Bischwiller Bischweiler | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Grand Est | |
Département (Nr.) | Bas-Rhin (67) | |
Arrondissement | Haguenau-Wissembourg | |
Kanton | Bischwiller | |
Gemeindeverband | Haguenau | |
Koordinaten | 48° 46′ N, 7° 51′ O | |
Höhe | 123–147 m | |
Fläche | 17,25 km² | |
Einwohner | 12.606 (1. Januar 2020) | |
Bevölkerungsdichte | 731 Einw./km² | |
Postleitzahl | 67240 | |
INSEE-Code | 67046 | |
Website | www.bischwiller.com | |
Mairie Bischwiller |
Bischwiller, deutsch Bischweiler, ist eine französische Gemeinde mit 12.606 Einwohnern (Stand 1. Januar 2020) im Département Bas-Rhin in der Region Grand Est (bis 2015 Elsass). Sie liegt im Arrondissement Haguenau-Wissembourg an der Moder.
Geographie
Die Kleinstadt liegt im Unterelsass an der rechten Seite der Moder, etwa 25 Kilometer nordnordöstlich von Straßburg und acht Kilometer südöstlich von Hagenau.
Geschichte
Bischwiller, früher Bischofsweiler, lateinisch Episcopi villa, ist eine Gründung der Bischöfe von Straßburg im Heiligen Römischen Reich, denen Kaiser Heinrich II. zu Beginn des 11. Jahrhunderts unbewohnte Ländereien und Jagdreviere geschenkt hatte. Ein erster dokumentierter Weiler namens „Bischofeswilre“ fiel 1263 einem Brand zum Opfer. Am Ende des 13. Jahrhunderts übergaben die Straßburger das Land in profane Hände, im Hoch- und Spätmittelalter wechselte es mehrfach den Besitzer.
1524 erwarben den Ort die Grafen von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, in deren Besitz er bis zur Französischen Revolution verblieb. Ihre Residenz war das 1795 zerstörte Schloss Tiefental mit einem weitläufigen Park nördlich der heutigen protestantischen Kirche.
Nach Einführung der Reformation im Jahre 1588 durch Johann I. richtete Johann II. 1617 auch in Bischwiller eine französische und niederländische Gemeinde ein. 1623 kam es zu einem Zuzug von Hugenotten aus Lixheim und Pfalzburg, Orten, die an Lothringen fielen. Von Beruf häufig Tuchmacher und Tuchhändler, etablierten Hugenotten aus Lothringen, den Ardennen und der Picardie eine florierende Textil- und Wollindustrie.
Im Jahr 1680 wurde der Ort zusammen mit dem Besitz Pfalz-Zweibrückens im Rahmen der sogenannten Reunionspolitik Ludwigs XIV. vom Königreich Frankreich annektiert, was im Frieden von Rijswijk 1697 bestätigt wurde. Im 19. Jahrhundert gab es im Ort über hundert Werkstätten und Manufakturen.
Durch den Frankfurter Frieden vom 10. Mai 1871 kam das Gebiet an das deutsche Reichsland Elsaß-Lothringen, und das Dorf wurde dem Kreis Hagenau im Bezirk Unterelsass zugeordnet. Mehr als 10.000 Einwohner verließen die Stadt und wanderten nach Frankreich aus.
Am 4. Januar 1900 kam es zu einem schweren Eisenbahnunfall im Bahnhof Bischweiler, als ein aus Berlin kommender Schnellzug, der nach Basel unterwegs war, auf einen dort haltenden Güterzug auffuhr. Dessen letzter, mit 40 m3 Spiritus beladener Kesselwagen, explodierte. Vier Menschen starben.
Nach dem Ersten Weltkrieg musste die Region aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags 1919 an Frankreich abgetreten werden. Im Zweiten Weltkrieg war das Gebiet von der deutschen Wehrmacht besetzt, und der Ort stand bis 1944 unter deutscher Verwaltung.
Im 20. Jahrhundert erholte sich Bischwiller nach zwei Weltkriegen nur langsam. Durch die Restaurierung seiner Fassaden, Werbung für seine historischen Wurzeln, Ausbau seiner kulturellen und sportlichen Initiativen und Einrichtung einer Reihe kleinerer Hotels und Gaststätten öffnet es sich allmählich dem Tourismus, die Infrastruktur ist aber nicht auf größere Besucherzahlen ausgerichtet.
Seit den 1960er-Jahren leben in Bischwiller zahlreiche türkische Einwanderer, die zunächst als Gastarbeiter für die Textilfabriken angeworben wurden; allmählich bildete sich hier dann ein Zentrum der türkischen Gemeinde für die gesamte Region, so besteht etwa der Sportverein Union sportive turc de Bischwiller. Vor allem seit dem Niedergang der örtlichen Textilindustrie kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen der einheimischen elsässischen Bevölkerung und den Migranten, deren Integration nur teilweise gelungen ist.
