Boogie-Woogie
Technik: Latein (inoffiziell)
Art: Paartanz, Gesellschaftstanz, Turniertanz
Musik: Swing, Big Band, Boogie-Woogie
Taktart: 4/4-Takt
Tempo: 32–52 TPM
Herkunft: USA
Entstehungszeit: Ende 1920er Jahre
Liste von Tänzen

Boogie-Woogie ist ein Gesellschafts- und Turniertanz aus der Familie der Swing-Tänze, der paarweise getanzt wird.

Die Geschichte des Boogie-Woogie

Boogie-Woogie gehört zur Familie der Swing-Tänze. Er entstand in den 1920er Jahren in den USA aus dem East Coast Swing, einem vereinfachten tänzerischen Derivat des Ende der 1920er Jahre aus schwarzen Wurzeln entstandenen Lindy Hop der 1930er Jahre. Die Verwendung der Bezeichnung „Boogie-Woogie“ für den Tanz bleibt auf Europa beschränkt.

East Coast Swing und Lindy Hop verbanden ein Grundgerüst an Tanzschritten, die zu immer wieder neu erfundenen und abgewandelten Tanzfiguren zusammengesetzt wurden, mit akrobatischen Elementen. Die Quellenlage ist dürftig. Sie stützt sich im Wesentlichen auf Lebenserinnerungen und einige wenige filmische Dokumente. Darauf gestützt ist die Annahme, dass stundenlange Tanzvergnügen und Dauer-Tanzwettbewerbe in den 1930er und 1940er Jahren dazu beitrugen, dass die Tänzer neue Figuren erfanden. Amerikanische Soldaten brachten diesen Tanz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa, wo ihn die Jugend für sich entdeckte. Aufgrund der dem damaligen Zeitgeist entsprechend empfundenen Unmoral und größtenteils wegen seiner schwarzen Wurzeln erfahrenen gesellschaftlichen Ächtung lehnten es Tanzlehrer nach dem Krieg zunächst weitgehend ab, diesen Tanz in ihren Schulen zu unterrichten. So wurde er in die Hinterzimmer der Tanzschulen sowie in die über eine Musikbox verfügenden Milchbars und Tanzbierbars verbannt und verbreitete sich durch Abgucken und Experimentieren. Die weitgehende Verdrängung des Tanzes der Jugend aus der Öffentlichkeit fand erst ein Ende, als der Film Außer Rand und Band 1956 in die deutschen Kinos kam und gleichsam "Ventile" öffnete.

Da man sich dem Interesse der Jugend an diesem Tanz nicht dauerhaft zu entziehen vermochte, wurde der afroamerikanisch geprägte Swing-Tanz durch europäische Tanzlehrer an den europäischen „Geschmack“ angepasst. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Tänzen wird der Boogie-Woogie in Tanzschulen und Vereinen daher aufrechter, kompakter und oft in klar definierten Linien vermittelt und getanzt. Elemente, die als anstößig angesehen wurden, wurden nicht vermittelt. Die „Europäisierung“ des Swing-Tanzes setzte sich unter dem Einfluss der Tanzschulen mit dem Jive und Rock ’n’ Roll weiter fort. Eine Hochburg für den Boogie-Woogie in den 1950er Jahren war Berlin.

Boogie-Woogie wird nicht, wie man erwarten würde, ausschließlich auf Boogie-Woogie-Musik getanzt, sondern aufgrund der verwandten musikalischen Elemente, vorwiegend auf Rock ’n’ Roll, Rockabilly, Rock, Jump Blues und Swing. Der Tanz ist untrennbar mit der ihm zugrundeliegenden Swing-Musik, ihrem Wandel und mit den auf sie wirkenden Einflüssen verbunden. Starke Einflüsse kamen aus dem auf schwarzen Wurzeln fußenden Rhythm & Blues der 1940er und 1950er Jahre. Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg des Tanzes und für seine Weiterentwicklung war die stimulierende Wirkung, die von der Musik ausging. Swing war die „Pop-Musik“ der damaligen Zeit, sie war populär bei Jung und Alt seit den späten 1920er Jahren, in den 1930er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn sie von der älteren Generation als zu „wild“ empfunden wurde, behalf man sich damit, von "Jazz-Musik" zu sprechen. Diese hatte eher eine gesellschaftliche Akzeptanz als die zu laute und vermeintlich die gute Ordnung und die Sitten gefährdende "Hottentotten- oder Neger-Musik".

