Die Blockade der Republik Arzach begann am 12. Dezember 2022, als aserbaidschanische Kräfte den Latschin-Korridor und damit die einzige Straße blockierten, welche die völkerrechtlich nicht anerkannte Republik Arzach mit Armenien verbindet. Der Korridor liegt im Bereich der Şuşa-Dashalty-Kreuzung, die sich in der Verantwortungszone der russischen Friedenssicherungsmission befindet. Aserbaidschan behauptet, die Blockierer seien "Umweltaktivisten". Mehrere Länder verurteilten die Blockade. Arzach hatte keine regelmäßige Versorgung mehr mit Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Am 13. Dezember hatte Aserbaidschan die Gasversorgung von Armenien nach Arzach unterbrochen.
Hintergrund
Am 3. Dezember berichtete die Informationszentrale von Arzach, dass eine Gruppe Aserbaidschaner die Autobahn Stepanakert-Goris an der Kreuzung unter Shusha-Dashalty blockiert habe. Nachdem die Straße für 4 Stunden gesperrt war, wurde sie geöffnet, aber Aserbaidschan kündigte an, Spezialisten zum Standort der russischen Friedenstruppen zu schicken.
Am 10. Dezember haben die Ministerien für Wirtschaft und Umweltschutz und natürliche Ressourcen Aserbaidschans eine gemeinsame Erklärung abgegeben, wonach Aserbaidschan mit Umweltbeobachtungen auf dem Territorium der Republik Arzach beginnt. Am selben Tag versuchte eine Gruppe Aserbaidschaner, in die Kashen-Mine einzudringen, aber das Sicherheitspersonal der Mine ließ dies nicht zu.
Blockade
Am Morgen des 12. Dezember blockierte eine Gruppe Aserbaidschaner, die sich Umweltschützer nennen, die einzige Straße von Armenien nach Arzach. Nach Angaben der Gruppe protestieren sie gegen die Aktionen russischer Friedenstruppen, die angeblich die unrechtmäßige Ausbeutung von Mineralvorkommen in den von ihnen kontrollierten Gebieten vertuschen. Nach einiger Zeit stellten die Demonstranten Zelte mitten auf der Straße auf.
Human Rights Watch berichtete, dass russische Friedenstruppen „auch die Straße verbarrikadierten, um eine weitere Eskalation der Situation zu verhindern, falls die versammelten Menschen zu den Minen in den von Berg-Karabach gehaltenen Gebieten vorrücken würden“, während Aserbaidschan bestreitet, für die Schließung verantwortlich zu sein.
Am Abend des 13. Dezember verlegte Aserbaidschan interne Truppen und Polizeikräfte auf den gesperrten Straßenabschnitt. Laut aserbaidschanischen Medien kamen Militär- und Polizeibeamte der internen Truppen des Innenministeriums Aserbaidschans in das Protestgebiet, um „die Sicherheit der Teilnehmer der Aktion zu gewährleisten“.
Am 22. Februar urteilte der internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen, dass Aserbaidschan die Blockade des Latschin-Korridors nach Bergkarabach aufheben muss. Das Gericht folgte damit dem Antrag Armeniens, das beklagt hatte, dass die etwa 120.000 dort lebenden Menschen durch die Blockade keinen ausreichenden Zugang zu Lebensmitteln und medizinischer Hilfe haben. Das Urteil ist bindend.
Humanitäre Krise
Das Gesundheitsministerium von Arzach berichtete, dass infolge der Straßensperrung die Überführung von Arzach-Bürgern mit ernsthaften Gesundheitsproblemen nach Eriwan weiterhin unmöglich sei.
Nach Angaben des Menschenrechtsverteidigers von Arzach seien aufgrund der Sperrung der Straße Arzach-Armenien in der Nacht des 12. Dezember 1100 Menschen unter kalten Winterbedingungen auf den Straßen, darunter 270 Kinder.
Das Informationszentrum von Arzach berichtet, dass die Gemeinden Mets Shen, Hin Shen, Yeghtsahogh und Lisagor in der Provinz Shushi tatsächlich umzingelt seien. Es sei unmöglich geworden, Lebensmittel, insbesondere Brot und Mehl, sowie andere Grundbedürfnisse an diese Gemeinden zu liefern.
Am 13. Dezember hatte Aserbaidschan die Gasversorgung von Armenien nach Arzach unterbrochen. Am 16. Dezember berichteten Beamte von Arzach, dass die Gasversorgung wiederhergestellt sei.
Die Gesundheitsbehörden von Arzach berichteten, dass ein Patient, der eine lebensrettende Behandlung benötigte, infolge der Blockade des Lachin-Korridors durch Aserbaidschan gestorben war.
Seit Anfang Januar 2023 kommt es in Arzach immer wieder zu Stromausfällen. Grund hierfür ist ein Defekt der Hochspannungsleitung, die Arzach mit Armenien verbindet. Der Defekt ereignete sich im von Aserbaidschan kontrollierten Gebiet und eine Reparatur wird seitens Aserbaidschans nicht erlaubt.
- Kundenschlange an einem Lebensmittelladen in Arzach/Bergkarabach
- Leere Supermarktregale zur Zeit der Blockade
- Käsetheke zur Zeit der Blockade
- Supermarkt im belagerten Arzach
- Kundenschlange nach Nahrungsmitteln
Reaktionen
Inländisch
- Armenien – Das armenische Außenministerium erklärte, dass die provokativen Aktionen Aserbaidschans zu einer humanitären Katastrophe großen Ausmaßes führen könnten
- Aserbaidschan – Das Außenministerium Aserbaidschans lehnte die Blockade mit der Behauptung ab, dass „zivile Transportmittel sich frei in beide Richtungen bewegen können“, und äußerte „Bereitschaft, die humanitären Bedürfnisse der in Karabach lebenden ethnischen Armenier zu erfüllen“.