Demographie
Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1780 | – | großer Marktflecken mit etwa 500 Feuerstellen (Haushaltungen) |
1821 | 4806 | einschließlich einer abseits gelegenen Mühle und des Weilers Hanhofen mit 180 Häusern, davon 2844 Reformierte, 1663 Lutheraner und 301 Katholiken |
1846 | 6642 | |
1866 | 9911 | |
1872 | 9231 | am 1. Dezember, in 1311 Häusern |
1880 | 6827 | am 1. Dezember, auf einer Fläche von 1710 ha, in 1249 Wohnhäusern, davon 1448 Katholiken, 5160 Protestanten und 206 Juden |
1885 | 6815 | davon 1586 Katholiken, 4962 Evangelische und 210 Juden |
1890 | 7017 | |
1900 | 7897 | mit der Garnison (eine Abteilung Feldartillerie Nr. 67), meist evangelische Einwohner |
1905 | 8279 | |
1910 | 8149 | |
Bauwerke
Profanbauten
Blickfang des Ortszentrums ist der Rathausplatz (Place de la Mairie) in harmonisch geschlossener Fachwerkbauweise.
- Das alte Rathaus La Laub (errichtet 1665) entstand in Bischwillers wirtschaftsgeschichtlicher Blütezeit unter Herzog Christian II. (Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld). Unter seinen Arkaden wurden die Märkte und Messen der Tuchhändler abgehalten. Bis zur Französischen Revolution fanden alljährlich am 15. August – zu Mariä Himmelfahrt – musikalische Darbietungen statt. Heute beherbergt das Gebäude ein Museum.
- Ein weiterer Fachwerkbau von 1620, die Herberge „Zum Goldenen Löwen“ (Auberge du Lion d’Or) war bis zur Französischen Revolution Sitz der Bruderschaft der Dorfmusikanten (Confrérie des Ménétriers).
- Die Alte Apotheke (1681) ist ein Fachwerkbau mit Erker.
- Das heutige Rathaus, das ehemalige Gasthaus A la Rose ist ca. 100 Jahre jünger; der langgestreckte Barockbau fällt am Marktplatz stilistisch aus dem Rahmen.
Sakralbauten
Karte mit allen Koordinaten des Abschnitts Sakralbauten: OSM (soweit bekannt)
- Die reformierte Kirche von 1525 – errichtet unter Verwendung der Bausubstanz eines Vorgängerbaus um 1300 – wurde 1722 erweitert und 1729 mit einer Orgel von Andreas Silbermann ausgestattet. Die Kirche beherbergte im Laufe der Jahrhunderte sowohl deutsche als auch französische Gemeinden. Die zugehörigen Pfarrhäuser in der Rue d’Église aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind erhalten. Aus dem Bruchmaterial des zerstörten Schlosses entstand im 19. Jahrhundert der heutige Diakonatsbau. (Lage:48° 46′ 11,9″ N, 7° 51′ 40″ O )
- Die neoklassizistische Kirche Saint-Augustin wurde am 28. August 1837 durch den Generalvikar des Erzbistums Straßburg, Bruno Franz Leopold Liebermann, in Gegenwart aller Honoratioren des Kantons eingeweiht. (Lage:48° 45′ 49,6″ N, 7° 51′ 36,6″ O )
- Die Neuapostolische Kirche Saint-Nicolas (Lage:48° 45′ 36,6″ N, 7° 51′ 32″ O )
- Eine Simultankirche in Hanhoffen gibt es im südlichen Ortsteil von Bischwiller. (Lage (nicht belegt):48° 45′ 23,4″ N, 7° 51′ 29,7″ O )
- Die 1859 erbaute alte Synagoge wurde unter nationalsozialistischer Besetzung 1941 zerstört. (Lage 48° 45′ 52,7″ N, 7° 51′ 30,6″ O )
- Die neue Synagoge wurde 1959 als Nachfolgebau errichtet.(Lage 48° 45′ 52,8″ N, 7° 51′ 35,2″ O )
Verkehr
Bischwiller hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Vendenheim–Wissembourg.