Der Name des Tanzes im Nachkriegseuropa wandelte sich: Während bis Mitte der 1950er Jahre neben der Bezeichnung „Jitterbug“ auch „Boogie-Woogie“ üblich war, kam mit dem Ende der 1950er Jahre die Bezeichnung "Rock ’n’ Roll" auf, ein Name, den die damaligen Medien und die Jugendlichen mitprägten: Kinofilme, Zeitungsartikel und Soldatensender brachten diesen Begriff ab 1956 immer mehr in Umlauf. Er war verbunden mit der neuerlich aus USA aufkommenden Musik eines Bill Haley und Elvis Presley, die mit dazu beitrugen, die ursprünglich auf afroamerikanischen Wurzeln basierende Musik salonfähig zu machen. Der Erfolg ist z. T. auch dadurch zu erklären, dass Musik und Tanz ein Ausdruck des jugendlichen Protestes gegen die Generation ihrer Eltern waren. Nach dem Abebben dieser Bewegung im Twist und dem aufkommenden Beat der 1960er Jahre erlebte der „Rock ’n’ Roll“ eine Wiedergeburt in den 1970er Jahren: Mit der Musik wurde auch der Tanz wiederentdeckt und seither durch Tanzschulen und Sportvereine verbreitet. Im sich entwickelnden Turniertanzgeschehen unterschied man schnell zwischen „Rock ’n’ Roll“ und „Boogie-Woogie“, um Verwechslungen zwischen dem akrobatischen Sport-Rock-’n’-Roll und dem zunächst ohne Akrobatik unterrichteten „Boogie-Woogie“ zu vermeiden. Das für Wertungsgerichte wichtige Reglement für nationale und internationale Wettbewerbe, das regelmäßig angepasst wurde, hat aber nicht verhindert, dass auch die ursprünglichen Formen des Tanzes und Tänzer von damals wiederentdeckt wurden, was zu seiner heutigen Ausprägung beigetragen hat. So steht neben dem verschulten und bewerteten Tanzen immer noch eine volkstümliche Ausprägung des Boogie-Woogie mit zahlreichen weltweit unterschiedlichen Variationen wie Swing, die ihm immer anhaftete. Durch den veränderten Zeitgeist unterliegen Musik und Tanz nicht mehr der ursprünglichen gesellschaftlichen Ächtung, die sie als Ausdruck einer jugendlichen Sub-Kultur während der Nazidiktatur und in den 1950er Jahren erfuhren.

Boogie-Woogie als Turniertanz

Beim modernen Boogie-Woogie wird Wert auf eine saubere und deutliche Fußarbeit gelegt, bei der oft mehr als ein Schritt pro Zählzeit durchgeführt wird. Auch noch über 200 Schritte pro Minute spielerisch und leicht aussehen zu lassen, zeichnet einen guten Tänzer aus.

Startklassen
  • Juniorenklasse (Juniors): bis einschließlich 17 Jahre
  • Hauptklasse (Main): Paare, die weder in der Junioren- noch der Seniorenklasse starten, müssen in der Hauptklasse starten.
  • Oldie- oder Seniorenklasse (Seniors): Ein Tanzpartner muss mindestens 35 Jahre alt sein, der andere mindestens 40 Jahre.
  • Formation: vier Paare (Quartettklasse) oder vier bis acht Paare (Masterklasse), keine Altersbeschränkung

Es ist den Paaren nicht mehr gestattet, in zwei Klassen zu tanzen. Nach den alten Regeln durften Tänzer unter 18 Jahren zusätzlich zur Juniorenklasse auch in der Hauptklasse starten. Auch Tänzer der Oldieklasse durften zusätzlich in der Hauptklasse starten. Die höchsten Ansprüche werden in der (Main) Hauptklasse an die Paare gestellt. Jeder Bewerber darf in der Hauptklasse starten, aber Kandidaten, die vom Alter her der Hauptklasse zugeteilt sind, können ausschließlich in dieser Klasse starten.

