Als Brummer wurden deutsche Söldner, meist aus Schleswig-Holstein, bekannt, die 1850 im Zusammenhang mit dem La-Plata-Krieg von Brasilien angeworben wurden und später überwiegend als Siedler dort verblieben.

Geschichte

Seit den 1820er Jahren kam es in Südamerika zu wiederholten politischen und militärischen Konflikten, deren Ursache in der zunehmenden Rivalität zwischen dem Kaiserreich Brasilien und der Argentinischen Konföderation um die Vorherrschaft auf dem Kontinent lag. Das Engagement Argentiniens im Uruguayischen Bürgerkrieg veranlasste Brasilien, dort ebenfalls einzugreifen. Ab 1851 entwickelte sich der La-Plata-Krieg.

Ab 1850 warb der brasilianische Offizier Sebastião do Rêgo Barros in Hamburg Truppen an, um sie bei militärischen Operationen gegen Argentinien und seine Verbündeten einzusetzen. Das brasilianische Gesetz Nr. 586 autorisierte ihn zur Aufstellung einer Truppe und zur Beschaffung von Ausrüstung und Waffen. Im Gegensatz zu früheren Truppenwerbungen für Brasilien hatte er eine Erlaubnis des Hamburger Senats. Unterstützt wurde er dabei von Martin Valentim, einem Brasilianer, und Dr. Gustavo Smidt, einem gebürtigen Deutschen, da Rêgo Barros kein Deutsch sprach. Deren Einsatz sollte Misserfolge wie die Werbung von deutschen Söldnern 1828 unter Kaiser Dom Pedro I. vermeiden, doch scheint es, dass die beiden Assistenten die mangelnde Sprachkenntnis ihres Vorgesetzten zu ihrem Vorteil ausnutzten. Diplomatische Verwicklungen ergaben sich durch die Intervention des argentinischen Konsuls Luiz Bahne, der die Werbung zu verhindern versuchte. Zusätzlich warnte er in der Presse vor Kannibalen, Giftschlangen, Kriminalität und Krankheiten, um potentielle Rekruten abzuschrecken. Die Rekrutierung von Männern zwischen siebzehn und fünfzig Jahren fand in mehreren Städten des Norddeutschen Bundes statt, wobei Werber, Annoncen in der Presse, Flugblätter und klassische Aufmärsche mit Trommelwirbeln auf öffentlichen Plätzen zum Einsatz kamen. Nicht überall wurden die Werber geduldet: so wurde die Werbung in Berlin zwar gestattet, jedoch wurde ein Agent Barros' bei dem Versuch festgenommen, preußische Reserveoffiziere anzuwerben, die noch dienstpflichtig waren.

In der deutschen Öffentlichkeit stieß die Anwerbung der Truppen auf ein geteiltes Echo, zum Teil wurde in der Presse heftige Kritik an der Überredung junger, unerfahrener Männer zum Kriegsdienst geübt. Berichten über Desertionen wurde viel Raum gegeben, möglicherweise, um weitere Deserteure zu ermutigen. Ablehnende Stimmen gab es auch in Brasilien. Neben der offenen Abneigung gegen Söldner, die nur einer despotischen Regierung verpflichtet seien, wurde befürchtet, dass es zu Spannungen mit den brasilianischen Truppen kommen würde, da die Söldner im Hinblick auf Ausrüstung, Entlohnung und disziplinare Handhabung bessergestellt seien.

