1959 fand das erste Bildhauersymposion St. Margarethen, Sankt Margarethen im Burgenland, statt. Ähnliche Bildhauersymposien verbreiteten sich rasch und weltweit. Noch heute beziehen sich mehr als 150 Symposien auf das erste Ereignis.

Konzeption der Bildhauersymposien

1958 arbeitete der Bildhauer Karl Prantl (1923–2010) im Steinbruch an einem von der Burgenländischen Landesregierung in Auftrag gegebenen großen Mal, dem nach Vollendung ein Platz an der Staatsgrenze zu Ungarn zugedacht war. Der Gedanke, ein Kunstwerk an einem Ort aufzustellen, wo es, anders als in einem Museum, von vielen Menschen uneingeschränkt wahrgenommen werden kann, ließ in Prantl das Projekt reifen, diese Idee auch an andere Künstler heranzutragen und sie zu gemeinschaftlichem Schaffen in den Steinbruch Margarethen einzuladen.

Neben dem Bildhauer Heinrich Deutsch war vor allem der Psychologe Friedrich Czagan von Prantls Vorhaben begeistert und begann umgehend (und über Jahre erfolgreich), auf Reisen durch verschiedene Länder Künstler zur Teilnahme am Projekt zu gewinnen.

Ab Mitte Juli 1959 wurde im Römersteinbruch St. Margarethen das erste Symposion unter Teilnahme von vierzehn Künstlern aus sieben Ländern abgehalten. Die Steinbildhauer schufen im Steinbruch große Skulpturen, tauschten sich aus über ihre unterschiedlichen künstlerischen Erfahrungen und Techniken, ihre Vorstellungen und Pläne. Zur Gesamtkonzeption gehörten auch literarische und musikalische Darbietungen sowie das Zusammenleben für die Dauer des gemeinsamen Arbeitens. Die jährlich wiederkehrenden Veranstaltungen sollten teilweise durch den Verkauf der Skulpturen finanziert werden. Karl Prantl schrieb anlässlich des ersten Symposions in St. Margarethen: „An uns Bildhauer selber gedacht, ist es so, dass wir durch die Erfahrungen von St. Margarethen, durch dieses Hinausgehen in den Freiraum – in den Steinbruch, auf die Wiesen – wieder frei wurden. Um dieses Freiwerden oder Freidenken in einem ganz weiten Sinn ging es. Für uns Bildhauer ist der Stein das Mittel, um zu diesem Freidenken zu kommen – zum Freiwerden von vielen Zwängen, Engen und Tabus“.

Ebenfalls schon 1959 verfassten die Organisatoren ein Manifest, in dem sie den politischen und gesellschaftspolitischen Anspruch ihrer Vorstellungen verdeutlichen, nämlich durch ihre grenzübergreifende Gemeinschaft ein Signal zur Völkerverständigung zu geben.

„(…) Dabei steht neben dem Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus aller Welt – die später nach Prantls Vorbild häufig auch in ihren Heimatländern ähnliche Treffen organisieren – immer auch eine politische Intention im Vordergrund. Den ‚Eisernen Vorhang‘ bekämpft er von Anfang an, ebenso wie die Berliner Mauer: Von September 1961 bis August 1962 versucht er, auf dem Platz der Republik gemeinsam mit Kollegen der neu errichteten Mauer mit Skulpturen eine humane Botschaft entgegenzusetzen: ‚Wir haben probiert, die Mauer zu Fall zu bringen.‘“

Entwicklung der Bildhauersymposien St. Margarethen

Zur damaligen Zeit waren die Symposien in St. Margarethen die größte private Kunstinitiative des Burgenlands für zeitgenössische Kunst. Ermutigt durch das große Interesse bildeten die Organisatoren eine Vereinigung, um die Fortsetzung des Bildhauersymposions auch im nächsten Jahr zu gewährleisten. In der Folge fanden bis 1971 elf weitere Symposien für Steinbildhauer in St. Margarethen statt. Ein vorläufiges Ende kam 1975/76, mit dem Scheitern eines Projekts zur Gestaltung des Wiener Stephansplatzes.

Unter Maria Biljan-Bilger erfolgte 1979 die Neukonstituierung des Vereins Symposion Europäischer Bildhauer verbunden mit einer Erweiterung auf neue Bereiche der bildenden Künste. Daher fanden in den folgenden Jahren vorwiegend Keramik-Symposien statt.

Anfänglich stand den Bildhauern eine Baracke direkt im Steinbruch zur Verfügung. 1967 wurde am westlichen Hang des Ruster Hügels das sogenannte Bildhauerhaus fertiggestellt, nach einem Plan des Architekten Johann Georg Gsteu. Neben sehr kleinen und schlichten Schlafräumen umfasst es einen großen Gemeinschaftsraum. Im Sinne Prantls steht die Gemeinschaft im Vordergrund.

Insgesamt wurden in St. Margarethen von mehr als 110 internationalen Künstlern über 150 Skulpturen aus dem örtlichen Kalksandstein gefertigt. In seiner Gesamtheit entstand so ein unvergleichliches kulturelles Gesamtkunstwerk. Heute befinden sich noch etwa 50 Kunstwerke am Ort ihrer Entstehung, verteilt über den südwestlichen Ausläufer des St. Margarethener Kogels.