In einigen Ländern gibt es die sogenannte Show-Klasse, in der alle Altersklassen mit einer im Vorhinein einstudierten Choreographie (Formation) starten dürfen.

Koordiniert werden die Turniere international von der World Rock’n’Roll Confederation (WRRC), in Deutschland vom Deutschen Rock ’n’ Roll und Boogie-Woogie Verband e. V. (DRBV), in Österreich vom Österreichischen Rock ’n’ Roll und Boogie-Woogie Tanzsportverband (ÖRBV) und in der Schweiz von der Swiss Rock ’n’ Roll Confederation (SRRV).

Vergleich zu Rock ’n’ Roll (Tanz)

Der Rock-’n’-Roll-Tanz hat sich aus dem ihm zeitlich vorangehenden Boogie-Woogie-Tanz entwickelt. Der wesentliche Unterschied zu Rock ’n’ Roll besteht darin, dass beim ursprünglichen Boogie-Woogie kein im Vorhinein einstudiertes Programm, sondern völlig frei zur Musik getanzt wurde. Daher wurde und wird Boogie-Woogie auch in Tanzlokalen getanzt, während der Rock ’n’ Roll dem Turniertanz vorbehalten bleibt. Beim Boogie-Woogie in ursprünglicher Form werden auch deshalb weniger akrobatische Figuren wie z. B. Salti, Rotations- oder Hebefiguren getanzt. Boogie-Woogie als aktueller Show- oder Turniertanz „vertanzt“ die die Musik prägenden grundlegenden musikalischen Bauelemente aus dem „Swing“ und aus dem „Blues“ und gestaltet dazu passende Choreographien. Neben dem Paartanz begegnen dabei auch aus mehreren Tanzpaaren oder Einzeltänzern bestehende Formationen.

Boogie-Woogie wird in der Regel zu Rock-’n’-Roll- und Swing-Musik der 1950er/1960er Jahre oder aktueller Musik dieses Genres getanzt, wobei die Betonung wegen der zugrundeliegenden Musik auf dem 2. und 4. Taktschlag liegt, was musikalisch als sog. „Backbeat“ bezeichnet wird. Während der Rock ’n’ Roll als „Social-Dance“ durch den sog. Sechser-Grundschritt mit Rück-Platz- und Kick-Bewegungen und der Sport-Rock-’n’-Roll durch den sog. Neuner-Sprungschritt mit dem charakteristischen „Kick-Ball-Change“ und stilistischen Variationen des Sprungschritts sehr stark bestimmt wurde, baut der Boogie-Woogie im Wesentlichen auf einem Sechser- und Achter-Grundschritt auf, welcher sowohl in flachen als auch in gekickten Varianten ausgeführt wird. Musikalisch dominieren die 6-Count-Struktur des Blues und das 8-Count-Schema des Swing. Je nach Musikstil, dem zugrundeliegenden musikalischen Grundgerüst und dem Tempo der Musik variieren die Tänzer die Zahl ihrer Schritte, um diese der musikalischen Akzentuierung anzupassen.

Beim frei zur Musik getanzten Boogie-Woogie nehmen die Tänzer eine von zwei Rollen ein: Follower und Leader. Der Leader (Herr) führt und leitet die Figuren ein, während der Follower (Dame) auf die Führung zu reagieren hat. Beide Aufgaben sind gleich anspruchsvoll und erfordern volle Konzentration auf den Tanzpartner.

Ein wesentliches Stilelement des Boogie-Woogie besteht vor allem in der tänzerischen Interpretation der musikalischen Phrasen eines Musikstücks. Dies erfordert an Wettbewerben die oft intensive Einübung einer Choreographie, als auch an sozialen Tanzveranstaltungen ein hohes Mass an Aufmerksamkeit auf die Musik. Dabei gilt es u. a. besonders Taktunterbrüche, sog. „Breaks“, oder Wechsel der musikalischen Phrasen durch stilistische Tanzelemente zu betonen.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Schritttechnik bzw. Akzentuierung. Das Charakteristische der Boogie-Woogie-Musik, die Backbeat-Akzentuierung, wird von den Tänzern auf den Schritt übertragen, während aktuelle Rock-’n’-Roll-Tänzer inzwischen durchaus auch ihre Betonung auf 1 und 3 legen, da sich der Sport-Rock-’n’-Roll immer weiter von seinen musikalischen Wurzeln entfernt hat.