Die Werbung fand große Resonanz unter Schleswig-Holsteinern, wo viele Veteranen des soeben zu Ende gegangenen Ersten Schleswigschen Krieges und der Revolutionen 1848/1849 zur Rekrutierung zur Verfügung standen. Nach den Erinnerungen eines Brummers, Carlos von Koseritz, handelte es sich neben entlassenen Soldaten auch um Abenteurer aller Art, Söldner, die bereits in Afrika und Indien gekämpft hatten, aber auch Studenten, Kadetten und entlaufene Schüler von Militärakademien. Sie waren oft so verzweifelt, dass sich Offiziere als Unteroffiziere anwerben ließen. Dazu kam eine Anzahl von Kriminellen und sozial gescheiterten Personen. Ein Teil der Rekruten bezweifelte offenbar auch, in Brasilien tatsächlich als Soldaten eingesetzt zu werden. Sie wollten vielmehr auf diese Weise eine Überfahrt nach Südamerika erlangen, da sie sich dort lukrative Arbeits- und Geschäftsmöglichkeiten versprachen. Ungefähr die Hälfte der Rekruten bestand aus ausgebildeten Handwerkern. Etwa siebzig Rekruten setzten sich nach Empfang von 25 Talern Handgeld und Verpflegung wieder von der Truppe ab.

Die Truppe bestand aus einem Bataillon Infanterie, vier Batterien Artillerie und zwei Pionierkompanien sowie einem Führungsstab. Die insgesamt 1800 Mann umfassende Truppe wurde auch „Deutsche Legion“ genannt. Die vereinbarte Dienstzeit der Söldner betrug vier Jahre. Danach standen ihnen ein kostenloser Rücktransport in die Heimat, ein Entlassungsgeld von 80 Milreis oder 25 Hektar Kolonieland zu.

In Kiel erwarb Rêgo Barros Waffen und andere Ausrüstung für zwei jeweils 800 Mann starke Bataillone. Die Uniformen, die mit denen der schleswig-holsteinischen Truppen fast identisch waren, wurden an die brasilianischen angepasst. Da die Käufe in aller Eile getätigt wurden und die Händler dies ausnutzten, gab es große Unterschiede in der Qualität der Ware.

„Brummer“ war zunächst die Bezeichnung der Söldner für die großen Kupfermünzen, in denen der Sold ausgezahlt wurde. Diese Bezeichnung ging schließlich auf die Truppe selbst über.

In Brasilien wurden die Brummer als 15. Infanteriebataillon in die brasilianische Armee eingegliedert. Es kam zu wiederholten Konflikten zwischen ihrem Kommandeur, Oberstleutnant Friedrich Heinrich Sigismund von der Heyde, und seinem Stellvertreter, Major Lemmers-Danforth. Missverständnisse zwischen deutschen und brasilianischen Offizieren und Befehlsverweigerungen führten zu Amtsenthebungen, Verhaftungen und Auflösungen von Einheiten. Der militärische Wert der Truppe im Einsatz wurde rückblickend als gering eingeschätzt.

Nach dem Ende des Konfliktes ließen sich zahlreiche „Brummer“ im südlichen Bereich Brasiliens und seiner Verbündeten als Kolonisten nieder. Einige von ihnen, besonders Offiziere, erreichten bedeutende gesellschaftliche Positionen; so wurde Wilhelm ter Brüggen in Porto Alegre 1869 Konsul des Norddeutschen Bundes, 1872 des Deutschen Reiches. Andere Mitglieder der Truppe wurden später Abgeordnete des Provinziallandtags der Provinz São Pedro do Rio Grande do Sul. Einer der letzten lebenden Brummer war Christoph Lenz, der seine Memoiren hinterließ. Den Söldnern folgten noch zahlreiche Auswanderer nach. Sie verstärkten deutsche Siedlungsschwerpunkte in Rio Grande do Sul.

Im Tripel-Allianz-Krieg traten mehrere hundert niedergelassene ehemalige Brummer erneut auf brasilianischer Seite in Erscheinung, dieses Mal jedoch nicht als angeworbene Söldner, sondern als Freiwillige.