International
- Frankreich – Das französische Außenministerium forderte die bedingungslose Freigabe des Lachin-Korridors und die Achtung der Rechte der in Berg-Karabach lebenden Armenier
- Deutschland – Der deutsche Beauftragte für Menschenrechte und humanitäre Hilfe forderte die schnellstmögliche Wiederherstellung des freien Personen-, Fahrzeug- und Warenverkehrs auf dem Lachin-Korridor und wies auf das Risiko schwerwiegender humanitärer Auswirkungen für die Zivilbevölkerung in Berg-Karabach hin.
- Irland – Irland fordert Aserbaidschan auf, die Freiheit und Sicherheit im Lachin-Korridor unverzüglich und bedingungslos wiederherzustellen.
- Vereinigte Staaten – Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, sagte, dass die Schließung des Korridors schwerwiegende humanitäre Folgen habe, und forderte Aserbaidschan auf, die Freizügigkeit durch den Lachin-Korridor wiederherzustellen. Der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel, sagte am 16. Dezember, dass die Schließung des Lachin-Korridors möglicherweise schwerwiegende humanitäre Auswirkungen habe, und forderte die schnellstmögliche Wiederherstellung der Bewegungsfreiheit durch den Korridor.
- Europäische Union – Die EU fordert Aserbaidschan auf, die Freizügigkeit zu gewährleisten, und dass Einschränkungen dieser Freizügigkeit der lokalen Bevölkerung erhebliches Leid zufügen und humanitäre Bedenken hervorrufen.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Азербайджанские "активисты" блокируют дорогу из Карабаха в Армению. Одновременно в Карабахе пропал газ. (deutsch: Azerbaijani "activists" are blocking the road from Karabakh to Armenia. At the same time, gas disappeared in Karabakh). In: BBC. (russisch).
- ↑ Armenia, Azerbaijan tensions rise over blocked road. In: news.yahoo.com. 15. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Supplies begin to run low as Nagorno-Karabakh blockade continues | Eurasianet. In: eurasianet.org. Abgerufen am 22. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Bashir Kitachayev: Azerbaijani roadblock cuts tens of thousands off from food, fuel and medicine. In: openDemocracy. 16. Dezember 2022, abgerufen am 21. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Kirill Krivosheev: Russian Peacekeepers Find Themselves Sidelined in Nagorno-Karabakh. In: Carnegie Endowment for International Peace. Abgerufen am 20. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Մի խումբ ադրբեջանցիներ փակել են Ստեփանակերտ-Գորիս մայրուղին. Արցախի տեղեկատվական շտաբ. In: «Ազատ Եվրոպա/Ազատություն» ռադիոկայան. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
- ↑ Բաքուն պնդում է, թե մասնագետներ էր ուղարկել ռուս խաղաղապահների տեղակայման վայր. In: «Ազատ Եվրոպա/Ազատություն» ռադիոկայան. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
- ↑ Բաքուն հայտարարում է, թե Արցախում «բնապահպանական դիտարկումներ է սկսում». In: «Ազատ Եվրոպա/Ազատություն» ռադիոկայան. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
- ↑ Ադրբեջանցիները փորձել են մտնել Մարտակերտի Կաշենի հանքավայր, անվտանգությունը չի թույլատրել. Տիգրան Պետրոսյան. In: «Ազատ Եվրոպա/Ազատություն» ռադիոկայան. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
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- ↑ Լաչինի միջանցքի տարածք են ժամանել Ադրբեջանի ՆԳՆ ներքին զորքերի զինծառայողներ և ոստիկանական ուժեր՝ «ապահովելու բողոքի ակցիայի մասնակիցների անվտանգությունը». In: infocom.am. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
- ↑ Laçın-Xankəndi yolundakı aksiyanın iştirakçıları mundialın final matçını izləyirlər. In: Apa.az. Abgerufen am 19. Dezember 2022 (aserbaidschanisch).
- ↑ Aserbaidschan muss Blockade von Bergkarabach laut UN-Gericht aufheben. In: Zeit Online. 22. Februar 2023, abgerufen am 24. Februar 2023.
- ↑ Արցախի ԱՆ-ն ահազանգում է՝ առողջական ծանր խնդիրներ ունեցող արցախցիների տեղափոխումը Երևան շարունակում է անհնար մնալ. In: «Ազատ Եվրոպա/Ազատություն» ռադիոկայան. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
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- ↑ Այս պահի դրությամբ 1100 մարդ մնացել է ճանապարհներին ձմեռվա ցուրտ պայմաններում․ Գեղամ Ստեփանյան. In: infocom.am. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
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- ↑ Anna Green: The Lachin Corridor: A Looming Humanitarian Catastrophe. 14. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Luise Amtsberg: Free movement of people, vehicles and goods must be restored on the #LachinCorridor asap: otherwise rising risk of grave humanitarian effects for civilians in Nagorno-Karabakh. Dialogue and peace negotiations between #Azerbaijan and #Armenia should be the urgent focus! (Nicht mehr online verfügbar.) 16. Dezember 2022, archiviert vom am 22. Dezember 2022; abgerufen am 29. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Despite ‘Glimmer of Hope’ in Armenia, Azerbaijan Conflict, Escalating Tensions Threaten to Derail Fragile Progress, Senior Official Tells Security Council. In: press.un.org. UN Press, abgerufen am 21. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ ԱՄՆ-ն Ադրբեջանին կոչ է արել վերաբացել Լաչինի միջանցքը. In: mediamax.am. Abgerufen am 13. Dezember 2022 (armenisch).
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