Turnierregeln

Die Turnierregeln beim Boogie-Woogie sind nicht normiert, sondern von Land zu Land unterschiedlich. Es gibt ausgewählte Musikstücke, die meistens bei den Turnieren verwendet werden. Bei internationalen Turnieren gibt es drei Startklassen, die Paare müssen jeweils (mindestens) eine schnelle und eine langsame Runde tanzen. In den Juniorenklassen werden keine langsamen Runden getanzt.

Auszug aus den wichtigsten Regeln für Internationale Turniere des WRRC:

  • Die langsame Runde wird zu einer Musikgeschwindigkeit von 30 bis 32 Takten pro Minute getanzt.
  • In der schnellen Runde tanzen Junioren und Senioren zu einem Tempo von 50 Takten pro Minute, die Allgemeine Klasse tanzt zu einem Tempo von 52 Takten pro Minute.
  • Durchschnittliche Tanzzeit beträgt international ca. zwei Minuten.
  • Es gibt Vor- und Hoffnungsrunden, um sich für das Finale zu qualifizieren. Das Tempo entspricht dem Tempo schneller Finalrunden.
  • Die langsame Runde wird ausschließlich von Finalpaaren der Main, bzw. Seniorclass getanzt.
  • Es kommen maximal sieben Paare ins Finale.
  • Im Finale tanzt jedes Paar allein.
  • In den Vor-, Zwischen- und Hoffnungsrunden können mehrere Paare gleichzeitig tanzen, die Paarungen werden ausgelost.
  • Eine Jury von fünf bis sieben Wertungsrichtern bewertet die Leistungen der Paare.
  • Die Musikstücke werden im Finale (international) aus vier Titeln den Paaren zugelost.
  • In den Vor-, Zwischen- und Hoffnungsrunden wird die Musik mittels Zufallsgenerator ausgesucht.
  • Bewertet werden Interpretation (Interpretation), Fußtechnik (Footwork), Figurausführung (Figures) und Führung (Leading).
  • Die Tanzkleidung sollte sich am Stil der 1950er Jahre orientieren.
  • Beim Wettbewerb ist es nicht erlaubt, Kleidungsstücke wegzuwerfen.
  • Jedem Paar steht im Finale eine Tanzfläche von mindestens 3 mal 3 Metern zu.

Bewertungsrichtlinien

Die Boogie-Woogie-Musik ist im 4/4-Takt geschrieben, wobei der zweite und vierte Taktschlag durch die Rhythmusgeräte betont wird. Das Charakteristische dieser Musik ist die so genannte Back/Beat-Akzentuierung. Dabei wird durch die Melodieführung der erste und dritte Taktschlag betont. (Auszug aus der Turnierordnung: Erster und dritter Taktschlag werden von der Melodieführung betont, zweiter und vierter Taktschlag von den Bass- und Rhythmusinstrumenten.)

Die Betonung der Schrittbewegung muss durch Gewichtsverlagerung mindestens auf den Taktteilen zwei und vier, analog zur Musik (z. B. Sechserschritt – Verlagerung auf zwei, vier, fünf und sechs) erfolgen.

Der Tanz hat immer zusammen mit der Musik zu enden. Die Bekleidung soll zur Musik und zum Tanz passen.