Bekannte Brummer

Literatur

  • Willi Bolle, Eckhard E. Kupfer: Cinco séculos de relações brasileiras e alemãs / Fünf Jahrhunderte deutsch - brasilianische Beziehungen. Editora Brasileira de Arte e Cultura, São Paulo 2013, ISBN 978-85-63186-11-9.
  • Manfred Kuder: Die Deutschbrasilianische Literatur und das Bodenständigkeitsgefühl der deutschen Volksgruppe in Brasilien: Eine literaturgeschichtliche und volkstumskundliche Untersuchung. In: Ibero-Amerikanisches Archiv, Band 10, Nr. 4 (1936/37), S. 394–494; Digitalisat bei JSTOR.
  • Juvêncio Saldanha Lemos: Brummers. A legião alemã contratada pelo império brasileiro em 1851. Biblioteca do Exército, Rio de Janeiro 2017, ISBN 978-85-7011-586-7 (brasilianisches Portugiesisch, Bibliografie S. 419–431).
  • Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, abgerufen am 14. Dezember 2022
  • Albert Schmid (Hrsg.): Die „Brummer“. Eine deutsche Fremdenlegion in brasilianischen Diensten im Kriege gegen Rosas. Mit einem Anhang: Erinnerungen und Erlebnisse eines alten Brummers von Christoph Lenz. Centro, Porto Alegre 1949. Aus: A Nação, Beilage, Nr. 15683–15690.

Einzelnachweise

  1. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Seite 62, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, abgerufen am 14. Dezember 2022; Fußnote Nr. 68, unter Berufung auf Juvêncio Saldanha Lemos: Os Mercenários do Imperador: A primeira corrente imigratória alemã no Brasil (1824-1830)
  2. 1 2 Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 61–63, abgerufen am 14. Dezember 2022
  3. 1 2 Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 63–64, abgerufen am 14. Dezember 2022
  4. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 76, abgerufen am 14. Dezember 2022
  5. Christian Koller: The British Foreign Legion – Ein Phantom zwischen Militärpolitik und Migrationsdiskursen, in: Militärgeschichtliche Zeitschrift, 2015, 74(1–2), Seite 27–59.
  6. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 61, abgerufen am 14. Dezember 2022
  7. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 65, abgerufen am 14. Dezember 2022
  8. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 71–72, abgerufen am 14. Dezember 2022
  9. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 70, abgerufen am 14. Dezember 2022
  10. 1 2 Manfred Kuder: Die Deutschbrasilianische Literatur und das Bodenständigkeitsgefühl der deutschen Volksgruppe in Brasilien. Eine literaturgeschichtliche und volkstumskundliche Untersuchung. In: Ibero-Amerikanisches Archiv, Band 10, Nr. 4 (1936/37), S. 394–494; Digitalisat bei JSTOR, abgerufen am 12. Dezember 2022.
  11. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 69, abgerufen am 22. Dezember 2022
  12. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 79–81, abgerufen am 14. Dezember 2022
  13. Ferdinand Schröder: Vom Wesen und Werden des Deutschtums in Rio Grande do Sul, zitiert bei Kuder: Die Deutschbrasilianische Literatur und das Bodenständigkeitsgefühl der deutschen Volksgruppe in Brasilien: Eine literaturgeschichtliche und volkstumskundliche Untersuchung
  14. Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes, Band 1869, Nr. 12, Seite 111–112, Ernennung zu Deutschen Bundeskonsuln. Vom 20. April 1869
  15. Deutsches Reichsgesetzblatt, Band 1872, Nr. 12, Seite 94, Ernennung zu Deutschen Konsuln. Vom 15. April 1872.
  16. Carlos Eduardo Piassini: Imigração Alemã e Política. Os deputados provinciais Koseritz, Kahlden, Haensel, Brüggen e Bartholomay. Assembleia Legislativa do Rio Grande do Sul, Porto Alegre 2017, S. 70–84, brasilianisches Portugiesisch, abgerufen am 13. Dezember 2022.
  17. Rodrigo Trespach: Die Familie Schmitt - Gedächtnis und mündliche Geschichte bei deutschen Einwanderern im Süden Brasiliens. Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V., abgerufen am 12. Dezember 2022.
  18. Carlos Eduardo Piassini: A participação política de imigrantes germânicos no Rio Grande do Sul: os Brummer Kahlden, Haensel, Koseritz e ter Brüggen, 1851-1881, Universidade Federal de Santa Maria, 2016, brasilianisches Portugiesisch, Seite 174, abgerufen am 14. Dezember 2022
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