgabe mit dem revidierten Text von 2016 ist noch nicht erschienen.
Literatur
- Neue Jerusalemer Bibel. hrsg. von Alfons Deissler und Anton Vögtle. 16. Auflage. Herder, Freiburg i.Br. 2007, ISBN 978-3-451-29476-1.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Roland de Vaux OP (Altes Testament), Pierre Benoît OP (Neues Testament): Neue Jerusalemer Bibel. Einheitsübersetzung mit dem Kommentar der Jerusalemer Bibel. Neu bearb. und erw. Ausg., (16. Aufl. der Gesamtaufl, unveränd. Nachdr. Erstaufl. 1985), 1. Aufl. der Sonderausg. Verlag Herder, Freiburg, Br 2007, ISBN 978-3-451-29476-1, S. V (Einheitsübersetzung).
- ↑ Henry Wansbrough: How the Bible Came to Us. (Nicht mehr online verfügbar.) S. 67–68, archiviert vom am 22. März 2015; abgerufen am 15. Januar 2023 (englisch).
- ↑ Eric Denimal: La Bibbia per tutti espresso For Dummies. HOEPLI EDITORE, 2015, ISBN 978-88-203-7315-3, S. 38–39 (google.it [abgerufen am 15. Januar 2023]).
- ↑ Roland de Vaux OP (Altes Testament), Pierre Benoît OP (Neues Testament): «La Biblia de Jerusalén.» In: Desclée de Brouwer. Abgerufen am 15. Januar 2023.