Bewertungskriterien

Die Bewertungskriterien sind in vier Bereiche gegliedert. Die Gesamtpunktezahl von 40 Punkten (10 pro Bereich) ergibt sich aus der Summe der vier Bewertungsbereiche, abzüglich der Fehlerpunkte:

Schritttechnik

Unter dem Oberbegriff „Schritt Herr/Dame“ versteht man alle Kriterien, welche die Gesamtausführung darstellen. Folgende Kriterien sind hierbei zu werten:

  • Schritt:. Neben dem Single-, Double- oder Tripletime-Grundschritt, der vorwiegend flach getanzt wird, sind freie Variationen erlaubt, sofern diese zur Musik passen. Die Ausführung sollte leicht und spielerisch, dabei aber doch dynamisch erfolgen. Durch die Wahl der Schrittvariationen soll der Tänzer bzw. die Tänzerin den rhythmischen Charakter der Musik unterstreichen.
  • Körperbewegung:. Die Beinbewegung des Schrittes soll durch eine Gegenbewegung der Hüfte ausgeglichen werden, um ein „Auf und Ab“ des Oberkörpers zu vermindern. Der Charakter von Musik und Figuren soll durch die Körperbewegung verdeutlicht werden.
  • Armhaltung:. Durch die Haltung der Arme soll der Ausdruck des Tanzes und der Tanzfiguren positiv verstärkt und unterstützt werden.
  • Gesamtausführung bzw. Bewertung: Die Summe der Kriterien wird zum Bereich „Schritt“ zusammengefasst. Dabei sind unterschiedliche Interpretationen oder Ausführungen zugelassen bzw. erwünscht, sofern die angegebenen Kriterien eingehalten werden. Die Einzelkriterien sind dabei stets dem möglichst vorteilhaften Gesamtbild unterzuordnen.

Verstöße gegen Kriterien werden schwerer gewertet als kleine Fehler.

Figurenausführung

Alle Figuren und Tanzelemente sind durch visuellen, Hand- oder Körperkontakt zu führen. Bei der Auswahl von Tanzfiguren soll das Tanzpaar den Charakter des Boogie-Woogie-Tanzes bewahren. Werden neu erschaffene, oder aus anderen Tanzarten übernommene Figuren in den Tanz eingebaut, so soll dies immer unter Berücksichtigung der Charakteristik dieses Tanzes vorgenommen werden. Mit Ausführung einer Figur wird die technische Ausführung, aller in einem Vortrag gezeigten Figuren (unter Berücksichtigung der Qualität) verstanden. Unabhängig davon soll die Ausführung leicht, mühelos, spielerisch wirken und doch exakt getanzt sein. Figurenreichtum ist erstrebens- und wünschenswert. Es sollte damit aber ausschließlich das tänzerische Können unterstrichen werden. Die mehrmalige Wiederholung einer Figur, oder eine abgewandelte Figur trägt nicht zum Figurenreichtum bei. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien werden die Punkte für die Figurenausführung berechnet. Es soll keine Akrobatik getanzt werden. Akrobatikelemente sind wie Tanzfiguren zu bewerten, wobei besonderes Augenmerk auf flüssige, harmonische Ein- und Ausgänge zu legen ist.

Tänzerische Darbietung und Interpretation

Die nachfolgenden Kriterien ergeben den Gesamtkategorie „Tänzerische Darbietung/Interpretation“:

  • Harmonie:. Harmonie bedeutet die Übereinstimmung oder Ergänzung beider Tänzer in der Ausführung der Bewegung und dem Einklang im Bewegungsablauf beim tänzerischen Vortrag.
  • Paarwirkung:. Herr und Dame sollen als eine Einheit, das heißt als Paar wirken, ohne dass dadurch die Individualität jedes Einzelnen verloren geht.
  • Ausstrahlung:. In: tänzerischen Vortrag sollte sich die Freude am Tanzen widerspiegeln. Der Tanz soll frei wirken.
  • Interpretation:. Ein Tanzpaar soll, durch individuelle Interpretation, jedem Tanz, jedem Musikteil, jeder Figur, einen besonderen und unverwechselbaren Charakter geben. Bei richtiger Interpretation wird das Tanzpaar von der Musik „bewegt“.
  • Bewertung:. Entscheidend für die Bewertung „Tänzerische Darbietung/Interpretation“ ist der Gesamteindruck aus den angeführten Bereichen.
Führung

Der Bewertung von „Führung“ setzt sich aus folgenden Fragen zusammen:

  • Wartet ein Paar nur auf den Stopp, oder tanzt es fließend bis der Stopp kommt?
  • Werden Figuren gekürzt, um synchron zu Musik zu sein oder sind die Figuren gut geplant und geführt?
  • Werden „Füllungsfiguren“ verwendet und werden diese getanzt?
  • Wie führt der Leader, mit dem Arm, Körper oder visuell?
  • Verwendet der Leader mehr Kraft als nötig oder ist die Führung sanft?
  • Wartet der Follower auf die Führung oder startet er von alleine?