Persönlichkeiten
- Jean Daum (1825–1885), Gründer der Glasfabrik Daum Frères & Cie
- Charles Hickel (1848–1934), Reichstagsabgeordneter
- Augustin Dontenwill (1857–1931), Erzbischof von Vancouver
- Wilhelm Kapp (1865–1943), evangelischer Pfarrer und Hochschullehrer
- Otto Meissner (1880–1953), Leiter des Büros des Reichspräsidenten
- Jean Strohl (1886–1942), Zoologe, Wissenschaftshistoriker und Hochschullehrer in Zürich
- Walter Rammelt (1890–1947), deutsch-elsässischer Bildhauer
- Guillaume Lieb (1904–1978), französischer Fußballnationalspieler
- Claude Vigée (1921–2020), französischer Dichter
- Lucien Muller (* 1934), französischer Fußballnationalspieler
- Bernard Graeff (* 1948), Fußballspieler
Gemeindepartnerschaften
Bischwiller unterhält mit Hornberg in Baden-Württemberg (Deutschland) seit dem 13. September 1997 eine Städtepartnerschaft.
Literatur
- Le Patrimoine des Communes du Bas-Rhin. Flohic Editions, Band 1, Charenton-le-Pont 1999, ISBN 2-84234-055-8, S. 126–140.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Charta der Stadt Bischweiler zur Förderung der Regionalsprache auf der Grundlage der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen. Abgerufen am 18. April 2022.
- 1 2 Sigmund Billings: Geschichte und Beschreibung des Elsasses und seiner Bewohner von den ältesten bis in die neuesten Zeiten. Basel 1782, S. 218–219 (S. Google Books).
- ↑ Andreas Neubauer: Geschichte der ehemaligen französisch-reformierten Gemeinde zu Zweibrücken, 1900.
- ↑ Maximilian du Prel: Die Deutsche Verwaltung in Elsass-Lothringen 1870-1879. Denkschrift mit Benutzung amtlicher Quellen. Karl J. Trübner, Straßburg 1879, S. 9, Ziffer 19 (Google Books).
- ↑ Die alten Territorien des Elsaß nach dem Stand vom 1. Januar 1648. Mit Ortsverzeichnis und zwei Kartenbeilagen. Statistische Mittheilungen über Elsaß-Lothringen, Heft 27. Herausgegeben vom Statistischen Bureau für Elsaß-Lothringen. Verlag M. DuMont-Schauberg, Straßburg 1896, S. 157–159 (Google Books).
- ↑ Hermann Schulze, Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes. Zweites Buch: Das deutsche Reichsstaatsrecht. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1886, S. 355–356 (Google Books).
- ↑ Jean-Georges Trouillet: Les Chemins de fer Impériaux d'Alsace-Lorraine – Reichs-Eisenbahnen in Elsass-Lothringen. Éditions Drei Exen Verlag, Husseren-les-Châteaux 2018. ISBN 978-2-9565934-0-9, S. 332f.
- ↑ acturca.wordpress.com
- ↑ Johann Friedrich Aufschlager: Das Elsass. Neue historisch-topographische Beschreibung der beiden Rhein-Departemente, Zweiter Theil, Johann Heinrich Heitz, Straßburg 1825, S. 386–388 (Google Books).
- 1 2 3 4 Michael Rademacher: Landkreis Hagenau, Elsaß-Lothringen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Vollständiges geographisch-topographisch-statistisches Orts-Lexikon von Elsass-Lothringen. Enthaltend: die Städte, Flecken, Dörfer, Schlösser, Gemeinden, Weiler, Berg- und Hüttenwerke, Höfe, Mühlen, Ruinen, Mineralquellen u. s. w. mit Angabe der geographischen Lage, Fabrik-, Industrie- u. sonstigen Gewerbethätigkeit, der Post-, Eisenbahn- u. Telegraphen-Stationen u. geschichtlichen Notizen etc. Nach amtlichen Quellen bearbeitet von H. Rudolph. Louis Zander, Leipzig 1872, Sp. 6 (Google Books).
- ↑ C. Stockert, Das Reichsland Elsaß-Lothringen. Geographischer Leitfaden für die Höheren Lehranstalten, Friedrich Bull, Straßburg 1873, S. 37–38.
- ↑ Statistisches Büreau des Kaiserlichen Ministeriums für Elsaß-Lothringen: Ortschafts-Verzeichniß von Elsaß-Lothringen. Aufgestellt auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1880. C. F. Schmidts Universitäts-Buchhandlung Friedrich Bull, Straßburg 1884, S. 11, Ziffer 155 (Google Books).
- ↑ Anonymes Mitglied des Katholischen Volksvereins: Die konfessionellen Verhältnisse an den Höheren Schulen in Elsaß-Lothringen. Statistisch und historisch dargestellt. Straßburg 1894, S. 39.
- ↑ Bischweiler, Lexikoneintrag in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 2, Leipzig/Wien 1905, S. 906 (Zeno.org).
- ↑ Bischweiler, Elsaß-Lothringen, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Bischweiler (meyersgaz.org).