Symposionsgelände

Im Römersteinbruch St. Margarethen werden seit den 1960er Jahren alle fünf Jahre Passionsspiele von Laiendarstellern aufgeführt. Seit 1996 bildet der Steinbruch die Kulisse für jährliche Opernaufführungen. Im gesamten Zugangsbereich entstanden Souvenir-Läden. So ist aus dem St. Margarethener Römersteinbruch eine touristische Attraktion geworden.

Nur zwei Skulpturen gibt es noch im Steinbruch selbst und, an der Nordwand, das von fünf japanischen Künstlern geschaffene Land-Art-Werk Japanische Linie (Namen siehe unten bei Teilnehmer 1970). Sie reicht bis zur Kapelle am höchsten Punkt des St. Margarethener Kogels. Ab 1963 wurden die Skulpturen an der Hügelflanke aufgestellt und teilweise schon für diese landschaftliche Umgebung geschaffen. Das Gebiet rund um den Steinbruch ist in die 2001 gegründete Kulturlandschaft Fertő/Neusiedler See eingebunden.

Zum 50-jährigen Jubiläum des Bildhauersymposions fand am 16. Oktober 2009 im Bildhauerhaus des Vereins Europäischer Bildhauer in St. Margarethen ein Festakt statt.

Galerie

Teilnehmer

1959 bis 1969

Am Symposion 1959 nahmen teil:

Am Symposion 1960 nahmen teil:

Am Symposion 1961 nahmen teil:

Am Symposion 1962 nahmen teil:

Am Symposion 1963 nahmen teil:

Am Symposion 1964 nahmen teil:

Am Symposion 1966 nahmen teil:

Am Symposion 1967 nahmen teil:

Am Symposion 1969 nahmen teil:

1970 bis 1978

1970

Am Symposium 1970 nahmen teil:

Bei diesem Symposion verwirklichten die fünf Künstler ein Land-Art-Projekt, die Japanische Linie.

1971

Am Symposium 1971 nahmen teil:

1972–1976

Am Projekt (Stephansplatz-Projekt) nahmen teil:

1979 bis 1986

1979/80

An den Symposien 1979/80 und der Neukonstitution des Vereins und Erweiterung auf neue Bereiche der bildenden Künste nahmen teil:

  • Maria Biljan-Bilger
  • Maria Burger
  • Ludwig Gleissner
  • Manfred Hirschbrich
  • E. Kolowratnik
  • Martin Rauch
  • Mark Yudell

1981

Am Symposium 1981, einem Gemeinschaftssymposion von Bildhauern und Malern, nahmen teil:

1984

Am Symposium 1984, dem Internationalen Keramiksymposion, nahmen teil:

1985

Am Symposium 1985 (Internationales Keramiksymposion) nahmen teil:

1986

Am Symposium 1986 (Internationales Keramiksymposion) nahmen teil:

Literatur

  • Wolfgang Hartmann (Hrsg.), Werner Pokorny (Hrsg.) u. a.: Das Bildhauersymposion. Entstehung und Entwicklung einer neuen Form kollektiver und künstlerischer Arbeit. Hatje, Stuttgart 1988, ISBN 3-7757-0263-6.
  • Katharina Prantl (Hrsg.): Gehen über den Hügel von St. Margarethen von Stein zu Stein. (Skulpturen und ihre Künstler in St. Margarethen). Passagen-Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85165-657-1.
  • Jutta Birgit Wortmann: Bildhauersymposien: Entstehung – Entwicklung – Wandlung. Dargestellt an ausgewählten Beispielen und ergänzt durch Gespräche mit Beteiligten. Begleitmaterial: 1 CD-ROM. Lang, Frankfurt am Main (u. a.) 2006, ISBN 3-631-55273-4.
  • Marlen Dittmann, Lorenz Dittmann, Jo Enzweiler (Hrsg.): Karl Prantl, grosse Steine und Bildhauersymposie. (…) anlässlich der Verleihung des Sparda-Bank-Südwest-Preises für besondere Leistungen der Kunst im öffentlichen Raum 2006/2007. Verlag St. Johann, Saarbrücken 2007, ISBN 3-938070-12-9.
  • Alfred Weidinger (Hrsg.), Franz Hubmann (Fotogr.): Wir wollen Zeichen setzen. 50 Jahre Bildhauersymposion St. Margarethen. Verlag Publication PN°1 – Bibliothek der Provinz, Weitra 2009, ISBN 978-3-900000-46-2.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Zehn Jahre Bildhauersymposium. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 26. Februar 1969, S. 8, unten.
  2. Hartmann: Das Bildhauersymposion.
  3. Wortmann: Bildhauersymposien.
  4. Zum 80. Geburtstag des Bildhauers Karl Prantl. Sanfte Zwiegespräche mit Steinen und Menschen. In: www.basis-wien.at, Wiener Zeitung, 5. November 2003, abgerufen am 28. Oktober 2010.
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