Um zu führen, stehen dem Leader (Führender) einige „Werkzeuge“ zur Verfügung. Die Wertungsrichter müssen bewerten, wie das Paar diese Techniken verwendet.

Boogie-Woogie-Tanz-Stile

Boogie-Woogie fächert sich in vielerlei Stile auf, z. B. den Lokal-Stil, den Turnier-Stil oder dem sogenannten Disco-Boogie, wobei sich die einzelnen Stile hauptsächlich in Grundschritt und Figuren unterscheiden.

  • Disco-Boogie. ist durchaus mit dem normalen Boogie-Woogie zu vergleichen. Der wesentliche Unterschied zu den anderen Stilen ist, dass Disco-Boogie normalerweise im Viererschritt und im Sechserschritt getanzt wird (siehe auch Grundschritt) und dass Disco-Boogie zu Disco, Soul und Reggae-Musik getanzt wird.
  • Lokal Boogie. wird in Lokalen getanzt. Grundschritt ist im Normalfall der Viererschritt und der Sechserschritt.
  • Turnier Boogie. (Turnier-Stil) wird von Turniertänzern getanzt. Grundschritt ist der Achterschritt bis hin zum Elferschritt.

Literatur

  • Sandra Kirch: Handbuch Rock'n'Roll. Aachen 1995, ISBN 3-89124-256-5. (Sandra Rosenberg: Handbuch Rock'n'Roll. 2. Auflage. Aachen 2004, ISBN 3-89124-993-4)
  • Arnold Shaw: Rock'n'Roll. Die Stars, die Musik und die Mythen der 50er Jahre. Reinbek 1985, ISBN 3-499-17109-0.
  • Sammlungen „Rock'n'Roll“ und „Boogie-Woogie“ des Deutschen Tanzarchivs Köln. Dabei handelt es sich um gesammelte Zeitungsartikel zu den Tänzen, die in der Bibliothek des Archivs einsehbar sind.
  • Mike Evans: 1945-1963 - Die Chronik einer Revolution. München 2007, ISBN 978-3-499-17109-3.
  • Hellmuth Karasek: Go West! Eine Biographie der 50er Jahre. Hamburg 1996, ISBN 3-455-08563-6.
  • Siegfried Schmidt-Joos, Barry Graves: Rock-Lexikon. 3. Auflage. Hamburg 1989.
  • Rüdiger Blömeke: Roll Over Beethoven. Wie der Rock'n'Roll nach Deutschland kam. Innsbruck 1996, ISBN 3-85445-122-9.
  • Heinrich Mayer: Rock'n'Roll im Bild. Tanzfiguren, Akrobatikfiguren, Schlussfiguren. München 1979, ISBN 3-9800599-0-1.
  • Otto Fuchs: Bill Haley. Vater des Rock'n'Roll. Gelnhausen 2008, ISBN 978-3-86683-351-7.
  • Haus der Geschichte/Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Rock! Jugend und Musik in Deutschland. Berlin 2005, ISBN 3-86153-384-7.

Siehe auch

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Zu nennen sind Frankie Manning und die Auftritte der „Whitey's Lindy Hoppers“ in „Hellzapoppin’“, zu deutsch: „In der Hölle ist der Teufel los“, und Filmen mit den Marx Brothers wie „At the races“
  2. Darüber berichten z. B. Zeitzeugen wie Frankie Manning. Auch in Deutschland fanden solche Tanzturniere statt. Horst Todt aus Berlin stellte 1952 mit seiner Partnerin Rita Janke, einen Weltrekord mit 318 Stunden und 47 Minuten auf, wie die Berliner Morgenpost am 19. Mai 2002 anmerkte: Tanz-Marathon lockt nur vier Paare an. Die BZ berichtete am 11. November 2002: Rock'n'roll ist zeitlos und hält jung.
  3. Ein Artikel in der Kölnischen Zeitung vom Mai 1948 berichtet darüber, dass deutsche Tanzlehrer bei ihrem jährlichen Treffen Boogie-Woogie vor allem wegen seiner "Unmoral" ablehnten. Diese Ablehnung war nicht auf das westliche Europa beschränkt: Vgl. Tanz. In: Der Spiegel. 20/1948, vom 15. Mai 1948: Vom Boogie-Woogie steht nichts in den kommunistischen Evangelien. Die Moskauer Jugendzeitung "Komsomolskaya Prawda" liest den Jugendklubs von Odessa gehörig die bolschewistischen Kultur-Leviten wegen ihrer Vorliebe für Foxtrott, Rumba und Swing. "Diese Salonmelodien sind Gift für das Sowjetvolk", zürnt die Zeitung. "Sie züchten bei Musikern und Zuhörern einen niedrigen, degenerierten Geschmack." Die sowjetischen Kulturhüter wenden sich energisch gegen die "westlichen Tänze", die ihrer Parteimeinung nach ein Schlag gegen die Kultur sind. Gleichzeitig empfehlen sie den gestrauchelten Swingtänzern in Odessa, „Volkstänze zu tanzen. Und nicht mehr aus der Reihe.“
  4. Natürlich gibt es auch Ausnahmen: Die Schautanzgruppe einer Stuttgarter Tanzschule zeigte 1945 einen "Original Boogie Woogie" im Rahmen eines Abschlussballs. (Tanzschule Stuttgart: Chronik (Memento vom 13. Dezember 2013 im Internet Archive))
  5. Hellmuth Karasek in: Go West! Eine Biographie der fünfziger Jahre. Hamburg 1996 und Haus der Geschichte (Hrsg.): Rock. Jugend und Musik in Deutschland. Berlin 2005.
  6. Die soziale Ächtung in den späten 1940er und in den frühen 1950er Jahren wird deutlich bei der Sichtung von Artikeln der Tages- und Wochenzeitungen, die z. B. im Deutschen Tanzarchiv in Köln zusammengetragen wurden. Die Zeit 49/1948 berichtet darüber, dass der Kabarettist Schaeffers den Tanz dem Spott ausliefert: "(…) Es handelt sich um „Boogie Woogie“, jenen amerikanischen Tanz, den trainierte junge Leute, die den „Fortschritt“ auf ihre Fahne geschrieben haben, lieben und den Willi Schaeffers, der Altmeister des deutschen Kabaretts, in die Masche genommen hat, um ihn als große Nummer zu starten. Er bringt ihn als Parodie in seiner „Melodie der Straße“, die Berlin begeisterte, die in dem verwöhnten Düsseldorf „sensationelle Erfolge“ hatte und mit der er jetzt die Zwerchfelle der Hamburger heimsucht." (Quelle: Boogie-Woogie. In: Die Zeit. Nr. 49/1948)
  7. Der Originaltitel des Films war „Rock Around The Clock“. Artikel in Wochenzeitungen beschäftigen sich darauf hin mit der durch den Film ausgelösten "Revolution der Enthemmten", der manche Sitzreihe in den Kinosälen zum Opfer fiel. „Der Film sorgte für zahllose verwüstete Kinosäle, da der energetische Anfang das Publikum binnen Minuten von den Sitzen scheuchte“ (Quelle: Außer Rand und Band - Rock around the Clock. auf: choices.de)
  8. Ein Artikel in der Kölnischen Zeitung aus dem Mai 1948 zeigt, dass deutsche Tanzlehrer bei ihrem jährlichen Treffen Boogie-Woogie vor allem wegen seiner "Unmoral" ablehnten. Bei späteren Treffen entwirft man gemeinsam den "Jive", der durch seine spätere Aufnahme (1976) in das Welttanzprogramm und seiner Einordnung in die "Latein"-Familie eine eigene Dynamik erfuhr. Laut Michael Rauhut hielten "DDR-Ideologen 1952 den Boogie-Woogie aus dem Westradio für so 'gefährlich wie Giftgas'", so zu lesen in der Berliner Zeitung vom 2. Januar 2003. (Berliner Zeitung: Das Ende der Klosterbrüder (Memento vom 29. Juni 2008 im Internet Archive))
  9. So nachzulesen auf der Internetseite des 1979 gegründeten Boogie Clubs Berlin e.V.: "Berlin war unumschränkte Hochburg. Von 1950 bis 1958 wurden alle deutschen Meisterschaften im Boogie Woogie und Rock'n'Roll in unserer Stadt ausgetragen. Berliner Tänzer wie Horst Todt, Deutscher Meister 1950 und -51 und Kalle Gaffkus, der einzige deutsche Rock-’n’-Roll-Weltmeister der 50er Jahre und vierfacher Deutscher Meister (1953-56), setzten Akzente." (Quelle: Was ist Boogie Woogie? auf: boogie-club-berlin.de, eingesehen am 14. Juni 2012)
  10. Hellmuth Karasek in: Go West! Eine Biographie der fünfziger Jahre. Hoffmann und Campe, Hamburg 1996, ISBN 3-455-08563-6.
  11. Die Parallelität beider Begriffe belegt z. B. das Fotoarchiv der Zeit. Hier findet sich eine Aufnahme von der "Meisterschaft im Jitterbug-Boogie-Woogie, Berlin 1952". Quelle: Deutschland sucht die Superhymne. auf: einestages.spiegel.de, eingesehen am 14. Juni 2012.
  12. Shaw, Arnold: Rock'n'Roll. Die Stars, die Musik und die Mythen der 50er Jahre, Reinbek 1985, und Blömeke, Rüdiger: Roll Over Beethoven. Wie der Rock ’n’ Roll nach Deutschland kam, Innsbruck 1996, betonen, welchen wichtigen Beitrag die amerikanischen und britischen Soldatensender, die Vinyl-Schallplatten und die Filme für die Rezeption des Rock ’n’ Roll hatten.
  13. Arnold Shaw: Rock'n'Roll. Die Stars, die Musik und die Mythen der 50er Jahre. Reinbek 1985.
  14. Darüber orientiert das folgende Werk: Haus der Geschichte (Hrsg.): Rock. Jugend und Musik in Deutschland. Berlin 2005.
  15. Als Quelle können dienen: "Rocktime", das Organe des DRBV e.V. und die historische Entwicklung des DRBV e.V., die eine Trennung von Sport-Rock-’n’-Roll und Boogie-Woogie sowie Konkurrenzverbände zeigte. Diese über viele Jahre dauernde Entwicklung wird vom Verband heute kurz zusammengefasst. (tanzsport.de: Rock'n'Roll (DRBV) (Memento vom 24. Dezember 2010 im Internet Archive))
  16. Der anglo-amerikanische Sprachgebrauch zeigt dies durch seine Unterscheidung zwischen "social" und "competitive dance"
  17. Über die Unterdrückung der Swing-Jugend während der Nazizeit berichtet z. B.: "Cliquen- und Bandenbildung unter Jugendlichen. Reichsjugendführung - Personalamt - Überwachung. Berlin, September 1942": In: Detlev Peukert (Hrsg.): Die Edelweißpiraten. Köln 1983, S. 160–229. Als Quelle kann auch dienen: Matthias von Hellfeld, Arno Klönne: Die betrogene Generation. Jugend in Deutschland unter dem Faschismus. Quellen und Dokumente, Köln 1985
  18. Regelwerke des DRBV
  19. Diese Entwicklung wird greifbar, wenn man die Jahrgänge der „Rocktime“ durchgeht, das Organ des DRBWV e.V.
  20. Der Sprungschritt begegnet bereits in den 1950er Jahren. Laut den Schulungsunterlagen des DRBV wurde dieser Schritt 1957 vom italienischen „Clan Bruno Dossena“ und dem Tanzlehrer Umberto Gallone aus Mailand eingeführt. So zu finden in zahlreichen Darstellungen zur Geschichte des Rock-’n’-Roll-Tanzes auf den Internetseiten von Rock-’n’-Roll-Vereinen. Die ursprüngliche Quelle dafür wird nicht angegeben. Ein Tanzschritt mit Kicks begegnet unter anderem aber schon in dem Heinz-Erhard-Film „Mädchen mit schwachem Gedächtnis“ aus dem Jahr 1956.
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